Die verborgene Wirklichkeit
Inflation und stellen wir uns vor, dass der Raum in den ersten Augenblicken des Kosmos von einem gleichförmigen Inflatonfeld erfüllt ist, dessen Werte einer großen Menge potenzieller Energie entsprechen. Und, so legen uns diese Physiker nahe, stellen wir uns weiterhin vor, dass die Potenzialkurve sich (wie in Abbildung 3.1 ) abflacht und ein sanftes Plateau bildet, so dass das Inflaton sich irgendwo in der Nähe des Höchstwertes befinden kann. Was geschieht unter diesen hypothetischen Bedingungen?
Zwei Dinge, und beide sind von entscheidender Bedeutung. Wenn sich das Inflaton auf dem Plateau befindet, erfüllt es den Raum mit einer großen potenziellen Energie und negativem Druck, die eine kurze Phase heftiger inflationärer Expansion antreiben. Aber genau wie Cartman seine potenzielle Energie freisetzt, indem er den Abhang hinunterrollt, so setzt auch das Inflaton seine potenzielle Energie frei, wenn sein Feld (über den ganzen Raum hinweg) zu immer geringeren Werten hin abnimmt. Damit verflüchtigen sich auch die in ihm enthaltene Energie und der negative Druck, so dass die Phase der raschen Expansion zu Ende geht. Ebenso wichtig ist, dass die vom Inflatonfeld freigesetzte Energie natürlich nicht verloren geht – wie ein Dampfstrom, der sich abkühlt und dabei zu Wassertropfen kondensiert, so kondensiert auch die Energie des Inflatons zu einem Sammelsurium aus Teilchen, die den Raum in einheitlicher Weise ausfüllen. Dieser zweistufige Prozess – eine kurze, aber sehr schnelle Expansion, gefolgt von der Umwandlung der Energie in Teilchen – lässt eine riesige, räumliche Weite mit einheitlichen Eigenschaften entstehen, die mit dem Rohstoff für vertraute Strukturen wie Sterne und Galaxien angefüllt ist.
Die genauen Details sind abhängig von Faktoren, die man bisher weder durch theoretische Überlegungen noch durch Beobachtungen ermitteln konnte (der Anfangswert des Inflatonfelds, die genaue Form der Potenzialkurve und so weiter), 5 aber in typischen Vertretern der Inflatonmodelle zeigen die mathematischen Berechnungen, dass die Energie des Inflatons in einem winzigen Sekundenbruchteil – einem Zeitraum in der Größenordnung von 10 -35 Sekunden – die Böschung hinunterrollt. Während dieses kurzen Zeitraums dehnt sich der Raum um einen ungeheuren Faktor von vielleicht 10 30 oder noch mehr aus. Das sind derart extreme Zahlen, dass man dafür keinen Vergleich finden kann. Sie besagen, dass eine Raumregion von der Größe einer Erbse sich zu Ausmaßen aufbläht, die größer sind als das ganze heute sichtbare Universum, und zwar in einem derart kurzen Zeitraum, dass man ihn mit einem Augenzwinkern um einen Faktor von mehr als einer Million Milliarden Milliarden Milliarden überschätzen würde.
So schwierig es auch sein mag, sich solche Größenordnungen vorzustellen, entscheidend ist etwas anderes: Die Raumregion, aus der das beobachtbare Universum hervorging, war so klein, dass sie ohne Weiteres eine einheitliche Temperatur annehmen konnte, bevor sie sich durch die schnelle Aufblähung zu ihrer jetzigen kosmischen Größe erweiterte. Die inflationäre Expansion und Jahrmilliarden der nachfolgenden kosmologischen Evolution führten dazu, dass diese Temperatur beträchtlich absank, aber die einmal erreichte Gleichförmigkeit ist bis heute bestehen geblieben. Damit ist die rätselhafte Frage, wie die beobachtbare Gleichförmigkeit des Kosmos entstanden ist, beantwortet. Den Inflationsmodellen zufolge muss die Temperatur im gesamten beobachtbaren Weltraum zwangsläufig mit großer Genauigkeit die gleiche sein. 6
Immerwährende Inflation
In den nahezu drei Jahrzehnten seit ihrer Entdeckung ist die Inflation zu einem festen Bestandteil der gängigen kosmologischen Modelle geworden. Wenn man sich aber vom Spektrum der Forschungstätigkeit ein zutreffendes Bild machen will, sollte man sich bewusst sein, dass die Inflation zwar einen Rahmen vorgibt, aber kein eindeutiges kosmologisches Modell darstellt. Auch bei der Inflation führen viele Wege zum Ziel; sie unterscheiden sich in Details wie der Zahl der Inflatonfelder, die den negativen Druck erzeugen, dem Verlauf der Potenzialkurven für die einzelnen Felder und einigem mehr. Glücklicherweise haben die vielfältigen Spielarten der Inflation einige Gemeinsamkeiten, so dass wir auch ohne eine definitive Version unsere Schlussfolgerungen ziehen können.
Eine davon, die erstmals von Alexander Vilenkin von der Tufts University in vollem Umfang
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