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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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stürmen, verliere ich nicht nur mein Zuhause und alles, was ich habe, sondern auch die letzte mögliche Spur zu meinen Eltern.«
    Maui sah ihn nachdenklich an. In seinen Augen spiegelte sich der türkisfarbene Himmel.
    »Du setzt viel aufs Spiel, um die Truhe zu bekommen.«
    »Alles!«, sagte Tobbs freimütig. »Ohne die Taverne bin ich … niemand!«
    Ein Wind kam auf und trug den Duft nach Sonne und Salz über die glitzernde Wasseroberfläche. Das rote Segel blähte sich und die Musiker holten die Paddel ein, lehnten sich zurück und begannen ein schwermütiges Lied zu singen, das Mamsie Matata sicher gefallen hätte.
    Maui dachte lange und angestrengt nach.
    »Vielleicht gibt es es doch eine Möglichkeit, dich zum Atoll mitzunehmen«, murmelte er nach einer Weile. »Einen kleinen Trick. Aber das würde sehr viel Mut erfordern.«
    »Und was?«
    »Wir geben dir ein Tatau – hier auf dem Boot. Toras«, er deutete auf den größten Musiker, »sticht sehr gute Tataus und hat das Werkzeug dafür an seinem Gürtel.«
    Tobbs wurde noch heißer, als ihm ohnehin schon war.
    »In die Haut stechen?«, fragte er. »Mit Farbe? Und es geht nie wieder weg?«
    »In die Haut«, bestätigte Maui ernst. »Und da bleibt es für immer.«
    Tobbs schloss die Augen und stellte sich die Taverne vor: die düsteren Flure, die Türen, das Treiben im Wirtsraum. Sein Leben. Wenn die Taverne verschwand, würde er auch noch das letzte bisschen Tobbs verlieren, das er hatte. Und seltsamerweise kam ihm auch Anguana in den Sinn. Irgendwo, im hintersten Winkel seines Kopfes, sah er sich selbst, wie er ihr das Tatau zeigte – der Beweis dafür, dass er so mutig gewesen war, den Haigöttern zu begegnen.
    »Einverstanden«, sagte er. Der Musiker namens Toras drehte sich um und musterte Tobbs wie ein kritischer Künstler die Leinwand.
    Maui nickte. »Gut. Aber so ein Tatau ist eine wichtige Auszeichnung. Und es ist nur etwas wert, wenn es aus einem guten Handel entsteht.«
    »Was willst du dafür?«
    »Wanja«, antwortete Maui.
    Tobbs lachte los. »Soll ich sie als Geschenk verpacken?«
    »Du kennst sie«, sagte Maui. »Also erzähle mir etwas über sie. Warum wollte sie nicht mit mir tanzen? Was für Lieder mag sie? Wie lebt sie in der Taverne? Was liebt und was hasst sie? Wie kann ich ihr Herz gewinnen?«
    Jetzt verstand Tobbs und grinste. »An Wanja haben sich schon viele die Zähne ausgebissen. Mach dir nicht zu große Hoffnungen. Mit Tanz und Worten allein lässt sich keine rusanische Frau beeindrucken. Und Wanja schon gar nicht. Kannst du reiten?«
    »Du meinst auf Pferden? Nein, wozu soll das gut sein?«
    »Schmieden?«
    »Hier in Tajumeer haben wir kein Metall. Alles, was wir brauchen, lässt sich aus Knochen und Holz herstellen.«
    »Hast du Dämonen besiegt?«
    »Ich bin Diplomat, das ist nicht meine Aufgabe. Ich kann nur vermitteln.«
    »Dann wird es schwierig«, meinte Tobbs. »Wanja … mag Mut. Und Stärke, weil sie selbst sehr stark ist. Sie braucht niemanden. Sogar als Schmiedin arbeitet sie in der Taverne ganz allein mit den wildesten Pferden. Und Holz bearbeitet sie, als wäre es Butter. Sie mag Dämonenmusik, aber sie tanzt immer nur allein. Nur dann hat sie die Hände frei, um sich im Notfall zu verteidigen.«
    Maui nickte nachdenklich.
    »Tja, ich sehe schon, kein einfacher Fall. Und eine kostbare Muschelkette wird sie sicher auch nicht sonderlich interessieren.«
    »Es sei denn, es handelt sich um eine menschenfressende Mördermuschel, aus deren Fängen du Wanja rettest, bevor das Untier ihr die Finger abbeißen kann.«
    »Nicht sehr wahrscheinlich«, stellte Maui zweifelnd fest.
    Tobbs nickte, obwohl es ihm leidtat, dem verliebten Vermittler alle Hoffnung zu nehmen.
    »Tja, schade, aber mehr kann ich dir nicht sagen.«
    Maui zuckte mit den Schultern. »Ehrlichkeit ist auch ein guter Handel«, meinte er versöhnlich und winkte Toras zu.
    Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht langte der Musiker nach seiner Harpune.
    »Keinen Schreck bekommen«, beruhigte Maui Tobbs. »Die Harpune braucht er nur für den Tintenfisch, den er fangen wird. Da wir hier keine Asche haben, wird er für das Tatau eben Fischtinte verwenden.«
    »Aber was soll ich nur als Zeichen wählen? Ich habe nichts!«
    Maui lächelte. »Hier in Tajumeer bestimmen wir unseren Wert nicht durch das, was wir besitzen, sondern durch das, was wir sind. Und du bist doch jemand. Denk nach: Was macht dich aus? Was liebst du und was hasst du?«
    Tobbs überlegte

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