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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ich zwischen den Haigöttern und den zehn großen Kraken vermittelt. Seitdem herrscht Frieden zwischen den zwei Atollen.«
    »Die Zeichnung erinnert dich daran?«
    »Das ist keine Zeichnung, das ist ein Tatau. So ein Bild wird mit einer Farbe aus Asche und Wasser in die Haut gestochen und bleibt das ganze Leben lang sichtbar. Und es ist nicht nur eine Erinnerung, jedes Bild erzählt den Leuten, die mir begegnen, wer ich bin und woher ich komme.«
    Tobbs schluckte schwer. »Woher du … kommst?«
    Maui nickte und deutete auf ein weiteres Ornament – verschlungene Linien, die kreisrunde Elemente umschlossen. »Das bedeutet, ich stamme von der Insel Tejara, und diese Linien zeigen, dass ich von Makahuna, der Weisen, abstamme. Wenn du das Tatau von den Handgelenken bis zu den Schultern genau verfolgst, kannst du die Spuren von vierzehn Generationen ablesen. Bei uns gibt es keine Geheimnisse.« Er lächelte. »Einige meiner Vorfahren sind Schildkröten, erkennbar an den Zeichen auf meinem Rücken, das heißt, wir verfügen über viel Kraft, aber auch über List. Wir verstehen uns zu verbergen und uns unangreifbar zu machen.«
    »Ist das gut, wenn deine Verhandlungspartner das wissen?«
    »Es ist fair«, erwiderte Maui schlicht. »Sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ich kann ihre Tataus ja ebenfalls lesen. Wie soll man mit einem Menschen verhandeln, von dem man nicht weiß, wer er ist?«
    Tobbs’ Augen fingen an zu brennen und plötzlich saß ein Kloß in seiner Kehle. Vierzehn Generationen! Keine Geheimnisse! Jeder wusste, wer er war! Krampfhaft blinzelte er und starrte in die wasserblaue Unendlichkeit. Die Angst war plötzlich völlig gleichgültig, viel schlimmer war das Gefühl, unsichtbar zu sein. Ein Niemand ohne Geschichte, ein Nichts, das aus dem Nichts kam.
    »Aber … du weißt doch beispielsweise auch nicht, wer Wanja ist«, wandte er lahm ein.
    »Das stimmt nicht ganz«, antwortete Maui. »Sie hat ein kleines Brandzeichen an der Schulter. Einen einbeinigen Hahn, der eine Krone im Schnabel hat – also stammt sie von einem der mächtigsten magischen Hexengeschlechter Rusaniens ab. Sie selbst allerdings verfügt nur über wenig Magie, denn sie hat viele verblasste Narben, das heißt, sie muss sich mit Menschenkraft zur Wehr setzen. Die Narben wiederum erzählen, dass sie eine Kriegerin ist. Und die Tatsache, dass sie nur am Schlüsselbein Narben hat und keine einzige auf dem Rücken, zeigt mir, dass sie mutig und direkt ist, bereit, für ihre Ziele einzustehen. Ihre Hände waren oft verbrannt, als würde sie in einer Schmiede arbeiten. Eine so schöne Frau, die in einer Schmiede arbeitet, statt einen König zu heiraten und sich bedienen zu lassen? Das sagt mir sehr viel darüber, wer sie ist, meinst du nicht?«
    Tobbs war platt. Wanja erschien ihm in einem völlig neuen Licht.
    »Und wer bin ich?«, fragte er zaghaft.
    Maui sah ihn an. »Keine Ahnung«, antwortete er mit entwaffnender Ehrlichkeit. »Du bist wie das Bild eines Rochens unter Wasser – schemenhaft und nicht einschätzbar. Deshalb bleibst du auch auf einer der vorgelagerten, neutralen Inseln und ruderst nicht mit hinaus zum Atoll.«
    »Was?« Tobbs sprang auf und achtete nicht einmal darauf, dass das Boot leicht zu schaukeln begann. »Kommt gar nicht infrage! Ich komme mit!«
    Maui schüttelte entschieden den Kopf. »Das kann ich nicht verantworten. Wenn die Haigötter dich nicht einschätzen können, werden sie dich töten. Und ohne Tatau bist du für sie ohnehin keine Person, sondern nur ein menschenförmiges Stück Futterfleisch.«
    Tobbs setzte sich mit weichen Knien wieder hin.
    »Das bin ich wirklich«, sagte er bitter. »Ich habe keine Vergangenheit. Ich weiß nicht einmal, aus welchem Land ich komme. Meine Eltern haben mich als Baby in der Taverne am Rand der Welten vergessen. Toll, was?«
    Maui sah ihn mitfühlend an. Dann rückte er zu Tobbs’ Überraschung an ihn heran und legte den Arm um seine Schultern.
    »Nun, aus Tajumeer kommst du mit Sicherheit nicht«, meinte er tröstend. »Dann hättest du nämlich im Genick ein kleines Tatau, das die Kinder hier direkt nach der Geburt bekommen. Außerdem fürchtet ein Tajumeer-Kind sich ebenso wenig vor Wasser wie ein Fisch. Eine solche Furcht widerspricht der tajumeerischen Natur.«
    »Schön, dann bleiben ja nur noch einundvierzig andere Länder übrig.«
    »Hast du gar keinen Anhaltspunkt?«
    »Nein, und wenn ich den Schatz nicht zurückbekomme und die Roten Reiter die Taverne

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