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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Jagas Stühlen hatte Anguana so etwas wie Paddel improvisiert, mit denen sie sich nun mühsam vorwärtsschoben, als wäre das Meer eine zähe Suppe. Die Haie hielten sich in respektvoller Entfernung. Offenbar hatte es viele Vorteile, mit einer waschechten Anguane unterwegs zu sein. Ob sie auch grünes Süßwasserblut wie die Nixen hatte, das die Haie fernhielt? Tobbs blickte sich nach Haruto um. Er paddelte verbissen, doch als er seinen Lebensretter sah, huschte ein flüchtiges Lächeln über sein Gesicht. Rasch wandte Tobbs sich wieder ab und schluckte schwer. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Nach einer Weile tauchte rechts von ihnen der lang gezogene Uferstreifen der Halbinsel auf, von der Anguana gesprochen hatte. Tobbs war noch nie so froh gewesen, Land zu sehen, denn allmählich sackte das Floß unter ihnen immer tiefer ab. Selbst dem Krieger schwappte das Wasser bereits bis zur Hüfte.
    »Das hat keinen Sinn«, meinte Anguana. Mit einer entschlossenen Bewegung stoppte sie das Floß, indem sie ihr Paddel gegen eines der Korallenriffe rammte. »Ich steige aus und schwimme. Zu dritt sind wir zu schwer.«
    Tobbs zuckte erschrocken zusammen, als er Harutos Hand auf seiner Schulter spürte.
    »Arigatou gozaimasu«, sagte der Domaner und deutete zum Ufer.
    »Iku.«
    »Ich glaube, deine Geisel will aussteigen«, flüsterte Anguana. »Sollen wir ihn niederschlagen?«
    »Nein!« Tobbs griff vorsichtshalber nach ihrem Paddel.
    Er versuchte sich an einem kurzen, nicht zu freundlichen Lächeln und nickte dem Krieger zu.
    »Du willst gehen, Haruto. In Ordnung, ich bin einverstanden. Halte dich an diesen Weg.« Er deutete in die Richtung des Wegs, auf dem Haruto den Verfluchte-Insel-Faktor hinter sich lassen und irgendwann das Festland erreichen würde.
    Der Domaner nickte erleichtert.
    »Er hat einen Namen?«, zischte Anguana. »Eine Geisel mit einem Namen? Was läuft hier eigentlich?«
    »Das ist in Ordnung, Anguana«, beharrte Tobbs. »Lass ihn einfach gehen!« Und etwas leiser fügte er hinzu: »Bitte! Ich weiß, was ich tue.«
    Was eine glatte Lüge war.
    Haruto war immer noch schwach, doch er glitt vorsichtig vom Floß und stand im nächsten Augenblick auf der anderen Seite des Riffs in brusthohem Wasser, die Hände erhoben, als wäre ihm Wasser ebenso zuwider wie Tobbs. Tobbs musste schlucken und sein Mut sank. Mochten die Domaner alle kein Wasser, so wie die Tajumeeren es von Natur aus liebten? War es wirklich möglich, dass dieses kriegerische Land Doman seine Heimat war?
    »Wasurenai«, sagte Haruto und deutete eine Verbeugung an, dann begann er, so schnell er konnte, auf den Strand zuzuwaten.
    »Das erklärst du mir jetzt«, zischte Anguana. »Gehört die Geisel nicht mehr zum Plan? Bist du etwa von allen guten Geistern verlassen, einen der roten Krieger laufen zu lassen?«
    »Er mag ein Mörder sein«, gab Tobbs zurück, »aber ich bin es nicht! Außerdem weiß ich nichts über ihn. Vielleicht ist er gar kein Krieger, sondern nur ein harmloser Wachtposten. Vielleicht geht es ihm wie uns, vielleicht bereut er, in diesen Kampf gezogen zu sein.«
    »Ach Tobbs, halt die Luft an!«, empörte sich Anguana. »Du hast wirklich ein Herz, aus dem man ein Daunenkissen machen könnte, so weich ist es! Und genau das bringt dich immer wieder in Schwierigkeiten.«
    »Er ist nicht unsere Geisel«, beharrte Tobbs mit heiserer Stimme. »Er ist ein Mensch, zumindest sieht er zum größten Teil so aus.«
    Anguana rollte die Augen. »Wir hätten ihn auf der Insel lassen sollen. Er wird nach Doman gehen und berichten, dass er dich gesehen hat.«
    »Dann ist es eben unvernünftig!«, schrie Tobbs. »Und was soll er schon groß berichten? Dass die Haie ihn beinahe gefressen haben und dass ein Insulaner ihn zum Festland gebracht hat.«
    Kein besonders gutes Argument. Anguana lächelte nur grimmig.
    »Ich hoffe nur, dein Plan, wie wir die Truhe in unseren Besitz bringen, ist um einiges besser!«
    Ohne Mauis Schutz war die Reise zum Atoll der Haigötter ein beängstigendes Unterfangen. Tobbs’ Muskeln brannten vom vielen Paddeln und die Sonne blendete ihn so sehr, dass er kaum erkennen konnte, was Haiflossen waren und was nur Lichtreflexe. Aber diese Dauerangst hatte auch etwas Gutes: Tobbs stumpfte ab. Wie bei jemandem, der sich daran gewöhnt hatte, ständig über spitze Steine zu laufen, zuckte er nicht mehr zusammen, wenn er etwas Beängstigendes im Wasser zu sehen glaubte. Eine interessante Erkenntnis: Man konnte sich offenbar

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