Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
geschafft, nun ist alles bereit. Und wir können uns sogar noch ein wenig ausruhen, bevor der Trubel beginnt.«
    »Fast alles«, bemerkte Wanja. »Tobbs und du, ihr müsst noch die Schilder an die Türen hängen.«
    Dopoulos klatschte sich mit der Hand an die Stirn. »Natürlich. Gut, dass du mich daran erinnerst.«
    Wenig später stand Tobbs mit ihm in einem der vielen Flure. Unzählige Schlüssel klapperten an einem schweren Eisenring, den Dopoulos stets bei sich trug. Tobbs bewunderte den Wirt dafür, wie schnell er, ohne hinzusehen, den passenden Schlüssel für die jeweilige Tür herausfischen konnte. Die Schlüssel sahen nur auf den ersten Blick alle gleich aus, denn Dopoulos hatte jeden einzelnen mit Kerben und Kratzern markiert und erfühlte so geschickt wie ein Blinder den richtigen.
    Tür für Tür schloss er nun auf und öffnete sie. Dann reichte Tobbs ihm ein Schild mit der Aufschrift »Heute geschlossene Gesellschaft«, das der Wirt an Haken, Nägel oder Äste an die Außenseiten der Türen hängte, bevor er sorgfältig wieder abschloss und noch einmal, um sicherzugehen, an den Türklinken rüttelte. Bei jeder Tür reckte Tobbs den Hals und warf einen Blick in eines der Länder. Immer noch lief ihm dabei ein Schauder über den Rücken.
    Noch nie hatte er allein eine der Türen durchschritten, aber er wusste von seinen kurzen Ausflügen mit Wanja, dass das Wirtshaus in jedem Land anders aussah. Und durch jede Tür blickte er nun in ein anderes Land: Hinter der Tür zu Sylvanien führte ein mondbeschienener Weg zu den schwarzen Silhouetten spitzer Berge. Die Tür zum Land der Tajumeeren öffnete sich zu einem in der Sonne gleißenden Sandstrand. Wenn Tobbs sich vorbeugte, konnte er erkennen, dass die Tür von außen über und über mit Muscheln bewachsen war. Dopoulos hängte das Schild an den Arm eines Seesterns. Und so ging es weiter – von Land zu Land und von Tür zu Tür.
    An der Tür zu Yndalamor ging Dopoulos jedoch vorbei.
    »Warum hängst du hier kein Schild auf?«, rief Tobbs dem Wirt hinterher.
    Dopoulos winkte ab. »Was ist, wenn Kali ihren Tee trinken möchte?«, knurrte er. »Soll ich sie etwa aussperren?«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie alle Türen abgegangen waren – nur die Tür zu Gwinnydell blieb verschlossen, obwohl jemand auf der anderen Seite beharrlich gegen das Holz hämmerte und wüst lamentierend Vermutungen über den zweifelhaften Lebenswandel von Dopoulos’ Mutter anstellte.
    »Gib es endlich auf, Sam!«, rief Dopoulos im Vorübergehen. Einen Augenblick war Stille, dann prasselte ein ganzer Hagel von Schimpfworten gegen die Tür. Dopoulos schüttelte nur den Kopf und brummte etwas von »Elfengesocks«.
    Schließlich gelangten sie zu dem Gang, der zu den Schlafräumen führte. Tobbs schlief im alten Gesindezimmer auf der Ofenbank, direkt unter dem knarrenden Dach. Dopoulos’ Bett stand in dem größeren Raum daneben, aber jeder wusste, dass er es nicht benutzte. Dopoulos schlief nie. Er nickte höchstens im Sitzen ein, um nach einigen Augenblicken wieder aufzuschrecken und zu lauschen, als würde er etwas Schlimmes erwarten.
    Wenn Tobbs nachts wach lag, hörte er, wie der Wirt durch die Gänge streifte. Nacht für Nacht drehte Dopoulos seine Runde mit dem großen Schlüsselbund, rüttelte an den Schlössern und prüfte, ob sein Wirtshaus gut verschlossen war. Er wusste nicht, dass Tobbs ihm seit einiger Zeit nachschlich. Und er wusste auch nicht, dass Tobbs wusste, dass der Wirt immer an einer bestimmten Stelle des Flurs stehen blieb.
    Tobbs vermutete, dass sich dort früher einmal eine Tür befunden hatte. Die Stelle lag an der Kellertreppe und sah aus, als wäre hier vor langer Zeit ein Durchgang einfach in die Mauer gebrochen und später wieder zugemauert worden. Oft schlich Dopoulos auch tagsüber dorthin. Dann legte er sein großes Ohr an den Stein und lauschte besorgt. Nach einer Weile seufzte er und schlurfte davon.
    Manchmal wagte sich auch Tobbs zu dieser zugemauerten Tür vor und legte dort ebenfalls sein Ohr an den kalten Stein. Das Geräusch, das er dann hörte, jagte ihm jedes Mal einen Schauer über den Rücken. Es hörte sich an wie Krallen und Klauen. Sie kratzten mit einer Beharrlichkeit, die an Mordlust grenzte, als wollten sie sich ins Wirtshaus durchgraben.
    Kein Zweifel: Jemand wollte herein. Und es war sicher niemand, dem Tobbs im Dunkeln begegnen wollte.

DÄMONENHOCHZEIT
    Tobbs musste eingenickt sein. Sein Gesicht lag in das Lammfell auf

Weitere Kostenlose Bücher