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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Weihrauch und verbranntem Kiefernharz. Schreie und Jaulen tönten schaurig aus dem Dunkel und immer wieder auch das Triumphgeheul aus Kitsune-Kehlen.
    Das Fuchsvolk hatte offenbar seine Chance erkannt. Dreihundert Krieger mochten nicht viel sein, wenn sie gegen zweitausend gut gerüstete Tanukis antraten. Aber es waren viele, wenn der Feind vom Ansturm der Minotauren geschwächt war und überall das reinste Chaos herrschte.
    Arnold hatte Mamsie Matata auf dem Rücken, Tobbs trug die Waffen und lief dicht hinter ihm. Als der Ankou stolperte, kippte der Spiegel zur Seite und reflektierte den Mondsee unter ihnen. Die Nixen tobten, Fischschwänze peitschen, Zähne wurden gefletscht. Wie von Sinnen zerrten die Nixenwesen an den Seilen, die sie banden. Dann hatte sich Ankou Arnold wieder gefangen und das Bild rutschte weg.
    Ein gutes Stück schlitterten sie über Geröll bergab, dann drehte der Wind. Heißer Feueratem brüllte ihnen mitten ins Gesicht. Der Wald in der Nähe des Palasts brannte nun lichterloh und beleuchtete den Platz wie Scheinwerfer eine Bühne. Das Schauspiel, das sich ihnen dort bot, raubte Tobbs den Atem.
    Die Kitsune kämpften gegen die Tanukis. Rote Pferde schnappten nach den Kehlen der weißen Kitsune-Pferde. Grässlich klackten ihre Zähne aufeinander, wenn sie durch die geisterhaften Tiergestalten fuhren. Schwerter sausten durch die Luft. Kämpfer umtanzten einander auf ihren Reittieren. Schwerter klirrten. Das Gebrüll der Tanukis mischte sich mit dem Knurren der Fuchsmenschen. Doch während den Tanukis nichts anderes übrig blieb, als ihre menschliche Gestalt zu behalten, nutzten die Fuchskrieger den Vorteil ihrer Magie und wechselten zwischen Fuchs- und Menschenform hin und her, sie sprangen vom Pferd, bissen und kratzten, verwandelten sich, schlugen mit dem Schwert, sprangen als Füchse auf die Kruppen der Tanuki-Pferde und wanden sich aus tödlichen Umklammerungen.
    Mitten auf dem Platz umkreisten Königin Kitsune und Fürst Tanuki einander auf ihren Streitrosse. Der massige Krieger stürzte sich mit Kampfgebrüll und hoch erhobenem Schwert auf die Königin. Sie wich geschickt aus und parierte den Schlag. Er war stärker, sie war schneller, so viel konnte Tobbs erkennen. Es war nicht abzusehen, welche Partei gewinnen würde.
    Und noch etwas sah er: Es war den Kitsune noch nicht gelungen, König Tanukis Herrschaftssitz einzunehmen. Doch die Tanukis waren so damit beschäftigt, den Angriff der Kitsune mit allen Kräften abzuwehren, dass sie das Gebäude auch nicht länger bewachten. Denn eben rannten ein paar abgerissene Flamencospieler aus der Deckung eines zertrümmerten Käfigs geduckt über die Wiese und hechteten kopfüber durch ein klaffendes Loch in den Tanuki-Bau hinein, der sich »Palast« schimpfte.
    »Meinst du, es ist eine gute Idee, in den Palast zu gehen?«, flüsterte Ankou Arnold. Er war noch blasser als sonst und sah sich ständig ängstlich um, während sie im Schutz der Schatten den Kampfplatz umrundeten.
    »Ich sage nur drei Sätze«, keuchte Tobbs. »Die Kitsune töten uns. Die Tanukis töten uns. Und wenn Anguana irgendwo da drin ist, müssen wir sie finden.«
    Ein verirrter Pfeil zischte knapp an seiner Nase vorbei und Tobbs krümmte sich im Rennen erschrocken zusammen. Was hätte er jetzt dafür gegeben, seine Fuchsgestalt zu haben und sich im Schatten bestens getarnt verstecken zu können! Doch sein schwerfälliger Menschenkörper trug ihn leider nur im holprigen Schleudergalopp zu dem klaffenden Loch in der Palastwand. Tobbs stieß sich so fest ab, wie er konnte, und sprang.
    Er erwartete den Aufprall auf Holz oder Laub, vielleicht auch auf feuchter Erde. Doch er landete auf Marmor. Es klirrte, als Mamsie Matata neben ihm aufprallte.
    Im polierten Stein sah Tobbs das Spiegelbild seines verblüfften Gesichts, während er über den glatten Boden schlitterte. Nun, Familie hin oder her: Helden sahen anders aus.
    Das Echo von Ankou Arnolds erstauntem Ausruf brach sich an hohen Wänden wie in einer Kathedrale. Zwei, drei Meter rutschten sie gemeinsam über den Boden. Dann rasselten sie geräuschvoll gegen einen festlich gedeckten Tisch. Gefüllte Weingläser fielen um, der Inhalt schwappte über die Tischkante und verteilte sich auf Tobbs’ Haar.
    »Hübscher Boden«, tönte Mamsie Matatas Stimme dumpf unter dem Spiegel hervor. »Aber kann mich vielleicht mal jemand umdrehen?«
    Arnold rappelte sich auf und blickte sich wie gehetzt um.
    »Das ist … Zauberei!«,

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