Die verbotenen Küsse des Scheichs (German Edition)
anders erzogen wird.“ Wenn ich einen Sohn hätte, dachte Jamil, würde ich auf keinen Fall zulassen, dass man ihn gemäß unserer Traditionen behandelt. Er selbst verabscheute die Methoden, nach denen seine Lehrer und vor allem sein Vater ihn erzogen hatten, aufs Heftigste. Nein, niemals würde er irgendjemandem gestatten, eines seiner Kinder so aufzuziehen!
„Ihr wünscht, dass die Prinzessin sich wie eine englische Lady benimmt?“, fragte Halim, dessen Gesicht jetzt Angst und Sorge ausdrückte.
„Ja. In meinen Augen ist Lady Celia das beste Beispiel für eine echte Dame. Ich wäre glücklich, wenn meine Tochter von ihr lernen würde. Ich hoffe, Lady Cassandra ähnelt ihrer Schwester, denn dann ist sie das perfekte Vorbild für Linah.“ Noch einmal griff Jamil nach Lady Celias Brief. „Lady Cassandra ist jetzt einundzwanzig und hat noch drei bedeutend jüngere Schwestern, an deren Erziehung sie seit Jahren maßgeblich beteiligt ist. Sie soll sehr verantwortungsbewusst sein. Und wenn sie in England mit drei Mädchen fertig geworden ist, wird sie wohl auch Linah gewachsen sein.“
Halim wirkte jetzt nicht mehr ganz so besorgt, aber noch immer sehr ernst.
Jamil runzelte die Stirn. „Sie sind anderer Meinung, Halim? Wahrhaftig, Sie enttäuschen mich! Ich habe damit gerechnet, dass die Mitglieder des Ältestenrats die Vorteile, die die Beschäftigung einer englischen Gouvernante mit sich bringt, nicht sogleich erkennen würden. Aber von Ihnen hätte ich mehr Weitblick erwartet. Die Armstrongs können auf eine lange edle Ahnenreihe zurückschauen. Was aber fast noch wichtiger ist: Sie sind sehr einflussreich. Lord Armstrong ist ein hoch angesehener Diplomat mit besten Verbindungen sowohl in Ägypten als auch in Indien. Sein Bruder gilt als bedeutender Politiker. Es wird uns sicher nicht schaden, Lady Cassandra Armstrong eine Zeit lang zu unserem Haushalt zu zählen. Vor allem, da Lady Celia betont, dass wir ihr und ihrer Familie damit einen Gefallen tun.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Lady Cassandra hält sich in A’Qadiz auf und möchte gern mehr über unsere Heimat und unsere Kultur erfahren. Offenbar ist sie eine wissbegierige junge Frau.“
„Eine alte Jungfer …“, murmelte Halim. Und lauter fügte er hinzu: „Ich vermute, dass eine Dame selbst in England nicht die besten Aussichten hat, mit einundzwanzig noch einen Gatten zu finden.“
„Ja, zwischen den Zeilen lese ich, dass Lady Cassandra nicht besonders hübsch ist und zu jenen Frauen gehört, die mehr Interesse an Büchern als an Männern haben. Dieser Frauentyp scheint in England besonders gut zu gedeihen. Nun, das ist genau das, was Linah braucht. Eine Gouvernante, die auf Männer langweilig wirkt, ihr jedoch Disziplin und eine Menge nützliches Wissen beibringen kann.“
„Wie könnt Ihr Euch dessen so sicher sein, Hoheit!“
„Ich habe meine Entscheidung getroffen und werde nicht mit Ihnen darüber diskutieren, Halim. Jahrelang haben wir versucht, Linah gemäß unseren Traditionen zu erziehen. Doch damit sind wir offensichtlich gescheitert. Nun werde ich es auf die moderne, die westliche Art versuchen. Mit etwas Glück wird mein Volk dann erkennen, dass es durchaus Vorteile hat, sich neuen Einflüssen zu öffnen.“ Jamil erhob sich. „Ich habe bereits an Lady Celia geschrieben, um ihr mitzuteilen, dass ich ihr Angebot gern annehme.“
Halim schluckte.
„Ich habe ihr vorgeschlagen, dass wir ihrer Schwester eine Karawane entgegenschicken. In drei Tagen können wir uns an der Grenze zu A’Qadiz treffen. Lady Celia und Ihr Gatte werden Lady Cassandra sehr wahrscheinlich begleiten. Also werde ich Gelegenheit finden, auch ein paar politische Fragen mit Scheich Ramiz zu besprechen. Das wird die guten Beziehungen zwischen unseren Ländern festigen. Natürlich darf meine Karawane nicht zu klein sein. Also sorgen Sie dafür, Halim, dass alles für einen beeindruckenden Auftritt vorbereitet wird.“
Halim begriff, dass das Gespräch beendet war. Ihm blieb keine Wahl, er musste seinem Fürsten gehorchen. Mit einer Verbeugung zog er sich zurück. Als die Wachen hinter ihm die Tür schlossen, fühlte er, wie eine tiefe Mutlosigkeit ihn überkam. Natürlich würde er tun, was von ihm verlangt wurde. Aber zweifellos würde Jamils Entschluss große Probleme heraufbeschwören.
Etwa zur gleichen Zeit plauderten Lady Celia und Lady Cassandra bei einer Tasse Tee über alles Mögliche. Die Schwestern hatten es sich in einem der Innenhöfe
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