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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Lebküchlein zu vertreiben. Sie blieb vor einer Lebkuchenbäckerei stehen, kaufte sich einen handtellergroßen Kuchen und verschlang ihn noch auf der Gasse. Zugleich hörte sie die Worte ihres Mannes, des verstorbenen Richters Kurzweg, in ihren Ohren klingen: «Ein anständiges Weib isst und trinkt nicht in der Öffentlichkeit. Tut sie es doch, so zeigt sie damit an, dass sie gierig ist. Und Gier ist eine Todsünde!»
    Gustelies verschluckte sich beinahe am letzten Bissen, wischte sich dann ihren Mund ab und klopfte die Krümel von ihrem Kleid. «So weit ist es schon mit mir gekommen», schalt sie sich. «Und wer ist schuld? Jutta und der fremde Prediger.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 3
    I m Pfarrhaus angekommen, hatte Gustelies noch immer ein schlechtes Gewissen. Sie stellte den Weidenkorb auf den Tisch, stopfte eine vorwitzige Haarsträhne zurück unter die Haube und spülte sich dann eilig den Mund mit Minzsud aus. Als das nicht half, griff sie zwei Nelken und kaute darauf herum.
    Der Pater kam die Treppen herab. «Was gibt es Neues in der Welt?», fragte er, schaute seine Schwester prüfend an und duckte sich in Erwartung neuer Vorwürfe.
    «Die Welt ist in Frevlerhand», erklärte Gustelies müde. «Und sie kann nur durch Küsse gerettet werden.»
    Der Pfarrer ließ sich am Küchentisch nieder. «Meine Rede!», sagte er nickend. «Die Erde ist in Frevlerhand. Wie oft habe ich das schon von der Kanzel gepredigt. Zeit wird es, dass die Leute es begreifen.»
    «Aber du willst sie nicht durch Küsse retten, oder?»
    Der Pater verzog angewidert den Mund und fuhr sich mit dem Ärmel seiner Soutane über die Lippen. «Igitt, wer macht denn so was?», fragte er mit gelindem Entsetzen in der Stimme.
    Gustelies klaubte die Hahnenkämme aus dem Korb und gab sie zum Einweichen in einen Topf mit Wasser. «Der neue Prediger. Auf dem Römer steht er und verteilt Küsse. Du solltest die Frauen sehen: Ganz wild sind sie nach ihm. Und allen voran Mutter Dollhaus und die Geldwechslerin.»
    «Deine Freundin Jutta?»
    Gustelies nickte. «Ich dachte, sie hätte einen Liebsten. Ich dachte, der Fuhrmann wäre ihr Herzensdieb, aber nein.»
    «Sie hat den Fremden geküsst?» Pater Naus Augen wurden immer größer.
    «Na ja», lenkte Gustelies ein. «Gesehen habe ich nur, wie er zwei Mägde geküsst hat. Dann bin ich gegangen, konnte das Übel nicht mit ansehen.»
    «Hmm», machte der Pater und kratzte sich nachdenklich am Kinn. «Ich muss wohl mit Bruder Göck darüber sprechen, muss ihn fragen, ob Liebe und Küsse dasselbe sind.»
    Gustelies lachte auf. «Da wollen wohl zwei Blinde über Farben reden! Oder meinst du, Bruder Göck hätte seine Erfahrungen mit Küssen? Und wie sieht es eigentlich mit dir aus, Paterchen? Hast du schon einmal geküsst?»
    Jetzt wurde es Nau zu viel. Mit hochrotem Kopf erhob er sich. «Genug von dem Geschwätz. Ich muss arbeiten, meine Predigt schreiben.»
    Gustelies wischte sich die Hände an der Schürze ab. «Wozu schreibst du eigentlich noch eine Predigt?», fragte sie. «Der Rat der Stadt hat seit dem 21 . April alle katholischen Gottesdienste verboten. Frankfurt ist evangelisch. Sogar im Bartholomäusdom predigt man jetzt nach der lutherischen Art. Und der Almosenkasten, der vor St. Nikolai hängt, der gehört jetzt auch den Lutherischen. Sie haben den Armen der Stadt ein Stück Stoff mit dem Wappen Frankfurts gegeben, damit sie sich das an die Kleidung nähen. Nur damit bekommen sie etwas von der Armenspeisung. Der neuen lutherischen, versteht sich.»
    Der Pater setzte sich wieder und zupfte am Ärmel seiner Soutane. «Aha, Frankfurt ist also evangelisch. Der Rat hat es beschlossen und die Armen auch gleich mit evangelisiert.» Er kicherte.
    «Was gibt es da zu lachen?», verlangte Gustelies zu wissen. «Dein Amt steht auf dem Spiel. Wenn das so weitergeht, nehmen sie auch dir die Kirche weg und das Pfarrhaus, und dann kannst du sehen, wo du bleibst.»
    Pater Nau winkte belustigt ab. «Kannst du mir den Unterschied zwischen einem guten alten katholischen und einem evangelischen Gottesdienst erklären? Kannst du das?»
    «Wie denn? Woher soll ich wissen, was die Lutherischen treiben? Es heißt, sie gehen nicht zur Beichte, sondern sprechen direkt mit unserem Herrn. Aber sonst?»
    «Siehst du! So wie dir geht es den meisten Leuten. Sie haben keine Ahnung von den Unterschieden. Selbst du, als Pfarrhaushälterin, weißt nichts. Und so groß werden die Unterschiede wohl auch nicht sein,

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