Leben, Liebe, Zuckerguss (German Edition)
1. Kapitel: Wie alles begann
Alles fing damit an, dass sie sich spontan von ihm trennte. Ganz plötzlich und ohne Vorwarnung. Auf einmal war ihr klar, dass sie ihn verlassen musste. Ohne Aufschub und ohne weitere Diskussionen. Es würde keinen besseren Zeitpunkt dafür geben.
Trotz seiner Aufmerksamkeit ihr gegenüber und einer Liebe, mit der er sie überschüttete, hatte sie noch nie etwas für ihn empfunden. Es nervte sie, dass er wie ein zähes Kaugummi an ihr klebte, das man nur mühsam wieder entfernen konnte.
Warum hatte sie sich überhaupt nur auf ihn eingelassen?
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„Julia“, sagte er und versuchte seiner Stimme einen besonderen Schmelz zu verleihen, „möchtest du mit mir den Film ‚Bodyguard’ sehen?“
Beinahe hätte sie sich an ihrem Kaffee verschluckt. Nicht nur , dass sie die Heulboje Whitney Huston kaum ertragen konnte, Kevin Kostner fand sie zum kotzen. Und doch hatte sie stillschweigend mit dem Kopf genickt, unfähig ihm die Wahrheit zu sagen. Sie war auf eigenwillige Weise gerührt über seine Art.
Julia hasste Filme in denen sich Frauen mit Taschentüchern bewaffnet bereits darauf vorbereiteten diese auch zu benutzen und deren dazugehörigen Männer ihre Frauen nur aus dem Grund begleiten, da sie entweder völlig betrunken waren oder aber darauf hofften im Anschluss mit einem umfangreichen Angebot des Austausches von Körperflüssigkeiten belohnt zu werden.
Ihre damals beste Freundin Maren beneidete Julia um diesen wahnsinnig romantischen Mann, der ganz freiwillig einen Film ausgewählt hatte, den sich jeder anderer nur unter Androhung von Gewalt angesehen hätte. Julia selbst glaubte, dass es ihr schwer fallen würde nicht im Kino einzuschlafen.
Bereits nach fünf Minuten konnte Julia nicht anders, als ihre Augen zu schließen. Sie legte sich entspannt in ihren Sitz, darauf bedacht, dass Ulli nicht sehen konnte, wie sie jeden Moment in einen tiefen Schlaf fallen würde.
Kaum war sie ins Land der Träume gesunken, schreckte sie auf, saß kerzengerade in ihrem Sitz und überlegte, welches Geräusch sie geweckt hatte. Ein leichtes Wimmern, gefolgt von lautem Naseputzen, drang zu ihr. Vorsichtig drehte sie den Kopf zur Seite und sah, wie Ulli sich in den Sitz gekauert hatte, ein Taschentuch vor seinem Gesicht, hinter dem er immer wieder hervorschaute.
Mit viel Mühe verbarg Julia ihre üble Laune. Sie brauchte dringend ein Bier, um zu vergessen, was sie in der Zeit ohne Schlaf gesehen hatte. Wobei der Film im Grunde so banal war, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre dessen Inhalt wiederzugeben.
„Und, war das nicht ein schöner Film?“, wollte Ulli wissen. „Ich habe den heute zum achten Mal gesehen und immer wieder muss ich weinen.“
F reundschaftlich nahm er sie in den Arm. Obgleich sie mit völligem Unverständnis vor ihm gestanden hatte, war ihr seine Nähe nicht unangenehm.
Ulli führte sie in ein, für ihre damaligen Verhältnisse, schickes Restaurant. Das beeindruckte sie. Obwohl beide Studenten waren, sah Julia ihm sofort an, dass er aus anderen Verhältnissen kam. Sie war ihm später dankbar, dass er es endlos hinauszögerte ihr seine Eltern vorzustellen, das ermöglichte ihr im Umkehrschluss ihre Eltern vor ihm zu verstecken.
Es war ihr unangenehm in welch einfacher Umgebung sie aufgewachsen war. Ihr Vater, ein Sachbearbeiter einer Versicherung, legte nie großen Wert auf Karriere, ihre Mutter gab sich den Pflichten einer Hausfrau hin und war damit zufrieden. Von der Seite ihrer Eltern konnte Julia nicht viel an finanzieller Unterstützung erwarten.
Die staatliche Förderung war geradezu lächerlich wenig. Daher blieb ihr nichts anderes übrig, als mehrere Arbeitgeber gleichzeitig mit ihrer Anwesenheit zu beglücken. An Freizeit war kaum zu denken. Ihr gesamter Tagesablauf war durchgeplant. Jede Minute akribisch eingeteilt. Das alles war für Julia kein Problem. Sie war äußerst zielorientiert und wollte so schnell wie möglich ihr Jurastudium abschließen, auch wenn ihr bewusst war, dass sie durch mangelnde Geldmittel länger dafür brauchen würde.
Ulli studierte ebenso Jura. Bereits im ersten Semester war er ihr aufgefallen. Er wirkte anders als all die anderen. Wesentlich entspannter. Grundsätzlich saß er eine Reihe vor ihr, leicht schräg versetzt, sodass sie ihn seitlich ansehen konnte. Er sah gut aus und war durchtrainiert, was man von den meisten anderen männlichen Studenten nicht behaupten konnte.
Später erfuhr sie , dass er seit
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