Die Verdammnis
als seine einzige Begleitung. Obwohl er sich Gesellschaft hatte nehmen können, war Landru stets allein gewesen. Wer auch immer ein Stück des Weges mit ihm gegangen war oder auch nur eine Nacht mit ihm geteilt hatte, Landru hatte sich nie jemandem verbunden gefühlt.
Außer Nona vielleicht. Die Werwölfin war eine Weile mit ihm zusammengewesen, und ihre Pfade hatten sich immer wieder gekreuzt. Ganz kurz nur dachte Landru an sie und daran, was aus ihr geworden sein mochte. Er hatte sie lange nicht mehr gesehen und auch keine Gelegenheit gehabt, den Kontakt zu Nona zu suchen. Die Ereignisse um den Lilienkelch und den Niedergang der Alten Rasse hatten sein ganzes Tun und Denken beansprucht. Irgendwann jedoch, davon war Landru überzeugt, würden sie sich wiedertreffen. Und vielleicht würde die Welt dann eine andere sein, eine bessere -für Vampire .
Bis dahin jedoch schien es im Moment noch ein weiter Weg, und Landru war keineswegs mehr so sicher, daß er dieses Ziel erreichen würde. Wo es ihm doch schon kaum vergönnt schien, auch nur bei den Bergzügen in der noch immer weiten Ferne anzulangen.
Die Einsamkeit, die er hier auf seiner Wanderung erfuhr, war von gänzlich anderer Art als jene, die er als Hüter kennengelernt hatte. Damals war sie ihm wie ein Mantel erschienen, eher noch wie ein Schutzpanzer, der alles, was für den Verwalter des Grals nicht von Belang war, von ihm ferngehalten hatte. Die Einsamkeit war Teil seines Selbst gewesen.
Hier und jetzt jedoch kam er sich durch das Alleinsein wie isoliert von allem, selbst von seiner öden Umgebung, vor. Er fühlte sich nicht einfach nur einsam, sondern regelrecht verloren. Und der Umstand, daß keiner seiner Schritte ihn wirklich voranzubringen schien, war Teil dieser Verlorenheit. Als lehnte ihn selbst der tote Boden unter seinen Füßen ab.
Landru verspürte ein seltsames Gefühl von Leere. Als hätte sich in seiner Brust ein Loch aufgetan, das alles verschlang, was an positi-vem Empfinden noch in ihm gewesen war. Im Gegenzug gebar es nur Dinge, die sein Denken vergifteten.
Längst schienen ihm nicht mehr nur seine Glieder bleischwer, sondern jeder Gedanke. Trübsinn mochten die Menschen das nennen, Schwermut oder Depression. Landru fühlte sich von all dem aber noch härter getroffen als ein Normalsterblicher. Denn zusätzlich zu dem Leid, das sie ohnehin schon bedeuteten, quälte ihn noch die Fremdartigkeit dieser Gefühlszustände. Nie war er empfänglich dafür gewesen, und jetzt schlugen sie wie Wogen eines sturmgepeitschten Meeres über ihm zusammen, so daß er fast meinte, wirklich darin ertrinken zu müssen.
Noch einmal gelang es Landru, aus dem Tief aufzutauchen. Wenn auch kein erfreulicher Grund ihn dazu veranlaßte.
Ein Brennen in seiner Kehle war es, das sein Denken aufs Tatsächliche zurücklenkte. Als er sich darauf konzentrierte, wurde ihm gewahr, daß dieses Brennen nicht allein in seiner Kehle saß, sondern in seinem ganzen Leib fraß.
Das Gefühl und der damit einhergehende Schmerz waren ihm nicht völlig fremd. Landru wußte nur zu gut, wie Durst sich äußerte.
Nur verlangte ihm diesmal nicht nach Blut aus pochender Ader, sondern nach - »Wasser ...«, krächzte Landru, derweil sein flackernder Blick über das staubtrockene Land tastete.
* Der Tümpel stank zum Himmel!
Würgend wich Landru zurück, kaum daß er sich am Rand der Bodenmulde niedergekniet hatte. Etwas Beißendes stieg in seiner Kehle auf und sammelte sich als bitterer Geschmack auf seiner Zunge. Das Gesicht von der Wasserstelle abgewandt, die kaum mehr als eine größere Pfütze war, holte er keuchend Atem. Solange, bis der Durst wieder an Macht über ihn gewann .
Etwas abseits seiner Marschroute hatte Landru etwas wie ein Wäldchen aus verkrüppelten Bäumen entdeckt. Wo etwas wuchs, mußte auch Wasser zu finden sein, hatte er angenommen und seine Richtung entsprechend geändert. Schließlich war er jenseits der ersten Bäume (von einer Art, wie er sie nie zuvor gesehen hatte) auf dieses Wasserloch gestoßen.
Inzwischen jedoch zweifelte er ernsthaft daran, ob es sich bei der schmutzigen Brühe tatsächlich um Wasser handelte.
Obwohl der Tümpel nicht sehr tief sein konnte, war der Grund nicht auszumachen. Brauner Schlamm wölkte unter der Oberfläche, aufgewühlt von fremdartigen Tieren, von denen Landru in dem dunklen Wirbeln stets nur Teile zu Gesicht bekam. Nicht, daß er erpicht darauf gewesen wäre, sie zur Gänze zu erkennen .
Gleiches galt für die
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