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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Strömung, von der sinkenden Sonne violett beleuchtet, schien auf ihn zuzugurgeln und ihn mitsamt dem Flugzeug in die Höhe zu drücken.
    Wie hat es Igor Fillipowitsch erklärt? dachte er angestrengt. Man startet das Ding wie ein Auto, läßt den Motor warmlaufen, auf Touren kommen, schiebt dann ganz langsam an diesem Hebel, und irgendwo reagiert dann etwas, das dem Flugzeug den Befehl gibt: Fahr geradeaus. Dann mehr Gas geben, auf den Drehzahlmesser achten, den Steuerknüppel langsam anziehen und dabei auf den Horizontkreisel sehen, daß das Flugzeug in waagerechter Lage bleibt … und steigen … steigen … immer über dem Fluß, bis man die richtige Höhe erreicht hat, um über den Bäumen zu schweben …
    So einfach ist das … so verdammt höllisch einfach – wenn man es kann. Aber wenn man dasitzt, ohne ein einziges Instrument zu kennen, wenn man nur den Willen hat: Du mußt hier weg, du mußt es wagen, in die Luft zu kommen, ganz gleich wie, und du mußt auch wieder herunterkommen, jenseits dieses verfluchten Waldes, wieder auf einem Fluß oder auf einem See, und du mußt sanft aufsetzen, ganz sanft, denn du hast deine Frau und dein Kind hinter dir … dann ist dieses Gewirr von Uhren und Schaltern ein Labyrinth, aus dem man nie wieder herauskommt. Nur eines hilft: der Mut der Verzweiflung.
    Andreas kletterte aus dem Cockpit, nahm sein Hemd vom Motor und streifte es sich über. Drüben am Ufer stand Katja und hielt die kleine satte Amalja hoch in das Abendrot.
    »Wie sieht es aus, Andrej?« rief sie hinüber.
    »Sehr gut.« Es fiel ihm nicht schwer, jetzt zu lügen. »Morgen früh starten wir. Alles ist in Ordnung. Paß einmal auf!«
    Er kehrte in das Cockpit zurück, drehte den Anlaßschalter und ließ den Motor aufbrummen. Träge drehte sich der Propeller, dann schneller, immer schneller, bis man ihn nicht mehr sah, sondern nur einen schattenhaften, donnernden Kreis. Andreas lachte und gab sich Mühe, wirklich fröhlich auszusehen, und Katja Alexandrowna winkte vom Ufer zurück und ihre langen schwarzen Haare wehten über das Kind.
    Andreas stellte den Motor ab, der Propeller kreiselte aus, und die Angst kam wieder mit der plötzlichen Stille: Wird es gelingen? Ist es nicht ein Wahnsinn, fliegen zu wollen, ohne fliegen zu können?
    Er blieb vor dem Gewirr der Instrumente hocken und stierte in den strudelnden Fluß. Sollten sie im verbrannten Wald verhungern? Oder weiterziehen wie damals vor einem Jahr ins Unbekannte hinein, Amalja auf den Rücken geschnallt, Werst um Werst zuerst durch die tote Taiga, dann vielleicht durch einen unberührten Wald? Ein neuer Winter, ohne Hütte, ohne Pelze, ohne Waffen, ein halbes Jahr klirrender Frost mit einem Säugling, dessen einzige Wärme nur die Körper von Vater und Mutter sind … konnte man das überleben? Wie einfach ist dagegen so ein Flugzeug. Man steigt auf, und entweder bleibt es oben oder es fällt herunter … dieser Tod ist schnell und gnädig gegen das erbärmliche langsame Sterben in der Taiga …
    Vom Wald hatte die Susskaja verkohltes Holz geholt, das noch an den Enden glühte. Ein paar kräftige Atemstöße, und es brannte wieder lichterloh, rauchlos, ein richtiges Holzkohlenfeuer. Andreas hatte in einem kleinen Sack vier Büchsen vom Flugzeug herübergebracht. Mit einem spitzen Stein schlug er die Deckel auf, denn auch alles Werkzeug war in Putkins Haus und an der Goldwaschmaschine verbrannt. Die offenen Büchsen stellten sie in das Feuer, und als der Geruch des Gulaschs und der Bohnen den Brandgeruch um sie herum durchdrang, war es für sie der höchste Feiertag ihres bisherigen Lebens.
    Sie aßen langsam, mit einem Genuß und einer fast exaltierten Eßkultur, als säßen sie im seidenbespannten Maxim in Paris und zwei ebenso vornehme Kellner im Frack reichten ihnen die einzelnen Gänge an. Neben ihnen schlief Amalja in ihrer getrockneten Decke mit zusammengekniffenen Augen und zitternden Lippen.
    »Noch etwas Gulasch, gospodin?« fragte die Susskaja. Mit einem flachen Holzstück hielt sie ein paar Fleischstückchen hoch. Sie hatten auch keine Löffel, Gabeln oder Messer mehr … sie tafelten mit Astgabeln und platten länglichen Steinen.
    »Sehr gern. Nehmen gnädige Frau noch etwas Gemüse?«
    Dann lachten sie laut, fielen sich in die Arme und küßten sich.
    Eine verzweifelte Fröhlichkeit am Vorabend der letzten Entscheidung. In der Nacht wachte die Susskaja auf und sah sich um. Andreas lag nicht mehr neben ihr. Er stand am Ufer, die Hände

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