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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gehören können. Das sind unförmige Wannen, so etwas habe ich noch nie gesehen. Wie sollen wir uns verhalten? Sollen wir die Maschine zur Landung zwingen oder unter Feuer nehmen?« Er las die neuen Meldungen durch, die man ihm auf Zetteln hinschob. »Er kreist jetzt über dem Zusammenfluß von Tjung und Wiljuj und zieht tiefer. Anscheinend will er landen. Ich schicke Boote auf den Fluß. Wenn wir den Kerl haben, melde ich mich wieder. Ende!«
    »Sie haben uns gesehen!« sagte Andreas und zeigte nach unten. Auf dem großen Fluß flitzten drei Schnellboote aus einem kleinen Hafen und zogen weiße Schaumstreifen hinter sich her. Von einer Anlegestelle kamen zwei andere Motorboote und fuhren in den Tjung hinein. »Jetzt muß ich hinunter.«
    Die Susskaja nickte stumm. Ihr Gesicht war fahl geworden, die großen, schwarzen Augen starrten auf die breite, glitzernde Wasserfläche. Sie begriff, was Andreas unter ›muß‹ verstand. Jetzt waren sie dem Tode nahe wie nie zuvor.
    »Es wird gelingen, Andrejuscha –«, sagte sie und strich über sein schweißverklebtes Haar. »Ich glaube daran.«
    »Küß mich noch einmal, Katja –«
    Er drehte sich um, und sie umarmten sich und küßten sich lange und mit einer verzweifelten Innigkeit.
    Dann riß er sich mit einem wilden Ruck los und umklammerte wieder den Steuerknüppel.
    »Jetzt!« schrie er hell. »Jetzt, Katja!«
    Er drückte die Maschine nach unten. Die glitzernde Wasserfläche raste auf sie zu, es war, als fielen sie in einen Kessel mit geschmolzenem Silber.
    Gas weg, Gas weg, schrie sich Andreas zu. Die Landeklappen betätigen. Mein Gott, wo muß man die Landeklappen betätigen? Wie hat Putkin das erklärt? Muß man sie nach unten oder nach oben stellen? Wie bremst man den Flug ab, ohne durchzusacken und hinunterzufallen wie ein Stein? Und das Wasser kommt näher, wächst zu einer silbernen Brühe … Katja, wir werden in diesen schillernden Kessel eintauchen … Katja –
    Der Propeller drehte sich langsamer, das Flugzeug schwebte über der Flußmitte, ein Boot raste unter ihnen vorbei, so greifbar nahe, daß Andreas glaubte, er stürze hinein, und auch die Männer in dem Boot dachten es und warfen sich flach hin … dann war der Fluß da, klatschend und rumpelnd setzten die großen hölzernen Schwimmer auf dem Wasser auf, und im selben Augenblick drehte Andreas den Zündschlüssel herum und stellte den Motor ab.
    Noch einmal krachten die Schwimmer auf den Fluß, das Flugzeug sprang über das Wasser wie ein flach geschleuderter Stein … sechsmal, siebenmal … ehe es sich beruhigte, der rechte Schwimmer abbrach, sich die Maschine auf die linke Seite legte und mit dem Flügel abstützte.
    Mit heulenden Sirenen rasten die Schnellboote heran und kreisten das Flugzeug ein. Froschmänner sprangen in den Fluß, schwammen zu dem treibenden Wrack und kletterten an dem Gestänge hinauf.
    Im Cockpit lagen eine Frau und ein Mann. Sie waren beim Aufprall übereinandergefallen und hatten sich die Köpfe aufgeschlagen. In der Ohnmacht noch umklammerten sie sich, und diese Umklammerung war so fest, daß man sie nur mit Gewalt voneinander trennen konnte.
    Hinter ihnen aber lag, in einer dreckigen Decke, ein winziges, schwarzhaariges Kind. Und es lachte die Männer in den schwarzen Gummianzügen an, bewegte die kleinen Ärmchen und krähte vergnügt. Es lachte auch weiter, als man es als erstes vorsichtig in das Boot hinüberschob und unter Deck trug. Es war ein freundliches, hübsches Kind mit großen, blauen Augen, und der Kommandant nahm es selbst auf den Arm und lachte mit ihm und war so närrisch vor Freude wie alle Russen, die ein Kind herumtragen.
    »Aufklärer gelandet –«, sagte der Oberst in der Zentrale in die beiden Telefone nach Irkutsk und Jakutsk. »Keine militärische Besatzung. Eine Frau, ein Mann und ein Säugling. Sie werden ins Krankenhaus gebracht. Die Untersuchungen beginnen morgen. Ende.«
    Was hatte Andrej gestern noch gesagt? Wir werden in einem weißbezogenen Bett liegen, und man wird uns füttern mit Hühnerfrikassee, gebratener Leber und herrlichem Rosolnik … Und Katja Alexandrowna hatte gesagt: Und am Bett wird ein Radio stehen und Tschaikowsky spielen …
    Sie wachten nach vier Stunden aus der Narkose auf. Ihre Köpfe waren dick verbunden, ihre Rippen mit einem festen Stützverband umwickelt. Am Bett saßen eine breitgesichtige Schwester, ein Arzt, drei Offiziere von Armee und Luftwaffe und ein Hauptmann des KGB. Es roch nach Sauerkraut und Braten,

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