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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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liegen konnte, dass Andrej noch immer entsetzlich übel war. Vielleicht nicht mehr ganz so schlimm wie am ersten Tag, aber doch
schlimm genug, um ihn mehr als einmal mit dem Gedanken spielen
zu lassen, dass es vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn ihre
Verfolger sie einholten, denn als Gefangener der Sklavenhändler
würden sie entweder auf Pferden reiten oder zu Fuß gehen müssen.
Alles erschien ihm besser, als weiter auf diesem schaukelnden Ungetüm durch die Wüste zu reiten.
    Die Übelkeit verließ ihn bis zum letzten Moment ihrer Reise nicht
vollständig, aber es wurde besser, im gleichen Maße, in dem die
dünne, weiße Linie auf seinem Handrücken verblasste und schließlich ganz verschwunden war. Er spürte, wie seine Kräfte zurückkehrten und sich seine Sinne wieder zu schärfen begannen. Das waren die
guten Neuigkeiten.
    Die schlechten waren, dass es ihnen nicht gelang, ihre Verfolger
abzuschütteln. Meruhe trieb sie unbarmherzig an, zuerst auf einem
scheinbar willkürlichen Zickzack-Kurs, der vermutlich dem Zweck
diente, den Kriegern auszuweichen, die versucht hatten, ihnen den
Weg abzuschneiden, später dann geradlinig tiefer und tiefer in eine
bizarre Welt aus Stein. Sie rasteten nur während der heißesten Stunde
des Tages, und Meruhe bestand darauf, dass sie nach Einbruch der
Dunkelheit noch zwei Stunden weiterritten und vor Sonnenaufgang
bereits wieder aufbrachen.
    Selbst die Kräfte der schier unermüdlichen Kamele begannen sichtlich zu erlahmen. Andrej versuchte vergeblich zu verstehen, wie ihre
Verfolger, die auf Pferden ritten und dazu noch ganz normale, sterbliche Menschen waren, das eigentlich Unmögliche fertig brachten,
dieses Tempo durchzuhalten. Meruhe entfernte sich während der
Nacht zwei oder drei Mal von ihnen, vermutlich, um sich im Schütze
der Dunkelheit an das Lager der Verfolger heranzuschleichen und sie
zu beobachten, doch ihr Gesichtsausdruck schien Andrej jedes Mal
besorgter. Obwohl sie auf entsprechende Fragen gar nicht oder nur
ausweichend antwortete, war Andrej klar, dass sie keine guten Neuigkeiten hatte.
    Kurz nach der Mittagsstunde des dritten Tages ihrer verzweifelten
Flucht nahm Andrej einen dünnen, dunkelgrünen Strich am Horizont
wahr. Da er seinen Sinnen immer noch nicht in vollem Ausmaß traute, behielt er seine Entdeckung zuerst für sich, doch es verging nur
eine kurze Zeit, bis sich auch Abu Dun ein wenig im Sattel des hin-
und herschwankenden Kamels aufrichtete und aus eng zusammengekniffenen Augen nach Osten starrte.
    »Der Nil«, sagte Meruhe. Sie ritt ein Stück neben, aber auch vor
Abu Dun, sodass sie unmöglich gesehen haben konnte, was er tat.
Abu Dun warf ihr einen irritierten, aber auch ein wenig misstrauischen Blick zu. Andrej schickte einen ärgerlichen Gedanken in Meruhes Richtung, um sie an ihr Versprechen zu erinnern, und Meruhe
drehte sich halb im Sattel um und beantwortete ihn mit einem gleichermaßen verlegenen wie um Verzeihung heischenden Lächeln. Ich
habe es dir versprochen, nicht deinem Freund.
    Lass es trotzdem, gab Andrej lautlos zurück. Abu Dun blickte mittlerweile ihn und Meruhe abwechselnd an, und auf seinem Gesicht
begann eine Vermutung Gestalt anzunehmen, die er aber als so abwegig einzuschätzen schien, dass er sie gar nicht äußerte. Trotzdem
blieben Misstrauen und Verwirrung, und Andrej zwang sich, Meruhes Blick loszulassen und wieder die dünne, saftig grüne Linie am
Horizont anzusehen. Er hatte Abu Dun nichts von Meruhes unheimlicher Kraft erzählt, in ihren Gedanken lesen zu können, und ohne
dass er genau sagen konnte, warum, wollte er es auch jetzt nicht. Und
sei es nur, weil er wusste, wie der Freund darauf reagieren würde.
Aber war das auch der wirkliche Grund? Oder war es so, dass da
etwas in ihm war, das dieses Geheimnis nicht mit Abu Dun teilen
     
wollte?
    Das heftige Schuldbewusstsein, das er bei dieser Frage empfand,
machte eine Antwort beinahe überflüssig. So weit ist es also schon,
dachte er bitter. Wir haben Geheimnisse voreinander.
    Er sah nicht hin, aber er spürte, wie Meruhe sich abermals zu ihm
umdrehte und ihn mit einem Blick völlig anderer Art maß, dessen
Bedeutung er gar nicht wissen wollte. Und der Abu Dun ebenso wenig entging.
    »Der Nil?«, knüpfte Abu Dun an Meruhes Worte an. Er klang -
wenn auch ein wenig gezwungen - erleichtert. »Dann haben wir diese
verdammte Wüste endlich hinter uns?«
    Meruhe sah nun ihn an. Sie wirkte eher besorgt als

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