Die Vergessenen Schriften IV
wissen, was es bedeutet, Widerstand gegen die Dsôn Aklán zu leisten. Er packte den Elb am Bein und schleifte ihn hinter sich her.
„Wartet“, befahl er seinen Kriegern, die sofort die Schwerter senkten. Die Straße hatte sich rot gefärbt, der Geruch von rohem Fleisch und Innereien hing in der Luft. Tirîgon schätzte die Anzahl der Leichen auf ungefähr einhundert.
Inzwischen standen die ohnmächtigen Krieger wieder. Es gab zwei Verluste zu beklagen: Hécailôr und Saphaîna, die vom Elb erschossen worden waren. Obwohl Mistgabeln, Sensen und Sicheln auf der Erde zwischen den Toten lagen und wohl zum Einsatz gekommen waren, hatten die Barbaren es nicht geschafft, auch nur einen Alb niederzustechen.
Das wäre wahrlich ein Wunder gewesen. Etwa drei Dutzend Frauen und ein paar Jungen standen noch im Freien, der Rest hatte sich in die Katen zurückgezogen und glaubte sich darin sicher vor seinem Zorn. „Holt die Alte aus dem Brunnen“, befahl er den Dörflern, und man tat, was er verlangte.
Hustend und keuchend stand Lutina bald darauf vor ihm, klammerte sich spuckend an einer jungen Barbarin fest und zitterte am ganzen Leib vor Kälte und Erschöpfung. Die nasse Kleidung klebte an ihrem dünnen Körper.
„Ihr verstecktet einen Elben vor uns und wusstest genau, dass er und seine Freunde die Feuerstiere hetzen, damit wir sie nicht einfangen können“, sagte Tirîgon leise und setzte Furcht frei, um sie gegen die Umstehenden zu senden. „Ein ganzes Dorf übte Verrat an seinem Herrn. Und dann besaßt ihr die Dreistigkeit und attackiertet uns!“ Er blickte sich um und sah den Schrecken auf den hässlichen Mienen. „Was denkt ihr, was euch bevorsteht? Glaubt ihr, dass eure Männer noch an diesen Ort zurückkehren können?“
Lutina warf sich vor ihm in den Blutmatsch. „Ich hätte sie zurückhalten können, Dsôn Aklán! Vergebt ihnen! Sie …“
„Dann ist es meine Schuld, dass wir angegriffen wurden? Weil ich dich Lügnerin in den Brunnen warf und du die anderen Lügner nicht zurückhalten konntest?“, unterbrach er sie frostkalt. „Dieses Dorf“, er richtete die Schwertspitze auf den Nacken der alten Frau, „wird berühmt werden, das verspreche ich euch. Noch in vielen Teilen der Unendlichkeit wird man seinen Namen flüstern. Eure Männer werden heimatlos umherwandern, ihr Leid verfluchen und jeden daran erinnern, dass es nicht klug ist, sich gegen die Dsôn Aklán aufzulehnen. Euer aller Tod wird meinen Namen tragen.“
Lutinas Finger gruben sich in den Schlamm. „Ich flehe Euch an! Verschont wenigstens die Kinder!“
„Ich sah einen Knaben Steine auf meine Soldaten werfen – soll ich ihn dafür belohnen?“ Tirîgon senkte die Spitze in ihr Fleisch, bis er auf die Wirbel traf. Sie ächzte, rührte sich aber nicht. „Welches ist das schönste Körperteil an einem Barbaren? Sofern es überhaupt eines an euch gibt.“
„Was?“, keuchte sie verwirrt. „Dsôn Aklán, ich verstehe die Frage nicht.“
„Was ist das schönste Körperteil? Würdest du sagen, es ist das rechte Bein oder Zeigefinger oder etwas anderes?“
Ehe Lutina antwortete, machte Milânor ihn auf eine Staubwolke aufmerksam, die sich von Norden her näherte.
Tirîgon blickte genauer hin. Das sind keinesfalls Barbaren. Dann erkannte er, was sich ihnen näherte und sie in einigem Abstand zum Dorf passieren würde.
„Das ist die Herde“, entfuhr es ihm verblüfft. „Auf die Nachtmahre!“, befahl er hastig und verstaute sein Schwert. Die Lanze lag noch immer vor der Hütte, durch deren Wand er gebrochen war. „Sichert die Feuerstiere und treibt sie nach Dsôn Bhará!“ Dann wandte er sich an Lutina. „Glaubst du an einen Gott?“
Sie sah zu ihm auf, ein rotes Rinnsal schoss ihren Nacken hinab. „Ich danke Euch, Dsôn Aklán. Denn Ihr ließt mir mein Leben.“
„ Das war eine weise Antwort.“ Lachend schwang er sich in den Sattel und ließ sich die Lanze reichen. Den Elb banden sie hastig auf einen der freien Nachtmahre und nahmen ihn mit, die toten Krieger wurden auf dem zweiten Rappen verzurrt. „Denkt immer an diesen Umlauf! Ihr standet dem Verderben so nahe, wie es näher nicht ging.“ Dann sprengte er los und folgte den Kriegern, die sich bereits auf dem Weg zur Herde befanden, um sie einzukesseln und zu führen.
Sollen sie sich heute an ihren jämmerlichen Leben erfreuen. Bald nehme ich sie ihnen. Tirîgon dachte nicht daran, die Barbaren zu verschonen, aber die Tiere hatten Vorrang. Das Dorf vermochte er
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