Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
ließen ihren Tränen freien Lauf.
Es war ein ergreifender Anblick für Bruenor, für Regis, Stumpet und Drizzt, obwohl der Drow sich keinen Moment Zeit nehmen konnte, um sich darüber zu freuen. Er hatte Guenhwyvar verloren, ein Verlust, der ebensogroß war wie der seines Vaters, wie der Verlust Wulfgars. Guenhwyvar war über so lange Jahre hinweg seine Gefährtin gewesen, oftmals seine einzige Gefährtin, seine einzige wahre Freundin.
Er konnte ihr nicht Lebewohl sagen.
Es war Kierstaad, der mit Hilfe der zwergischen Heilungsmagie aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte, der den Zauber brach. Der Barbar erkannte die Schwierigkeiten, in denen sie sich noch immer befanden, insbesondere, da der Himmel sich mit Wolken überzog und der kurze Tag bereits fast vorüber war. Es war hier draußen kälter als auf der Tundra, viel kälter, und sie hatten nur wenige Materialien, mit denen sie ein Feuer entfachen und am Leben erhalten konnten.
Kierstaad kannte eine andere Möglichkeit, die ihnen Schutz bieten konnte. Immer noch auf dem Boden liegend, stützte er sich auf die Ellbogen, übernahm von Bruenor das Kommando und begann damit, die Arbeiten zu dirigieren. Catti-brie benutzte Khazid'hea, um Blöcke aus dem Eis zu schneiden, und die anderen türmten sie nach den Anweisungen des Barbaren auf und errichteten so in kurzer Zeit ein gewölbtes Gebäude – eine Eishütte.
Es war keinen Augenblick zu früh, denn der Zwergenpriesterin gingen die Zaubersprüche aus, und die Kälte nagte wieder an den Gefährten. Kurze Zeit später öffnete sich der Himmel und ließ einen Graupelregen niedergehen, der schließlich in einen heftigen Schneesturm überging.
Doch im Inneren ihrer Hütte waren die Gefährten sicher und warm.
Mit Ausnahme von Drizzt. Ohne Guenhwyvar fühlte sich der Drow, als würde ihm nie wieder warm werden.
Der nächste Morgen war düster und grau, die Luft noch eisiger als in der vergangenen kalten Nacht. Schlimmer noch, die Gefährten mußten entdecken, daß sie gefangen waren, denn die nächtlichen Winde hatten das Eis verschoben, das dieser See ihren treffenden Namen gab, und ihr Eisberg war jetzt zu weit von den anderen entfernt, um wieder ans Ufer gelangen zu können.
Kierstaad, der sich viel besser fühlte, kletterte auf die Spitze des kegelförmigen Hügels, nahm sein Horn und blies hinein.
Doch die einzige Antwort kam in Form von Echos, die von den zahllosen anderen Eisbergen über die ebene Fläche der dunklen See widerhallten.
Drizzt verbrachte den Morgen im Gebet an Mielikki und Gwaeron Windstrom, suchte ihre Führung und bat sie, ihm seinen Panther wiederzugeben, seine teure Freundin.
Er wollte, daß sich Guenhwyvar aus dem Meer erhob und wieder in seine Arme zurückkehrte, und er betete darum, aber er wußte auch, daß es auf diese Art nicht geschehen würde.
Dann kam ihm eine Idee. Er wußte nicht, ob sie ihm von den Göttern eingegeben wurde oder seiner eigenen Inspiration entsprang, und es kümmerte ihn auch nicht. Er ging als erstes zu Regis, zu dem Halbling, der so viele wunderschöne Dinge aus den Knochen der Knöchelkopfforelle geschnitzt hatte, der das Einhorn geschaffen hatte, das um Drizzts Hals hing.
Der Halbling schnitt ein passendes Stück Eis zurecht und machte sich an die Arbeit, während Drizzt zur Rückseite des Eisbergs ging, so weit entfernt von den anderen wie möglich, und zu rufen begann.
Zwei Stunden später kehrte der Drow zurück, und an seiner Seite hoppelte eine junge Robbe, ein neugefundener Freund.
Als Waldläufer verstand Drizzt die Tiere, wußte, wie man sich mit ihnen auf begrenzte Weise verständigen konnte, welche Bewegungen sie verschreckten und welche ihr Zutrauen weckten. Er war erfreut zu sehen, daß Catti-brie und Bruenor mit Hilfe des Bogens und eines hastig geknüpften Netzes ein paar Fische gefangen hatten, schnappte sich schnell einen davon und warf ihn der Robbe zu.
»Heh!« protestierte Bruenor, und dann hellte sich die Miene des Zwergs auf. »Ja«, sagte er und rieb sich heftig die Hände, als er glaubte, das Vorhaben des Drow verstanden zu haben, »mäste das Tier.«
Drizzts böser Blick, der zeigte, wie überaus ernst es ihm war, beendete diesen Gedankengang.
Als nächstes ging der Dunkelelf zu Regis und war erstaunt und begeistert von dem Werk des Halblings. Wo es vorher einen unscheinbaren Klumpen Eis gegeben hatte, stand nun eine Figur, die in Form und Größe der Onyxstatuette fast völlig glich.
»Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte«,
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