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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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hinauszublicken.«
    Chanter widmete sich wieder den Monitoren vor ihm. Icons repräsentierten jede der Plastiken aus seiner Sammlung, und Balkendiagramme zeigten die Leistung des benutzten Programms an, wobei jeder Balken die justierte Dateneingabe anzeigte. Bislang hatte Chanter herausgefunden, dass sämtliche Plastiken austierischen Knochen bestanden und dass Teile von ihnen nach Formen gestaltet waren, die man aus Kreaturen dieses und anderer Planeten kannte, wobei dieser Gestaltung kein übereinstimmendes Muster oder eine übereinstimmende Ordnung zugrunde lag. Die Fertigungsmethoden der einzelnen Plastiken erwiesen sich hingegen als übereinstimmend: Zapfenverbindungen, Knochendübel und winzige Schwalbenschwanzverbindungen. Eine Suche brachte Bezüge zu menschlicher Holzbearbeitung und zu menschlichen Künstlern der Vergangenheit – Gibbons, Boulle und Chippendale – ans Licht, aber Chanter bezweifelte, dass dadurch irgendetwas deutlicher wurde, denn die Art, wie der Techniker solche Verbindungen benutzte, stand einfach für die physikalisch beste Art, geschnittenes Material ohne Klebstoff oder Verschweißung präzise zu verknüpfen.
    Clyde zog einen Stuhl an die benachbarte Konsole heran und setzte sich, die Ellbogen auf die Armlehnen gestützt und die Finger vor dem Mund verschränkt. Dann streckte er eine Hand aus und wedelte damit über der Konsole, und der Bildschirm vor ihm zeigte eine Art von Datendiagrammen, die Chanter einfach nicht deuten konnte.
    »Sie suchen nur nach physikalischen Mustern oder Übereinstimmungen«, sagte Clyde. »Vielleicht sollten Sie bei der Suche über solche Grenzen hinausgehen.«
    »Mit welchem Ziel?«
    »Vielleicht ist Ihre Konzentration auf das künstlerische Streben von Menschen eine Sackgasse und Sie sollten lieber mal einen Blick in die Atheter-Datenbanken und auf Fauna und Flora dieses Planeten werfen.«
    Chanter unterdrückte das Bedürfnis, den Mann anzublaffen. Vielleicht hatte dieser ja recht, was die ursprüngliche Inspiration anbetraf, und vielleicht konnte Chanter auf dieser Grundlage neue Vergleiche mit menschlicher Kunst anstellen und dann zum Kern des Technikers vorstoßen.
    »Vielleicht haben wir hier etwas.« Clyde beugte sich vor und manipulierte die Datendiagramme direkt mit den Fingerspitzen. Ein neuer Suchbalken erschien auf Chanters Monitor.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Ich fahre ein Vergleichsprogramm mit den Strukturen Ihrer Plastiken und der Datenbank über das Schnattern.«
    »Aber das Schnattern ist nur Geschnatter«, wandte Chanter ein. »Es ist Unsinn – nicht mal Ihre Shardelle konnte darin einen Sinn erkennen.«
    »Warten wir einfach mal ab, was geschieht, ja?«
    Chanter wollte schon gegen diese törichte Belegung von Verarbeitungskapazität protestieren, denn die Schnatterdatenbank war riesig, da leuchtete eines der Icons vor ihm auf und klingelte seine Konsole. Er konzentrierte sich voll auf die Darstellung und sah, wie die Umriss-Skizze der entsprechenden Plastik zu einer dreidimensionalen Form herabsank, die in einem eingeblendeten Fenster aufgetaucht war. Die beiden Formen verschmolzen, drehten und wendeten sich, leuchteten dann rot auf, und ein weiteres Fenster erschien. Auf dieser wurde eine Form allmählich ausskizziert. Chanter konnte nichts mit ihr anfangen.
    »Was haben wir da?«, fragte er.
    Clyde starrte konzentriert auf seine Datendiagramme. »Könnte völliger Zufall sein – die Entsprechung stammt nicht aus der zentralen Schnatterdatenbank, sondern aus der Gedankentechforschung …«
    Die Konsole erzeugte erneut diesen Laut, und eine weitere Plastik wurde für den Vergleich mit noch einer dreidimensionalen Form ausgewählt. Erneut ergab sich eine Entsprechung.
    »Vielleicht aber auch nicht«, sagte Clyde.
    »Werden Sie sich auch mal klar ausdrücken?«
    Clyde deutete auf seine Datendiagramme. »Das Programm findet in Ihren Plastiken Strukturen, die den neuralen Strukturen des Gehirns einer Schnatterente entsprechen.«
    Aufs Neue läutete die Konsole.
    »Echt schräg«, fuhr Clyde fort.
    »Mit seiner Kunst«, sagte Chanter und sonnte sich im Augenblick des Triumphs, »versucht der Techniker, das Denken seiner Meister auszudrücken.«
    Clyde starrte einfach nur weiter auf seinen Monitor, und seine Miene verriet nichts.
    »Ich denke eher«, sagte er, »dass er mit seinen begrenzten Mitteln und einem beschränkten und völlig verzerrten Verständnis versucht, sie neu zu bauen.«
    Jem kämpfte mit den ihm nicht vertrauten

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