Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
erwartete er auch nicht, dass jemand wie Sanders jemanden wie ihn lange tolerierte.
    »Nein, ich schätze, das heißt es nicht«, log er. Verdammt, sogar ihre jetzige Begegnung hatte halb offiziellen Charakter. Sanders musste die ganze Geschichte ihres wichtigsten Patienten im Sanatorium erfahren, und sie wollte sie von ihm hören. Die Tatsache, dass er ihr es nicht schon erzählt hatte und sie ihn noch nicht danach gefragt hatte, gab vielleicht einen Hinweis darauf, dass keiner von ihnen die Beziehung ernst genommen hatte. Liebe zwischen Ruinen, getragen von Verlangen und Feierstimmung, das war alles. Er fühlte sich auf einmal unwohl und suchte nach den richtigen Worten.
    »Wie ich gehört habe, wollte Lellan Stanton dich dort haben?«
    »Ja«, antwortete sie mit einer Grimasse. »Die Militärgouverneurin von Masada hat mir diese Position persönlich übertragen. Ich sagte ihr, dass ich nicht sicher wäre, sie haben zu wollen. Sie sagte mir, sie wollte ihren eigenen Job auch nicht, aber wir hätten nun einmal keine Wahl.«
    »Yeah, ich weiß … Mir ist zu Ohren gekommen, dass wir in naher Zukunft nicht mit einem KI-Gouverneur rechnen können.«
    »Die Quarantäne hat weiter Bestand«, stellte sie fest. »Wir erhalten weiter Lieferungen aus der Polis, aber dabei bleibt es, bis sie es für ungefährlich halten, hier zu landen.«
    Er nickte, wusste nicht recht, was er jetzt sagen sollte.
    »Sehen wir uns die Stelle mal an, ja?«, schlug sie vor.
    Er deutete auf eine Stelle seitlich seines Geländewagens und ging voraus, wobei er zu einem Stück verkohlten Erdbodens hinüberblickte. Hier hatten vier Leichen aufgestapelt gelegen – vier Proktoren, die er mit dem Schienengewehr niedergemacht hatte, ehe er Jeremiah Tombs nachsetzte. Man hatte sie erst kürzlich geborgen und den Boden unter ihnen sterilisiert. Selbst nach vielen Monaten waren die Leichen noch intakt gewesen – förderte die Umwelt doch die Zersetzung menschlicher Leichen nicht gerade. Auch Sanders warf einen Blick dorthin.
    »Sie sind in einem Gefrierraum«, erklärte sie. »Alle, die Skellor berührt hat, werden so eingesammelt.«
    »Du warst drüben in der Zentrale«, sagte er. »Wozu die Quarantäne?«
    Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Es ist kompliziert.«
    »Ich habe das eine oder andere gehört, aber nicht alles«, sagte er. »Man gibt sich ein wenig wortkarg.«
    »Du weißt, dass der Vorgänger unseres Hierarchen zu glauben schien, der unausweichliche …« Das Wort ging ihr mit bitterem Sarkasmus über die Lippen. »… Sturz der Polis wäre lange überfällig, und er beschloss, den Vorgang zu beschleunigen. Er tat sich dazu mit einem außerirdischen Sendboten namens Drache zusammen …« Sie warf ihm einen Blick zu. »… der der Bruderschaft hier als Behemoth bekannt war.«
    »Das Ding, das den Stützpunkt auf Flint einebnete und die Laserstellungen zerstörte, yeah, das habe ich verstanden.«
    »Ja. Drache überreichte Amoloran die Gabe … diese Dracocorp-Verstärker, aber außerdem ein metallzerstörendes Myzelium, das Drache zuvor schon gegen eine Runcible-Einrichtung der Polis eingesetzt hatte. Amoloran richtete dieses Myzelium gegen eine Polis-Outlinkstation, und man gab Drache die Schuld daran. Im Versuch, sich dafür zu rächen, griff er ein Schiff der Theokratie an, wurde jedoch durch die Triebwerksflamme verletzt und kam dann hierher, um es ihnen heimzuzahlen.«
    »Aber warum hat er sich selbst zum Absturz gebracht?«
    »Selbstmord und Wiedergeburt: Er brachte sich um und verwandelte im Übrigen den größten Teil der eigenen Substanz in eine außerirdische Rasse hier auf Masada.« Sie zuckte die Achseln. »Interessante Zeiten.«
    »Ist das der Grund für die Quarantäne?«
    »Seltsamerweise nicht.« Grant sah, wie ein Ausdruck der Erheiterung kurz bei ihr aufleuchtete. »Wie es scheint, war das Debakel, in dem wir steckten, zu dem Zeitpunkt noch nichtschlimm genug – das hat Skellor bewirkt, der Typ an Bord jenes Polisschlachtschiffs. Drache und einige Polisbürger, die dieser mitbrachte, wurden von Skellor verfolgt – denn er hatte etwas in die Finger bekommen, was man Dschainatechnik nennt, und konnte mit dessen Hilfe das Schlachtschiff übernehmen. Scheint, dass diese Technik auf eine seit fünf Millionen Jahren ausgestorbene außerirdische Lebensform zurückgeht. Das ist sehr gefährliches Zeug, und vor seiner Abreise und seinem schlussendlichen Ableben ließ Skellor es überall auf unserem Planeten verstreut zurück.

Weitere Kostenlose Bücher