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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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brauchen keine – Ihre Prothese enthält einen superdichten Sauerstoffvorrat, der sie fortwährend auf dem höchsten Pegel hält«, erklärte sie ihm. »Draußen halten Sie zehn Tage durch, ehe dieser Vorrat erschöpft ist. Sie tragen also Ihren eigenen mechanischen Skole.«
    Zweifellos erlitt, sobald sie draußen waren, diese Prothese eine Störung, und er wachte dann entweder innerhalb eines Transporters ohne Sicht nach draußen auf oder im Gefängniskrankenhaus auf der Häretikerinsel.
    Sie betraten gemeinsam die Luftschleuse, wo er sich schwer auf Sanders stützte, und während der Luftaustausch lief, erfüllte es ihn auf einmal mit Grauen, sich in dieser Lage vorzufinden.Noch nie im Leben hatte er sich ohne Atemmaske auf dem Gesicht in einer Luftschleuse aufgehalten, und eine Gefühlslage tiefer schmerzte ihn die Würdelosigkeit dieser Situation. Die einzigen Menschen, die ohne Atemmasken Luftschleusen durchquerten, waren Teicharbeiter, die Unterschicht, an deren Körpern die großen blattlausähnlichen Skole hingen, um das Blut mit Sauerstoff anzureichern. Er versuchte, dieses Grauen zu leugnen, denn dies alles war vorgetäuscht, inszeniert …
    Sanders öffnete die Außenluke, und sie traten ins Freie. Das Lager war sumpfig, und Gehwege aus geschäumtem Plastik waren angelegt worden, damit man sich hier bewegen konnte. Einer davon führte zu einem Truppentransporter der Theokratie. Jem blickte sich völlig verwirrt um und versuchte, diesen Eindrücken einen Sinn abzugewinnen. Rechts von ihm erblickte er die ausgebrannten Ruinen von Aufseherhütten, und direkt dahinter ragte eine dreistöckige Proktorenstation im schiefen Winkel auf, nachdem das Fundament aus dem Erdboden gerissen worden war. Die Umzäunung lag am Boden, und nicht besser ging es den nächsten Wachtürmen, die er sah. Dahinter breitete sich das Schachbrett der Teiche bis in die Ferne aus, jedoch durchsetzt von Kratern und übersät mit den Wracks gepanzerter Fahrzeuge. In größerer Ferne stiegen Rauchsäulen zum Himmel, und dort am Horizont sah er eine große stelzenbeinige Heroyne von Teich zu Teich staksen, und der lange Schnabel zuckte gelegentlich herab, um etwas aufzuspießen.
    »Eine Heroyne bewegt sich innerhalb des Perimeters«, sagte er hölzern, denn er hatte das Gefühl, dass er sich nur an diese eine Tatsache zu klammern brauchte, diese Störung der Ernteteichsicherheit, damit einen Augenblick später auch alles andere Sinn ergab.
    »Das ist nicht alles«, wandte Sanders ein. »Sehen Sie mal dort hinüber.«
    Widerstrebend folgte er ihrem Fingerzeig. Zwei Aerofans waren auf der Uferböschung eines Teichs links von dem Truppentransporter gelandet. Menschen in Uniformen von der Farbe neuen Flötengrases hatten sich dort um eine auf einem Dreifuß montierte Schienenkanone versammelt und zielten damit auf eine gewaltige Kreatur, die in einem der Teiche hockte.
    Die Schnatterente schien Jem direkt anzustarren, und die Tiara ihrer grünen Augen strahlte einen unnatürlichen Glanz aus. Sie hob den Schnabel von der Brust, öffnete einen ihrer dimorphen Arme und breitete eine Klaue aus. Sie schien auf die Verwüstung ringsherum zu deuten: Bitte schön, hier ist es, wie kannst du das abstreiten? Jem riss sich von ihrem Anblick los, und diese Augen blieben ihm als Nachbild erhalten, während ihre Farbe das Spektrum durchlief und schließlich jene Farbe annahm, die er fürchtete. Sein Blick blieb an einem von Kugeln durchsiebten Schild hängen, das halb im Schlamm vergraben lag. Triada-Lager.
    Jems Beine gaben nach, und er fiel vom Gehweg in den Schlamm, wo er sich mit den Fingern voranzuarbeiten bemühte, zu fliehen versuchte. Nirgendwo bot sich ihm jedoch eine Zuflucht. Etwas versperrte ihm jeden Horizont, versuchte ihn in die Dunkelheit zu zerren, und aus dem Himmel entfalteten sich Sensen rings um diese beiden Reihen gelber Augen. Etwas schloss sich um seine Schläfen, und er hörte mit knapper Not ein schrilles Heulen durch die eigenen Schreie dringen.

KAPITEL ZWEI
Der Rollstuhl
    Diesen Anachronismus kann man nach wie vor in Museen betrachten, jedoch nur den Museen der Erde, denn er war schon keine Option mehr, ehe Menschen einen Fuß auf den Mars setzten. Im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert erließen viele Gesellschaften Vorschriften und Bestimmungen, um Gebäude für Rollstuhlfahrer leichter zugänglich zu machen, aber man kann erkennen, dass die dafür aufgewendeten riesigen Summen besser in etwas investiert worden

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