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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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überlegte, ihm eine Kugel durchsBein zu jagen, um ihm etwas von dieser Arroganz zu rauben, aber das hatte keine Eile, und sie wollte es wirklich erfahren.
    »Du hast die Wahl«, sagte Tombs. »Du kannst mir diesen Zylinder jetzt übergeben und von hier fortgehen, oder du kannst den Inhalt freisetzen und dich, uns und die KI unter unseren Füßen umbringen. Damit würdest du auch die Gesamtbevölkerung Masadas opfern, denn Amistad und diese Poliswaffen da oben werden nicht in der Lage sein, das aufzuhalten, was kommt. Sie werden es ablenken und eine Zeit lang aufhalten, eine notwendige Zeit lang, aber letztlich scheitern.«
    Grotesk von ihm zu glauben, dass er sie damit überzeugen konnte.
    »Woher wusstest du davon?«, beharrte sie auf ihrer Frage.
    Tombs zuckte die Achseln. »Blau hat es mir erzählt. Sie hat das Dracocorp-Netzwerk einer Separatistenzelle unterwandert und diese Zelle benutzt, um dir den Zylinder zu liefern. Er konnte nicht hier aufbewahrt werden, da die Gefahr bestand, dass die Polis ihn findet, und Blau konnte ihn nicht selbst herbringen, da ihr Volk derzeit unter intensiver Überwachung durch die Polis steht.« Er deutete auf den Zylinder. »Was du da in der Hand hältst, ist das Einzige, was den Mechanismus aufhalten kann.«
    »Du redest Unsinn.«
    »Was für ein Timing«, sagte er und wendete den Blick ein kleines Stück weit, um aus dem Bauwerk hinauszublicken. »Hier ist jemand, der wirklich Unsinn redet, aber inzwischen weniger, und nicht mehr sehr lange.«
    Shree warf einen kurzen Blick in die Richtung, in die er blickte. Eine junge Schnatterente hockte nur wenige Meter vom Bauwerk entfernt, den Kopf auf die Seite gelegt, als lauschte sie. Andererseits lag der Kopf vielleicht aus anderen Gründen schief, denn es sah ganz so aus, als hätte jemand den Schädel mit einem Messer angegriffen: blassblaue Narben zogen sich kreuz und quer über ihn.
    »Du hier?«, fragte die Schnatterente, und die Nonsensworte klangen viel zu sehr nach einer richtigen Frage, als dass sie beruhigend gewesen wären. Dann senkte sich die Kreatur auf alle viere und galoppierte heran.
    Shree wich zurück und versuchte dabei, sowohl ihre drei Gefangenen als auch die Schnatterente im potenziellen Schussfeld zu behalten. Sie sah die Schnatterente auf einen Gehweg steigen und die Füße heben und senken, als wäre sie über die neue Tastempfindung verwirrt, ehe sie sich dann weiter näherte.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Tombs. »Sie ist völlig harmlos.«
    Soweit Shree wusste, existierte so etwas wie eine harmlose Schnatterente nicht. Vielleicht entschieden sich diese Kreaturen manchmal, keinen Schaden anzurichten, aber zu anderen Zeiten zeigten sie sich als so bösartig wie Siluroynes.
    »Yeah, harmlos!«, fauchte sie.
    »Das versichere ich dir«, sagte Tombs und starrte die Schnatterente an, während diese vorsichtig zwischen den Säulen hindurchkam und das Gebäude betrat. »Sie wurde vorbereitet und hat kein anderes Ziel, als diesen Ort zu erreichen und zu warten.«
    »Vorbereitet?« Shree blickte ihn an.
    Tombs musterte Shree vorsichtig. »Das kann für dich nur dann von Relevanz sein, wenn du entscheidest, dein ursprüngliches Vorhaben nicht auszuführen. Du zauderst, Shree. Wird es nicht Zeit, dass du das alles zu Ende führst? Wird es nicht Zeit, deinen Hass auf eine Welt auszudrücken, die es verabsäumt, sich nach deinen Regeln zu richten?«
    »Du glaubst mich zu verstehen? Du?«
    »Doch, ich denke, das tut er«, warf Grant ein. Der Soldat verschränkte die Arme und wirkte auf einmal entspannter, was Shree besorgt machte.
    Tombs blickte den Soldaten an. »Sie definiert sich durch den Glauben an die Reinheit ihres Hasses. Während der Rebellionglaubte sie, dieser Hass gälte der Theokratie; danach hegte sie ihn als Mitglied des Aufräumkommandos, und jetzt richtet sie ihn gegen die Polis.«
    »Kinderpsychologie«, wandte Shree ein. »Ich bin das Aufräumkommando, und das hier hat nichts mit Hass zu tun, aber alles mit Gerechtigkeit und Freiheit. Ich hasse weder deine Theokratie noch die Polis – das ist einfach ein Kampf, der ausgetragen werden muss.« Warum zum Teufel beteiligte sie sich an dieser Diskussion? Zauderte sie wirklich?
    Tombs wandte sich wieder ihr zu. »Du hast mich falsch verstanden. Ich sagte, du glaubst, beide zu hassen. In Wirklichkeit hasst du dich nur selbst, und das ist auch der Grund, warum du sterben möchtest.«
    Es war, als hätte er ihr einen überraschenden Fausthieb versetzt.

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