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Die Verlorene Ehre der Katerina Blum

Die Verlorene Ehre der Katerina Blum

Titel: Die Verlorene Ehre der Katerina Blum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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die Pralinenschachtel noch ein paar lose Fotos von ihrem Vater als Gefreiten der Deutschen Wehrmacht, ihrem Mann in der Uniform des Trommlerkorps, ein paar abgerissene Kalenderblätter mit Sprichwörtern, eine ziemlich umfangreiche, handgeschriebene Sammlung eigener Rezepte und eine Broschüre “Über die Verwendung von Sherry in Soßen”. 7. Einen Aktenordner mit Zeugnissen, Diplomen, Urkunden, den gesamten Scheidungsakten und den notariellen Urkunden, die ihre Eigentumswohnung betrafen. 8. Drei Schlüsselbünde, die inzwischen überprüft worden waren. Es handelte sich um Haus- und Schrankschlüssel zu ihrer eigenen Wohnung, zu Blornas und Hiepertz’ Wohnung.
    Es wurde festgestellt und protokollarisch festgehalten, dass unter den oben angeführten Gegenständen kein verdächtiger Anhaltspunkt gefunden worden sei; die Erklärung von Katharina Blum über den Benzinverbrauch und ihre Fahrtkilometer wurde kommentarlos akzeptiert. Erst in diesem Augenblick zog Beizmenne einen mit Brillanten besetzten Rubinring aus der Tasche, den er offenbar dort lose aufbewahrt hatte, denn er putzte ihn am Rockärmel blank, bevor er ihn Katharina hinhielt. “Ist Ihnen dieser Ring bekannt?”
    “Ja”, sagte sie ohne Zögern und Verlegenheit.
    “Gehört er Ihnen?” “Ja.”
    “Wissen Sie, was er wert ist?” “Nicht genau. Viel kann es nicht sein.
    “Nun”, sagte Beizmenne freundlich. “wir haben ihn schätzen lassen, und vorsichtshalber nicht nur von unserem Fachmann hier im Haus. zusätzlich noch, um Ihnen auf keinen Fall unrecht zu tun, von einem Juwelier hier in der Stadt. Dieser Ring ist achttausend bis zehntausend Mark wert. Das wussten Sie nicht? Ich glaube es Ihnen sogar, und doch müssten Sie mir erklären, woher Sie ihn haben. Im Zusammenhang mit einer Ermittlung, in der es sich um einen des Raubes überführten Verbrecher handelt, der dringend mordverdächtig ist, ist ein solcher Ring keine Kleinigkeit, und auch nichts Privates, Intimes, wie Hunderte Kilometer, stundenlanges Autofahren im Regen. Von wem stammt nun der Ring, von Götten oder dem Herrenbesuch, oder war Götten nicht doch der Herrenbesuch, und wenn nicht – wo sind Sie denn, als Damenbesuch, wenn ich es scherzhaft so nennen darf – hingefahren im Regen, Tausende Kilometer? Es wäre eine Kleinigkeit für uns, festzustellen, von welchem Juwelier der Ring stammt, ob gekauft oder gestohlen, aber ich möchte Ihnen eine Chance geben – ich halte Sie nämlich nicht für unmittelbar kriminell. sondern nur für naiv und ein bisschen zu romantisch. Wie wollen Sie mir – uns – erklären, dass Sie, die Sie als zimperlich, fast prüde bekannt sind, die Sie von Ihren Bekannten und Freunden den Spitznamen “Nonne” erhalten haben, die Diskotheken meidet, weil es dort wüst zugeht, sich von ihrem Mann scheiden lässt, weil er “zudringlich” geworden ist – wie wollen Sie uns dann erklären, dass Sie – angeblich – diesen Götten erst vorgestern kennengelernt haben und noch am gleichen Tage – man könnte sagen stehenden Fußes – ihn mit in Ihre Wohnung genommen haben und dort sehr rasch – na sagen wir – intim mit ihm geworden sind. Wie nennen Sie das? Liebe auf den ersten Blick? Verliebtheit? Zärtlichkeit? Wollen Sie nicht einsehen, dass es da einige Ungereimtheiten gibt. die den Verdacht nicht so ganz auslöschen? Und da ist noch etwas.” Jetzt griff er in seine Rocktasche und zog einen größeren weißen Umschlag aus der Tasche, dem er einen ziemlich extravaganten, veilchenfarbenen Briefumschlag normalen Formats entnahm, der cremefarben gefüttert war. “Dieser leere Briefumschlag, den wir zusammen mit dem Ring in Ihrer Nachttischschublade gefunden haben, ist am 12. 2. 74 um 18.00 Uhr bei der Bahnpost in Düsseldorf gestempelt worden – und an Sie adressiert, Mein Gott”, sagte Beizmenne abschließend, “wenn Sie einen Freund gehabt haben, der Sie hin und wieder besuchte und zu dem Sie manchmal gefahren sind, der Ihnen Briefe schrieb und manchmal etwas schenkte – sagen Sie es uns doch, es ist ja kein Verbrechen. Es belastet Sie ja nur, wenn ein Zusammenhang mit Götten besteht.”
    Es war allen Anwesenden klar, dass Katharina den Ring erkannte, dessen Wert aber nicht gewusst hatte; dass hier wieder das heikle Thema Herrenbesuch aufkam. Schämte sie sich etwa nur, weil sie ihren Ruf gefährdet sah, oder sah sie jemand anderen gefährdet, den sie nicht in die Sache hineinziehen wollte? Sie errötete diesmal nur leicht, Gab sie deshalb

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