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Die Verlorene Ehre der Katerina Blum

Die Verlorene Ehre der Katerina Blum

Titel: Die Verlorene Ehre der Katerina Blum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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Kurts Straucheln verantwortlich ist”. War Götten nicht zunächst in Sicherheit und sein Versprechen, sie zu holen, ernst zu nehmen? War nicht Karneval, und war man nicht finanziell gesichert? Gab’s nicht so furchtbar nette Leute wie die Blornas, die Hiepertz, und war nicht auch der “eitle Fatzke” – man scheute sich immer noch, den Herrenbesuch beim Namen zu nennen – im Grunde eine belustigende und keineswegs eine bedrückende Erscheinung? Da widersprach Katharina und verwies auf den “idiotischen Ring und den affigen Briefumschlag”, die sie beide fürchterlich in die Klemme gebracht und sogar Ludwig in Verdacht gebracht hätten. Hatte sie wissen können, dass dieser Fatzke sich seine Eitelkeit so viel würde kosten lassen? Nein, nein, belustigend fand sie den nun gar nicht. Nein. Als man praktische Dinge besprach – etwa, ob sie denn eine neue Wohnung suchen und ob man nicht schon überlegen solle, wo -, wich Katharina aus und sagte, das einzig praktische, was sie vorhabe, wäre, sich ein Karnevalskostüm zu machen, und sie bat Else leihweise um ein großes Bettuch. denn sie habe vor, angesichts der Scheichmode selbst am Samstag oder Sonntag als Beduinenfrau “loszuziehen”. Was ist denn eigentlich Schlimmes passiert? Fast nichts, wenn man es genau betrachtet, oder besser gesagt: fast nur Positives, denn immerhin hat Katharina den. “der da kommen sollte”, wirklich getroffen. hat mit ihm “eine Liebesnacht verbracht”, nun gut, sie ist verhört bzw. vernommen worden, und offenbar ist Ludwig wirklich “kein Schmetterlingsfänger”. Dann hat es den üblichen Dreck in der ZEITUNG gegeben, ein paar Säue haben anonym angerufen, andere haben anonym geschrieben. Geht denn das Leben nicht weiter? Ist Ludwig nicht bestens – und wie nur sie, sie ganz allein weiß. geradezu komfortabel untergebracht? Jetzt nähen wir ein Karnevalskostüm, in dem Katharina entzückend aussehen wird, einen weißen Frauenburnus; hübsch wird sie darin “losziehen”. Schließlich verlangt sogar die Natur ihr Recht, und man schläft ein, nickt ein, erwacht wieder, nickt wieder ein. Trinkt man schließlich ein Gläschen miteinander? Warum nicht. Ein durch und durch friedliches Bild: eine junge Frau, die über einer Näharbeit eingenickt ist, während eine ältere Frau und ein älterer Mann sich vorsichtig um sie herumbewegen, damit “die Natur ihr Recht bekommt”. Die Natur bekommt so sehr recht, dass Katharina nicht einmal vom Telefon, das gegen zweieinhalb Uhr früh klingelt, geweckt wird. Wieso fangen plötzlich der nüchternen Frau Woltersheim die Hände an zu flattern, wenn sie den Telefonhörer ergreift? Erwartet sie anonyme Zärtlichkeiten, wie sie sie ein paar Stunden vorher erfahren hat? Natürlich ist zweieinhalb Uhr morgens eine bange Zeit zum Telefonieren, aber sie ergreift den Hörer, den ihr Beiters sofort aus der Hand nimmt, und als er “ja?” sagt, wird sofort wieder aufgelegt. Und es klingelt wieder, und wieder wird, sobald er aufgenommen, noch bevor er “ja?” gesagt hat, aufgelegt. Natürlich gibt es auch Leute. die einem den Nerv töten wollen, seitdem sie aus der ZEITUNG erfahren haben, wie man heißt und wo man wohnt, und es ist besser, den Hörer nicht mehr auf zulegen.
    Und da hat man sich vorgenommen, Katharina wenigstens vor der Samstagsausgabe der ZEITUNG zu bewahren, sie aber hat ein paar Augenblicke wahrgenommen, in denen Else W. eingeschlafen ist und Konrad B. sich im Badezimmer rasiert. ist auf die Straße geschlichen. wo sie in der Morgendämmerung den ersten besten ZEITUNGSkasten aufgerissen und eine Art Sakrileg begangen hat, denn sie hat das VERTRAUEN der ZEITUNG missbraucht, indem sie eine ZEITUNG herausnahm, ohne zu bezahlen! In diesem Augenblick kann der Rückstau für vorläufig beendet erklärt werden, denn es ist genau um die Zeit, in der die Blornas an eben diesem Samstag zerknittert, gereizt und traurig aus dem Nachtzug steigen und die gleiche Ausgabe der ZEITUNG erwischen, die sie später zu Hause studieren werden.

38.
    Bei Blornas ist ein ungemütlicher Samstagmorgen, äußerst ungemütlich, nicht nur wegen der fast schlaflosen, zerrüttelten und verschüttelten Nacht im Schlafwagen, nicht nur wegen der ZEITUNG, von der Frau Blorna sagte, diese Pest verfolge einen in die ganze Welt; ungemütlich nicht nur wegen der vorwurfsvollen Telegramme einflussreicher Freunde und Geschäftsfreunde, von der “Lüstra”, auch Hachs wegen, den man einfach zu früh (und auch wieder

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