Die Verlorene Kolonie
Nur Zauberer wie ich und Nummer Eins krampfen erst gar nicht. Deshalb behalten wir unsere Magie.«
Artemis wischte Asche von seinem Jackett. »Das Wichtigste ist erst mal, aus diesem Krater herauszukommen und etwas aus Silber zu finden. Ich schlage vor, wir lassen die Bombe hier. Die Temperatur ist nicht hoch genug, um sie zu zünden, und falls sie dennoch hochgeht, wird der Vulkan einen Teil der Energie aufnehmen. Wenn wir zwei weitere magiebegabte Wesen finden wollen, so dürften die Chancen außerhalb dieses Kraters deutlich höher sein als hier drinnen. Außerdem kriege ich Kopfschmerzen von dem Schwefelgestank.«
Artemis wartete nicht auf Zustimmung, sondern wandte sich um und machte sich an den Anstieg zum Rand des Kraters. Nach kurzem Zögern folgten ihm die anderen. Mühsam kämpften sie sich Schritt für Schritt durch die Asche voran. Das Ganze erinnerte Artemis an eine riesige Sanddüne, die er einmal mit seinem Vater erklommen hatte. Wobei ein Sturz hier unangenehmere Folgen hatte.
Es war eine schwierige und tückische Wanderung. Unter der Asche verbargen sich Unebenheiten und kleine Spalten, durch die warme Luft vom Vulkan austrat. Rund um diese Spalten wucherten bunte Pilze, die im Schatten des Kraters wie phosphoreszierende Nachtleuchten glommen.
Während des Anstiegs sprach kaum jemand. Nr. 1 murmelte ganze Wörterbuchabschnitte vor sich hin, doch die anderen begriffen, dass dies eben seine Art war, sich aufzumuntern.
Ab und zu blickte Artemis nach oben. Der Himmel glühte in der Farbe der Morgenröte und breitete sich über ihnen aus wie ein See aus Blut.
Was für eine aufmunternde Metapher , dachte Artemis. Vielleicht sagt es etwas über meinen Charakter aus, dass ein See aus Blut das einzige ist, was mir dazu einfällt.
Nr. 1 war vom Körperbau her am besten für den steilen Anstieg gerüstet. Er hatte einen niedrigen Schwerpunkt und konnte sich auf seinem Stummelschwanz abstützen, wenn es nötig war. Die plumpen Füße trugen ihn sicher, und der Schuppenpanzer, der seinen Körper bedeckte, schützte ihn vor Funken und Schürfwunden im Fall eines Sturzes.
Qwan litt sichtlich. Der alte Zauberer war während der letzten zehntausend Jahre eine Statue gewesen und hatte noch mit der Steifheit in seinen Knochen zu kämpfen. Die Magie milderte den Schmerz zwar ein wenig, konnte ihn aber nicht völlig auslöschen. Jedes Mal, wenn sein Fuß durch die Aschekruste brach, zuckte er zusammen.
Endlich erreichte die Gruppe den Kraterrand. Falls Zeit vergangen war, so ließ sich nicht feststellen, wie viel. Der Himmel leuchtete noch immer in demselben Rot, und sämtliche Uhren waren stehen geblieben.
Holly lief die letzten Schritte, dann hob sie die Hand, zur Faust geballt.
»Das heißt so viel wie Halt«, erklärte Artemis den anderen. »Ein militärisches Signal. Menschliche Soldaten benutzen genau dasselbe.«
Holly spähte kurz über den Kraterrand, dann kehrte sie zur Gruppe zurück. »Was hat es zu bedeuten, wenn jede Menge Dämonen auf dem Weg hier rauf sind?«
Qwan lächelte. »Das bedeutet, dass unsere Brüder den Blitz bei unserer Ankunft bemerkt haben und kommen, um uns zu begrüßen.«
»Und was bedeutet es, wenn sie alle mit Armbrüsten bewaffnet sind?«
»Hmm«, überlegte Qwan. »Dann könnte es schon um einiges ernster sein.«
»Können die uns wirklich gefährlich werden?«, fragte Artemis. »Immerhin haben wir schon gegen Trolle gekämpft.«
»Keine Sorge«, sagte Holly und schaltete ihre Neutrino ein. »So groß sind sie nicht. Wir schaffen das schon. Glaub mir.«
Artemis runzelte die Stirn. Wenn Holly sich die Mühe machte, ihn zu beruhigen, musste die Lage wirklich ernst sein.
»So schlimm?«
Holly stieß einen Pfiff aus und schüttelte den Kopf. »Du hast ja keine Ahnung.«
Kapitel 14
Dämonendämmerung
Eigentlich war es Basset gar nicht möglich zu sprechen, doch es gelang ihm, ein einziges Wort hervorzupressen. »Niemals.«
Abbot verstärkte seinen Druck. »Niemals, sagst du? Aber du müsstest doch wissen, dass niemals hier auf Hybras jederzeit sein kann.«
Dann tat Abbot etwas, zu dem eigentlich kein Dämon nach dem Krampf in der Lage sein dürfte: Er aktivierte die Magie in seinem Innern und leitete sie in seine Augen. »Du gehörst mir«, sagte er zu Basset im unwiderstehlichen Tonfall des Blicks.
Die anderen waren so konditioniert, dass bereits eine Andeutung des Blicks genügte, um sie zu unterwerfen, doch für Bassets jungen, wachen Verstand
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