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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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er konnte sich nicht davon trennen. Als er sie gerade in die Manteltasche steckte, kam Julie aus dem Mädchenzimmer. »Ich habe ihr die Postkarte dagelassen«, sagte sie.
    »Was für eine Postkarte?«, fragte Alex.
    »Die mit dem Gemälde drauf«, erklärte Julie. »Die Sternennacht . Ich musste sie erst noch suchen, aber dann habe ich sie gefunden und neben sie gelegt. Meinst du, das ist in Ordnung? Sie mochte sie doch so gern.«
    »Ich finde das eine sehr gute Idee«, sagte Alex. »Das war klug von dir, daran zu denken.«
    Julie schaute ihn an. »Meinst du, es ist sicher, den Aufzug zu nehmen?«, fragte sie.
    Alex wusste, dass es keinen sicheren Ort auf der Welt mehr gab. »Klar«, sagte er. »Aber wir sollten jetzt wirklich los. Bist du so weit?«
    Julie nickte. »Meinst du, es wird ihr hier gut gehen?«, fragte sie.
    »Ganz bestimmt«, sagte er. »Mamá und Papá werden schon auf sie aufpassen.«
    Mittwoch, 28 . Dezember
    Er schlief unruhig und jedes Mal, wenn er aufwachte, hörte er Julie im Nebenzimmer, das sie mit Bri geteilt hatte, schluchzen. Er war froh, dass sie noch weinen konnte, und unternahm keinen Versuch, sie zu trösten.
    Irgendwann stand er vom Schlafsofa auf und ging in die Küche, um ihre Vorräte zu überprüfen. Zwei Becher gekochter Reis, zwei Dosen rote Bohnen, eine mit Spinat, eine mit Mischgemüse und die Sardinen. Er erinnerte sich an eine Zeit, als das nicht einmal für ihn allein für einen Tag gereicht hätte.
    Ich war so verwöhnt, dachte er. Ich habe so viel gehabt und es nie zu schätzen gewusst. Ich wollte immer noch mehr.
    Aber das war jetzt egal. Wichtig war jetzt nur noch, Julie an einen sicheren Ort zu bringen. Wenn ihm das gelang, dann konnte er in dem Bewusstsein sterben, wenigstens eine Sache richtig gemacht zu haben, und das war genug.
    Er wusste, dass er Julie eine Nachricht hinterlassen musste, aber sobald er den Stift aufs Papier setzte, fing er an zu zittern. Er zwang sich, den Gedanken an Bris letzte Stunden beiseitezuschieben, und schrieb: Ich bin zur Kirche gegangen, wegen einer Messe für Bri.
    Es gab noch so vieles, was er hätte schreiben wollen, aber es hatte keinen Sinn. Stattdessen ging er ins Schlafzimmer, um nach seiner Schwester zu sehen. Erleichtert stellte er fest, dass sie endlich eingeschlafen war. Vielleicht würde sie sogar durchschlafen, bis er wieder zurück war. Und dann würde er dafür sorgen, dass sie etwas aß.
    Langsam, um möglichst viel Kraft zu sparen, stieg er die zwölf Stockwerke hinunter. Nach ihrer Rückkehr gestern hatten sie beide nichts essen wollen, und so lag seine letzte Mahlzeit fast schon vierundzwanzig Stunden zurück. Die Grippe hatte er zwar weitgehend überwunden, aber ihm war klar, dass er trotzdem bei der geringsten Belastung zusammenbrechen würde.
    Julie ist das Einzige, was jetzt noch zählt, dachte er auf dem Weg zur Kirche. Carlos war vielleicht noch am Leben, aber er hatte keine Möglichkeit, das herauszufinden. Julie hingegen war ganz sicher noch am Leben, und sie war zäh und gesund und hatte es verdient zu leben. Pater Franco würde das sicher verstehen und Alex dabei helfen, sie zu retten.
    Doch als er zur Kirche kam, fand er dort einen Zettel an der Tür:
    DIE KIRCHE ST. MARGARET’S
IST HIERMIT GESCHLOSSEN
DOMINUS VOBISCUM
    Alex versuchte trotzdem die Tür zu öffnen, aber sie war fest verriegelt. Er ging zum Seiteneingang, aber auch dort hatte er kein Glück. Die Kirche war verlassen. Pater Franco hatte das schon lange angekündigt, aber Alex hatte nie so recht daran geglaubt.
    Da er nicht wusste, wohin er sonst gehen sollte, ging Alex weiter zur Schule. An Wunder glaubte er schon lange nicht mehr, aber er hoffte, dass wenigstens die Kapelle geöffnet war, damit er eine Kerze für Bri anzünden konnte.
    Der Weg war lang und beschwerlich, und Alex war fast schon überrascht, dass die Tränen, die ihm über die Wangen liefen, dort nicht gefroren. Seine Lungen schmerzten wegen der Ascheluft, und in seinem Kopf jagten Bilder von Bri herum, wie sie im Fahrstuhl eingesperrt war und einsam und qualvoll starb.
    Nicht auch noch Julie, wiederholte er immer wieder. Ich lasse es nicht zu, dass Julie auch noch stirbt.
    An der Schultür hing diesmal kein Zettel, nicht einmal wegen der Quarantäne. Alex drückte die Klinke herunter und die Tür ging auf.
    Er betrat das Gebäude. Nichts war zu hören, niemand zu sehen. Aber die Tür zur Kapelle stand offen. Er trat ein und sie war ebenfalls leer, er beugte das Knie vor dem

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