Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
Metallkern umgeben und ein Magnetfeld erzeugen, wenn Strom fließt. Die Energie, die in diesem Magneten gespeichert wird, ist genauso groß wie die, die von einer halben Tonne TNT erzeugt wird. Es versteht sich von selbst, dass Vorkehrungen für den Fall getroffen wurden, dass der Magnet abgeschreckt wird und plötzlich seine Supraleitfähigkeit verliert. Ein Test des Magneten mit 4 Tesla wurde zwar im September 2006 erfolgreich abgeschlossen, er wird jedoch mit einem etwas schwächeren Magnetfeld von 3,8 Tesla betrieben werden, um eine höhere Lebensdauer zu gewährleisten.
Der Soleonidmagnet ist so groß, dass er die Schichten der Tracker und Kalorimeter umschließt. Andererseits befinden sich die Myonendetektoren auf der äußeren Umrandung des Detektors, und somit außerhalb des Soleonids. Die vier Schichten von Myonendetektoren sind mit einer riesigen Struktur aus Eisen verflochten, die die Magnetspulen umgibt und das Magnetfeld eindämmt und ausrichtet, wodurch Uniformität und Stabilität garantiert wird. Das Rückschlussjoch des Magneten, das 21 Meter lang ist und einen Durchmesser von 14 Metern hat, reicht bis zum Gesamtradius des Detektors von sieben Metern. Tatsächlich bildet es auch einen Bestandteil des Myonensystems, da die Myonen die einzigen bekannten geladenen Teilchen sein sollten, die die 10 000 Tonnen Eisen durchdringen und die Myonenkammern durchqueren können (obwohl in Wirklichkeit manchmal auch energiereiche Hadronen hineingeraten, die den Experimentalphysiker Kopfzerbrechen bereiten). Das vom Joch ausgehende Magnetfeld lenkt die Myonen im äußeren Detektor ab. Da das Ausmaß der Ablenkung der Myonen im Feld von ihrem Impuls abhängt, ist das Joch entscheidend für die Messung der Impulse und Energie der Myonen. Der in seiner Struktur stabile, riesige Magnet spielt aber auch noch eine andere Rolle. Er unterstützt das Experiment und schützt es vor den gewaltigen Kräften, die von dessen eigenem Magnetfeld ausgeübt werden.
Die Konfiguration des ATLAS-Magneten sieht ganz anders aus. Beim ATLAS werden zwei verschiedene Magnetsysteme verwendet: ein Soleonidmagnet mit 2 Tesla, der die Tracking-Systeme und riesige Ringmagneten in den äußeren Bezirken umschließt, welche mit den Myonenkammern verflochten sind. Wenn man sich Bilder von ATLAS (oder dem Experiment selbst) ansieht, sind die auffälligsten Bestandteile diese acht riesigen Ringstrukturen (die in Abbildung 34 zu sehen sind) und die zwei zusätzlichen Ringmagneten, die die Enden abschließen. Das von ihnen erzeugte Magnetfeld erstreckt sich 26 Meter entlang der Strahlenachse und breitet sich vom Anfang des Myonenspektrometers 11 Meter in radialer Richtung aus.
Eine der vielen interessanten Geschichten, die ich hörte, als ich beim ATLAS-Experiment zu Besuch war, handelte davon, wie die Magneten sich am Anfang in einer eher ovalen Konfiguration befanden (wenn man von der Seite schaut), als sie ursprünglich von der Baumannschaft abgesenkt wurden. Die Ingenieure hatten die Schwerkraft miteinberechnet, bevor sie sie installierten, so dass sie richtig vorhersahen, dass sie aufgrund ihres eigenen Gewichts nach einer bestimmten Zeit runder werden würden.
Eine andere Geschichte, die mich beeindruckte, berichtete davon, wie die ATLAS-Ingenieure einen leichten Anstieg des Schachtbodens von etwa einem Millimeter pro Jahr miteinrechneten, der vom hydrostatischen Druck erzeugt wurde, welcher von der Ausschachtung ausging. Sie gestalteten das Experiment so, dass diese kleine Bewegung die Maschine im Jahr 2010 in eine optimale Lage bringen würde, also dem Zeitpunkt, zu dem der erste Lauf mit voller Leistung geplant war. Aber inzwischen hat sich der Boden unter dem Experiment so abgesetzt, dass das Experiment sich nicht mehr bewegt, weshalb es während des ganzen Betriebs in der richtigen Lage bleiben wird. Trotz Yogi Berras Mahnung, dass es »schwer ist, Vorhersagen zu machen, besonders über die Zukunft«, [51] haben die ATLAS-Ingenieure es geschafft.
Berechnungen
Keine Beschreibung des LHC wäre vollständig ohne eine Schilderung seiner gewaltigen Rechenleistung. Zusätzlich zu der beachtlichen Hardware, die sich in seinen Trackern, Kalorimetern, Myonensystemen und Magneten befindet, die wir gerade betrachtet haben, sind koordinierte Berechnungen auf der ganzen Welt notwendig, um die erdrückende Datenmenge zu bewältigen, die die vielen Kollisionen erzeugen.
Der LHC weist nicht nur eine siebenmal höhere Energie als das Tevatron
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