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Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

Titel: Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LISA RANDALL
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und einzige Möglichkeit zu sein, die feststehende Umlaufbahn des Mondes zu erklären. Die Entdeckung der Jupitermonde bedeutete, dass dieser Planet trotz seiner Bewegung ebenfalls Satelliten in seinem Schlepptau hatte. Dieser Umstand machte die Möglichkeit plausibel, dass die Erde sich auch bewegen und sich sogar um einen gesonderten Zentralkörper drehen könnte – ein Phänomen, das erst später erklärt wurde, als Newton seine Theorie der Schwerkraft entwickelte und deren Vorhersage der gegenseitigen Anziehung von Himmelskörpern.
    Galilei nannte die Monde des Jupiter zu Ehren von Cosimo II de’ Medici Medici-Sterne – womit er ein weiteres Mal sein Talent zur Beschaffung finanzieller Mittel, eines anderen Schlüsselaspekts moderner Naturwissenschaft, unter Beweis stellte. Die Medicis entschlossen sich tatsächlich, Galileis Forschungen zu unterstützen. Später jedoch, nachdem Galilei von der Stadt Florenz eine lebenslange Finanzierung bewilligt wurde, sollten die Monde zu Ehren ihres Entdeckers in Galilei’sche Satelliten umbenannt werden.
    Galilei benutzte sein Teleskop auch, um die Hügel und Täler des Mondes zu beobachten. Vor seinen Entdeckungen hielt man den Sternenhimmel für völlig unveränderlich und beherrscht von absoluter Regelmäßigkeit und Beständigkeit. Die vorherrschende aristotelische Auffassung hielt daran fest, dass Himmelskörper, die jenseits unseres Planeten liegen, kreisförmig und unveränderlich – von göttlichem Wesen – seien, während alles zwischen dem Mond und der Erde unvollkommen und unbeständig war. Kometen und Meteore wurden als Wetterphänomene wie Wolken und Winde angesehen, und unser Wort »Meteorologie« geht auf diese Klassifikation zurück. Galileis detaillierte Beobachtungen bedeuteten, dass die Unvollkommenheit sich über den menschlichen und sublunaren Bereich hinaus erstreckte. Der Mond war keine vollkommen glatte Kugel und ähnelte tatsächlich der Erde mehr, als irgendjemand anzunehmen gewagt hatte. Mit der Entdeckung der strukturierten Topographie des Mondes wurde die Dichotomie zwischen irdischen und himmlischen Gegenständen in Frage gestellt. Die Erde war nicht mehr einzigartig, sondern schien ein Himmelskörper wie jeder andere zu sein.
    Der Kunsthistoriker Joseph Koerner erklärte mir, dass Galilei Licht und Schatten teilweise aufgrund seines künstlerischen Hintergrunds zur Identifikation von Kratern verwenden konnte. Galileis Ausbildung in perspektivischem Sehen half ihm dabei, die von ihm wahrgenommenen Projektionen zu verstehen. Er erkannte die Implikationen dieser Bilder sofort, auch wenn sie nicht vollständig dreidimensional waren. Sein Interesse bezog sich nicht auf die Kartierung des Mondes, sondern darauf, seine Textur zu verstehen. Und er verstand unmittelbar, was er sah.
    Die dritte bedeutende Gruppe von Beobachtungen, die die kopernikanische Auffassung bestätigte, bezog sich auf die Phasen der Venus, die in Abbildung 9 illustriert werden. Diese Beobachtungen waren besonders bedeutsam für die Begründung der Ansicht, dass sich die Himmelskörper um die Sonne herum drehten. Die Erde war in jedem offensichtlichen Sinne eindeutig nicht einzigartig, und die Venus drehte sich ganz bestimmt nicht um sie.

Abb. 9: Galileis Beobachtung der Phasen der Venus bewies, dass auch sie sich um die Sonne drehen musste, und entkräftete damit das ptolemäische System.
    Aus astronomischer Perspektive war die Erde nichts so Besonderes. Die anderen Planeten verhielten sich wie unser eigener und drehten sich um die Sonne zusammen mit den Satelliten, die um sie selbst kreisten. Außerdem war selbst jenseits der Erde – die offensichtlich mit Menschen verunreinigt war – nicht alles makellos vollkommen. Sogar die Sonne war mit Sonnenflecken besudelt, die Galilei ebenfalls identifiziert hatte.
    Mit diesen Beobachtungen bewaffnet, gelangte Galilei bekanntlich zu dem Schluss, dass wir nicht das Zentrum des Universums sind und dass die Erde sich um die Sonne dreht. Die Erde ist nicht der Brennpunkt. Galilei schrieb diese radikalen Schlussfolgerungen auf. Dadurch forderte er die Kirche heraus – obwohl er sich später zur Abkehr vom Kopernikanismus bekannte, um seine Strafe auf Hausarrest zu reduzieren.
    Als ob seine Beobachtungen und theoretischen Überlegungen zu den großen Maßstäben des Kosmos nicht genug gewesen wären, veränderte Galilei auch grundlegend unsere Fähigkeit, kleine Größenbereiche wahrzunehmen. Er erkannte, dass Messinstrumente

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