Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
symbiotische Beziehung zwischen Technik und naturwissenschaftlichem Denken, die in der modernen Welt so viel Fortschritt hervorgebracht hat.
Ich werde häufig daran erinnert, wie knifflig es für Nicht-Naturwissenschaftler sein kann, die manchmal entlegenen Ideen zu würdigen, denen sich die moderne Naturwissenschaft zuwendet. Diese Herausforderung wurde offenkundig, als ich mich mit einer Klasse von College-Studenten nach einem öffentlichen Vortrag traf, den ich über Extra-Dimensionen und Physik hielt. Als man mir sagte, dass sie alle dieselbe drängende Frage hätten, erwartete ich eine gewisse Verwirrung hinsichtlich der Dimensionen, erfuhr aber stattdessen, dass sie wissen wollten, wie alt ich sei. Aber mangelndes Interesse ist nicht die einzige Herausforderung – und tatsächlich setzten sich die Studenten auch mit den naturwissenschaftlichen Ideen auseinander. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass die Grundlagenwissenschaft häufig abstrakt ist, und es kann schwierig sein, sie zu rechtfertigen – eine Hürde, mit der ich bei einer Anhörung im Kongress über die Bedeutung von Grundlagenwissenschaft konfrontiert war. Zusammen mit Dennis Kovar – Leiter für Hochenergiephysik am US-amerikanischen Energieministerium –, Pier Oddone – Leiter des Fermi National Accelerator Laboratory – und Hugh Montgomery – Leiter des Jefferson Lab, einer Einrichtung für Kernphysik – nahm ich im Herbst 2009 daran teil. Das war mein erster Besuch der Regierungseinrichtungen, seit mich mein Kongressabgeordneter, Benjamin Rosenthal, herumgeführt hatte, als ich vor vielen Jahren beim Westinghouse-Naturwissenschaftswettbewerb High-School-Finalistin war. Großzügigerweise vermittelte er mir mehr als den bloßen Fototermin, den die anderen Finalisten erhielten.
Bei meinem jüngsten Besuch genoss ich erneut den Anblick der Büros, in denen Politik gemacht wird. Der Raum, der dem parlamentarischen Ausschuss für Naturwissenschaft und Technik zur Verfügung steht, befindet sich im Rayburn House Office Building. Die Abgeordneten saßen hinten, und wir »Zeugen« saßen ihnen gegenüber. Tafeln mit Inschriften hingen über den Köpfen der Abgeordneten, von denen die erste lautete: »Ohne prophetische Offenbarung verwildert das Volk.« Sprüche 29,18.
Es scheint, dass die amerikanische Regierung sich sogar in demjenigen Kongresssaal, der ausdrücklich der Naturwissenschaft und Technik gewidmet ist, auf die Heilige Schrift beziehen muss. Trotzdem bringt der Spruch ein edles und richtiges Gefühl zum Ausdruck, dem wir alle gern entsprechen würden.
Auf der zweiten Tafel stand ein eher weltliches Zitat von Tennyson: »For I dipped into the future, far as my eyes could see. Saw the vision of the world and the wonder that would be.« (»Denn ich blickte in die Zukunft, so weit ich nur sehen konnte. Sah das Traumbild der Welt und das künftige Wunder.«)
Das war ebenfalls ein schöner Gedanke, den man im Gedächtnis behalten sollte, während wir unsere Forschungsziele beschrieben.
Ironischerweise war der Saal so eingerichtet, dass wir »Zeugen« aus der Welt der Naturwissenschaft – die für diese Aussagen bereits Sympathie empfanden – diesen Tafeln gegenübersaßen. Sie hingen direkt in unserer Blickrichtung. Die Abgeordneten dagegen saßen unter diesen Worten, so dass sie sie nicht sehen konnten. Der Kongressabgeordnete Lipinski, der bei seinem Eröffnungsplädoyer sagte, dass Entdeckungen zu weiteren Fragen – und großen metaphysischen Untersuchungen – führen, bestätigte, dass er die Tafeln zwar gewöhnlich bemerkte, sie jetzt aber nur allzu leicht in Vergessenheit gerieten. »Wenige von uns blicken je nach dort oben.« Er war dankbar dafür, daran erinnert zu werden.
Dann wandten wir Naturwissenschaftler uns von der Raumeinrichtung ab und konzentrierten uns auf die vorliegende Aufgabe – zu erklären, warum dies eine so aufregende und beispiellose Zeit für die Elementarteilchenphysik und die Kosmologie ist. Obwohl die Fragen der Abgeordneten gelegentlich spitz und skeptisch waren, konnte ich doch den Widerstand spüren, mit dem sie ständig zu tun haben, wenn sie ihren Wählern erklären, warum es ein Fehler wäre, die finanzielle Unterstützung naturwissenschaftlicher Arbeit einzustellen – selbst angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten. Ihre Fragen reichten von Einzelheiten im Hinblick auf den Zweck bestimmter Experimente bis zu allgemeineren Fragen zur Rolle der Naturwissenschaft und ihren
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