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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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damit Elaine kurzerhand das Wort abschnitt. » Ich muss sie fragen, ob sie wissen, wo meine Tochter ist.«
    Inzwischen waren beide hereingekommen, und Mr. Shepherd lief ruhelos auf und ab. Ich hatte ihn im November bei einem meiner ersten Elterngespräche kennen gelernt, wo er gut gelaunt und lautstark einen Witz nach dem anderen riss, während seine hübsche, charmante Frau gutmütig die Augen verdrehte. Jenny hatte die zierliche Statur und die ausgesprochen langen Wimpern ihrer Mutter sowie das Lächeln ihres Vaters geerbt. Heute hatte dieses Lächeln in meinem Klassenzimmer gefehlt. Seine Sorge war geradezu körperlich spürbar, die Stirn über seinen dunklen, ausdrucksvollen Augen lag in Falten. Er überragte mich um einiges, doch seine physische Kraft verblasste angesichts seiner offensichtlichen Verzweiflung. Vor einem Fenster blieb er stehen und lehnte sich gegen das Fensterbrett, als würden ihm die Beine den Dienst versagen. Mit kraftlos herabhängenden Armen schaute er uns hoffnungslos an und wartete.
    » Ich sollte Sie wohl erst einmal informieren, was geschehen ist, Sarah. Mr. Shepherd hat mich heute Morgen aufgesucht und mich gebeten, ihm bei der Suche nach seiner Tochter Jennifer zu helfen. Sie hat das Haus am Wochenende verlassen– am Samstag, nicht wahr?«
    Shepherd nickte. » Samstagabend. Etwa um sechs.«
    Ich rechnete und biss mir auf die Lippe. Samstagabend, und nun war es schon beinahe Montagmittag. Fast zwei Tage. Nicht sehr lange– oder eine Ewigkeit, je nachdem, wie man es sah.
    » Er und seine Frau haben abgewartet, doch als sie bei Einbruch der Dunkelheit noch immer nicht zurück war und auch auf ihrem Handy nicht erreichbar, haben sie sich auf die Suche gemacht und sind den Weg abgelaufen, den sie höchstwahrscheinlich gegangen ist, jedoch ohne Erfolg. Also sind sie zurück nach Hause gegangen und haben bei der Polizei angerufen, wo man sich allerdings nicht sonderlich kooperativ gezeigt hat.«
    » Dort haben sie mir gesagt, dass sie schon wieder auftauchen wird.« Seine Stimme war leise, heiser und schmerzerfüllt. » Sie meinten, Mädchen in diesem Alter hätten keine richtige Zeitvorstellung. Wir sollten weiterhin versuchen, sie auf ihrem Handy zu erreichen, und wenn das nichts hilft, ihren ganzen Freundeskreis abtelefonieren und bei den Eltern nachfragen, ob sie wissen, wo sie steckt. Erst wenn sie längere Zeit als vermisst gemeldet sei, würden sie etwas unternehmen. Sie meinten, dass in Großbritannien alle fünf Minuten ein Kind verschwindet– können Sie sich das vorstellen?– und dass sie erst jemanden dafür abstellen, wenn das Kind in Gefahr ist. Ihrer Ansicht nach sei eine Zwölfjährige nicht besonders gefährdet. Sie werde schon wieder auftauchen und sich entschuldigen, dass sie uns in Aufregung versetzt hat. Als ob es an der Tagesordnung wäre, dass sie einfach losgeht, ohne uns zu sagen, wo sie hinwill, und dann nicht wiederkommt. Die kennen meine Tochter doch gar nicht.« Dann sah er mich an. » Aber Sie kennen sie doch, oder? Sie wissen, dass sie niemals einfach losgehen würde, ohne uns zu informieren.«
    » Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das tun würde«, erwiderte ich vorsichtig und überlegte, was ich von Jenny Shepherd wusste. Sie war zwölf Jahre alt, eine hübsche und fleißige Schülerin, die stets freundlich lächelte. Sie zeigte keinerlei Hang zu jenem rebellischen Zorn, wie ich ihn bei manchen der älteren Schülerinnen wahrnahm, denen es offenbar einen grausamen Genuss bereitete, ihre Eltern in Sorge zu versetzen. Vor lauter Angst um sie hatte ich einen Kloß im Hals, waren mir doch seine Worte– seit zwei Tagen vermisst – so schmerzlich vertraut. Ich musste mich räuspern, ehe ich fragen konnte: » Nimmt man Ihr Anliegen bei der Polizei denn inzwischen ernst?«
    Er lachte nervös auf. » Oh, selbstverständlich. Seit der Hund aufgetaucht ist, nehmen sie mich durchaus für voll.«
    » Der Hund?«
    » Samstagabend war sie mit dem Hund draußen. Sie hat einen kleinen Westie– einen West Highland Terrier. Es gehört zu ihren Aufgaben, ihn zweimal am Tag auszuführen, es sei denn, sie ist aus triftigem Grund verhindert. Das war eine der Bedingungen, auf die sie sich einlassen musste, ehe wir den Hund angeschafft haben. Sie sollte Verantwortung für ihn übernehmen.« Er lehnte sich an die Fensterbank und wirkte plötzlich sehr matt. » Und das hat sie auch getan. Sie geht wirklich ganz wunderbar mit diesem Tier um. Auch bei schlechtem Wetter oder

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