Die Vernetzung der Welt: Ein Blick in unsere Zukunft (German Edition)
verzeichnen, doch bei der Eindämmung der Rekrutenflut waren sie weit weniger effektiv. Wie General Stanley McChrystal, der ehemalige Oberbefehlshaber der US -Streitkräfte in Afghanistan, im Januar 2010 in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin
Der Spiegel
sagte: «Der Terrorismus lässt sich vor allem mit zwei Dingen besiegen: Rechtsstaatlichkeit und Hoffnung für die Menschen. Mit der Rechtsstaatlichkeit entsteht eine Umgebung, in der terroristische Aktivitäten schwer durchführbar sind. Und mit der Hoffnung, zum Beispiel der Aussicht auf Bildung und Arbeit, wird eine der wichtigsten Ursachen des Terrorismus beseitigt. Das heißt, Terrorismus bekämpft man nicht mit Militäreinsätzen, sondern indem man die Grundvoraussetzungen für Entwicklung im Land schafft.» [300]
Mit dieser Erkenntnis zeigt McChrystal Möglichkeiten für technologisch Interessierte und Unternehmen auf, denn es gibt kaum einen besseren Weg, die Lebensqualität zu verbessern, als den Ausbau der Vernetzung. Die Vorteile der Kommunikationstechnologie – wirtschaftliche Chancen, Unterhaltung, Informationsfreiheit sowie größere Transparenz und Demokratie – leisten einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Radikalisierung. Sobald ein großes Segment der Bevölkerung online ist, lässt sich die virtuelle Gemeinschaft vor Ort mobilisieren, sich gegen Terrorgruppen zur Wehr zu setzen und ihre Angehörigen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Extremismus wird mehr Kritiker als Befürworter finden. Mit der Vernetzung vergrößern die Fanatiker zwar ihre Reichweite, aber sie werden mit ihren Predigten auch auf mehr Widerspruch stoßen. Sämtliche Begleiterscheinungen einer aktiven Onlinesphäre – mehr Diskussion, mehr Meinungen, mehr Standpunkte – werden unter den jungen und formbaren Menschen Zweifel säen und das kritische Denken fördern. Noch empfänglicher wären sie natürlich, wenn mit der Vernetzung gleichzeitig mehr Arbeitsplätze einhergingen.
Die wirkungsvollste Strategie zur Bekämpfung der Radikalisierung wird sich auf den neuen virtuellen Raum konzentrieren und versuchen, jungen Menschen Alternativen und Ablenkung zu bieten, die sie davon abhalten, sich dem Extremismus als letztem Mittel zuzuwenden. An diesem Projekt sollten sich Akteure aus allen Bereichen der Gesellschaft beteiligen, der Staat genauso wie die Wirtschaft sowie Kooperationen zwischen Aktivisten vor Ort und im Ausland. Bei dieser Kampagne wird die Mobiltechnologie eine herausragende Rolle spielen, da die meisten Menschen über Smartphones Zugang zum Internet haben. Telefone sind multifunktionale und sehr persönliche Geräte, sie sind Statussymbole, auf die sich ihre Besitzer verlassen und die sie sehr schätzen. Folglich sind sie ein gutes Mittel, um desillusionierte Jugendliche zu erreichen.
Die neuen Inhalte werden nur zu einem kleinen Teil von westlichen Unternehmen und Regierungen stammen. Die besten Lösungen werden vor Ort von den Menschen entwickelt, die das Umfeld am besten kennen. Wenn wir Portale schaffen, von denen wir lediglich hoffen, dass sie die gefährdeten Jugendlichen erreichen, dann ist das ähnlich sinnlos, als würden wir Propaganda aus dem Flugzeug abwerfen.
Aber Außenstehende müssen gar keine Inhalte schaffen – es reicht, wenn sie den Platz dafür bieten. Wenn sie eine Stadt vernetzen und den Menschen die ersten Werkzeuge an die Hand geben, übernehmen sie den Rest der Arbeit. Verschiedene Technologieunternehmen haben Startup-Sets entwickelt, mit denen Nutzer eigene Anwendungen programmieren können. Amazon Web Services und Google App Engine sind nur zwei Beispiele, es werden viele weitere folgen. Es ist ein geniales Geschäftsmodell, den Raum anzubieten, auf dem andere ihre Unternehmen, Spiele, Portale und Organisationen entwickeln können. Auf diese Weise kann ein Unternehmen sicherstellen, dass seine Produkte genutzt und seine Marke gestärkt wird, während die Nutzer das hervorbringen, was sie tatsächlich interessiert. Somalis werden Apps entwickeln, um die Radikalisierung in Somalia zu bekämpfen, und Ähnliches wird in Pakistan passieren. Die Menschen vor Ort werden mehr Möglichkeiten bekommen, kleine Unternehmen zu gründen und gleichzeitig soziale Netzwerke für ihre Jugendlichen zu schaffen. Der Schlüssel sind Angebote, die Nutzer ohne umfassende technische Vorkenntnisse einfach auf ihre Situation zuschneiden können. Public-private Partnerships mit Aktivisten und Einflussträgern vor Ort werden diesen Prozess
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