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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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dazu werde beitragen können, diese falsche Fährte aus Worten zu legen. Sollte meine Stimme nicht unverhofft früh zurückkehren, wird Aureljo das meiste übernehmen müssen, denn Dantorian spricht generell nicht viel und Tomma wird man die Lüge vermutlich an den Augen ablesen können.
    »Nach dem Feuer macht ihr euch nach Norden auf, für Tycho stellen wir eine Trage bereit. Ich und Sandor werden euch das Stück bis zum Eintritt unter die Erde begleiten und wir werden die Einzigen sein, die wissen, wo ihr seid.«
    Erstaunlich, wie sehr es mich beruhigt, dass Sandor in den Plan eingeweiht ist. Er würde nicht zustimmen, wenn es eine Falle wäre.
    Im Moment führt er ein intensives Gespräch mit Fürst Vilem und ich müsste mich sehr täuschen, wenn sie nicht über uns sprächen.
    Er spürt meinen Blick sofort, wendet blitzschnell den Kopf zu mir. Jägerinstinkt. Ich deute ein Lächeln an, das als Entschuldigung gedacht ist für meinen unausgesprochenen Verdacht.
    Beinahe erwidert er es. Beinahe.
     
    Viel ist es nicht, was wir am nächsten Tag an Habseligkeiten zusammenzupacken haben. Ein paar Kleidungsstücke und Gebrauchsgegenstände, die wir von den Dornen bekommen haben. Ich werde den Jagdbogen behalten und jede Möglichkeit ergreifen, damit zu üben.
    Ein kleiner Teil meiner Stimme ist zurückgekehrt, ich kann einzelne Worte krächzen, unter Schmerzen, aber immerhin.
    Lennis schüttelt meine Hand und wünscht mir Glück. »Schade, dass ihr nicht bleiben könnt. Wenn man sich eingewöhnt hat, lebt man gut hier. Welche Richtung werdet ihr einschlagen?«
    »… Fluss entlang«, presse ich hervor.
    »Ah. Ja, das ist sicher vernünftig. Aber keine Sorge, wenn mich jemand fragt, sage ich, ihr seid nach Osten gezogen.«
    Lore gehört zu den wenigen, denen unser Abschied leidtut. Dinah hingegen ist sichtlich froh.
    »Wurde auch Zeit«, erklärt sie. »Ihr zieht das Unglück an wie das Blut die Wölfe. Geht zurück zu den anderen Lieblingen. Jeder zu seinem Clan, sagt Mutter immer.«
    Andris sieht beinahe gerührt aus, als er unser Gepäck kontrolliert, um sicherzugehen, dass wir den Dornen nichts Wertvolles gestohlen haben.
    »Warst eine brauchbare Sammlerin«, sagt er und legt mir seine Pranke auf die Schulter. »Für einen Liebling.«
     
    Noch bevor die Dämmerung rötliche Schlieren durch die Wolken am Horizont zieht, führen sie uns zu Fleming. Es ist eine kleine, kühle Kammer nahe dem Keller, in dem wir bis vor Kurzem gewohnt haben.
    Quirin ist nicht mitgekommen, aber Sandor und Fiore begleiten uns bis zur Tür, ebenso die zwei Jäger, die Tycho tragen.
    »Ich will aufstehen«, verlangt er.
    Bei den Schwarzdornen respektiert man offenbar auch Wünsche, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen, denn Sandor greift ohne zu zögern nach Tychos Arm und stützt ihn.
    Schon bevor wir eintreten, ist mir zum Weinen zumute. Es ist das letzte Mal, dass wir Fleming sehen werden, für ihn gibt es keine Chance mehr auf einen Neuanfang. Keine Chance auf irgendetwas.
    Fleming, so hochgewachsen, wirkt im Tod kleiner. Sie haben ihn auf eine Art Liege gebettet, sein Kopf ist ein wenig zur Seite gedreht, als würde er lieber die Wand betrachten als uns. Seine Haut hat seit gestern ihre Farbe geändert, sie ist gelblich und fahl wie das Wachs alter Kerzen.
    Ich bemühe mich um Haltung, Tomma dagegen schluchzt haltlos und klammert sich an Dantorian, der kaum zu Fleming hinsehen kann, immer wieder den Blick abwendet. Seine Unterlippe bebt.
    »In einer halben Stunde kommen wir zurück«, sagt Sandor leise. Er tritt in die Mitte der Kammer, neigt den Kopf vor dem Toten, dann dreht er sich um und geht. Fiore und die Jäger folgen ihm.
    Die Stille, die sich nach dem Verhallen ihrer Schritte über uns legt, ist schwer wie nasser Schnee. Jemand wird etwas sagen müssen, Aureljo wahrscheinlich, doch es ist Tycho, der als Erster das Wort ergreift.
    »Fleming hat mich versorgt, als ich verletzt war. Er ist getötet worden, weil er mir Medikamente holen wollte.« An dieser Stelle schwankt seine Stimme, doch er fängt sich schnell. »Ich werde ihn nicht vergessen und alles tun, um seinen Ruf in den Sphären wiederherzustellen. Er war kein Verschwörer, ebenso wenig wie ich. Er hätte nicht sterben dürfen.« Das Stehen fällt Tycho noch schwer, durch den Blutverlust ist sein Kreislauf geschwächt. Er schwankt, stützt sich an der Wand ab und lässt sich dann langsam zu Boden sinken.
    Ich würde auch gern etwas sagen, über Flemings

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