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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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als sie auf Fleming herabtropfen und auf den Boden, wo sie sich mit Blut vermischen.
    »Er wo … wollte doch nur … nur Tabletten holen, wieso …«
    Ich wünschte, Tomma würde still sein. Ich brauche Zeit, um zu begreifen, was ich sehe. Vor zwanzig Minuten hat Fleming noch in der Halle gestanden, hat Tychos Verband neu angelegt, hat mit Aureljo gestritten.
    Alles in mir sträubt sich, wehrt sich gegen die Realität, obwohl mein Kopf es besser weiß. In einem Moment am Leben, im nächsten nicht mehr. So funktioniert der Tod, da gibt es keinen Prolog und keine Vorbereitung.
    Jemand sollte Flemings Augen schließen. Ich hebe meine Hand und bin erstaunt, wie sehr sie zittert. Als würde ich unter Schüttellähmung leiden.
    Langsam, sage ich mir. Langsam, du kannst das. Ruhig.
    Ein Geräusch an der Tür, ich fahre herum, ein lautloser, erschrockener Schrei lässt meine Kehle brennen wie Feuer.
    Die Sentinel sind noch da, natürlich! Und nun erledigen sie die nächsten zwei Verschwörer.
    Doch in der Tür steht nur Sandor, mit fassungslosem Gesicht. Aber er fängt sich deutlich schneller als ich, sein Blick berührt den Toten nur kurz und prüft dann sofort jede Ecke im Zimmer. »Habt ihr jemanden gesehen?«
    »N … n … nein«, stammelt Tomma. »Ich w … war als Erste hier und h … h … habe ihn …«
    »Du hast ihn gefunden, ja?« So weich habe ich Sandors Stimme noch nie gehört.
    Tomma nickt und wischt sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Hast du jemanden weglaufen gesehen? Oder ist dir auf dem Weg jemand entgegengekommen?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Nur ein paar von den Näherinnen.«
    Sandor steckt zwei Finger in den Mund und pfeift. Kurz darauf hallen Laufschritte über den Flur und drei Männer erscheinen in der Tür.
    »Than?«
    »Sucht das Gebäude und die Häuser rundum ab, die ganze Gegend, achtet auf Sentinel, Schlitzer oder Scharten. Kann sein, dass sie sich versteckt halten und warten, bis es dunkel wird, bevor sie sich aus dem Staub machen. Holt euch weitere Männer zur Unterstützung, ich komme auch gleich. Und nehmt Tomma mit, Yann soll sich um sie kümmern.« Er hilft Tomma hoch und kniet sich neben mich. Die Art, wie er nach Flemings Puls sucht, wie er sich ruhig und ohne Hast ein Bild von der Situation macht, lässt mich vermuten, dass er das schon öfter getan hat.
    Ich spüre, dass er mich von der Seite ansieht.
    »Du weißt, dass er tot ist, nicht?« Immer noch dieser sanfte Ton, der mich gleich dazu bringen wird, mich an seine Schulter zu lehnen und meinen Tränen vollends freien Lauf zu lassen.
    Dann allerdings sehe ich das Messer.
    Der Griff ist so kurz, dass ich ihn bisher nicht entdeckt habe, er ragt kaum mehr als fünf Zentimeter zwischen den Falten von Flemings Kleidung hervor. Wie die Waffe eines Sentinel sieht das aber nicht aus, eher wie die, mit der Sandor gestern seinen Gegner getötet hat. Automatisch rücke ich ein Stück von ihm ab und wische mir die Tränen aus den Augen, damit ich besser sehen kann. Steckt sein Messer noch im Gürtel?
    »Nein, ich war es nicht.« Das Einfühlsame ist aus Sandors Stimme verschwunden und durch Eis ersetzt worden. »Warum sollte ich?«
    Selbst wenn ich eine Antwort hätte, könnte ich sie ihm nicht geben, aber das ist auch gar nicht nötig. Ich will mich nicht von seinen Worten beschwichtigen lassen, sondern werde mich auf die Quelle verlassen, der ich vertraue: das Mienenspiel meines Gegenübers.
    Ich dränge alles zurück, die Angst, meinen Unglauben, die Trauer um Fleming, und konzentriere mich auf Sandors Gesicht.
    Nach außen hin zeigt er keine Empörung, eher so etwas wie … Stolz. Aber aufgrund der Art und Weise, wie er seine Lippen zusammenpresst, wirkt er beinahe verletzt.
    Unsere Blicke bohren sich ineinander. Gestern hat er mir das Leben gerettet. Warum sollte er heute einen von uns töten?
    Sandor wendet sich ab, bevor ich es tun kann. Mit einer schnellen Bewegung packt er den Messergriff und zieht daran.
    Angesichts des nassen Geräuschs, das die herausgleitende Klinge macht, dreht sich mir beinahe der Magen um.
    »Ein Sentinel-Messer, bei dem jemand den Griff ausgetauscht hat«, stellt er fest. »Gute Wahl. Kann jedem gehören, aber nicht jeder trifft mit nur einem Stich genau zwischen zwei Rippen hindurch ins Herz.«
    Natürlich fallen mir sofort die Exekutoren ein, die uns in der Magnetbahn überfallen haben – sie haben Prim-Waffen verwendet. Die gestern ein Seil. Nur Tycho ist von einer Schusswaffe niedergestreckt

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