Die Verschollene Flotte Der Hinterhalt
verdutzt an. »Sie braucht etwas Zeit. Jane Geary muss sich erst noch an alles gewöhnen, dann wird sie auch auf Ihre persönlichen Nachrichten antworten.«
Einen Moment lang schloss er die Augen. »Möglicherweise haben wir nicht so viel Zeit.«
»Das weiß jeder, sie auch. Denken Sie an Michael Geary. Er konnte sich wochenlang mit der Tatsache befassen, dass Sie noch leben, und erst dann haben Sie mit ihm gesprochen.«
»Und trotzdem hat er mich immer noch gehasst!«, sagte er, öffnete die Augen und musterte abermals die Sterne.
»Aber nicht am Ende, das haben Sie mir selbst gesagt. Ich habe auf die eine oder andere nichtautorisierte Weise den Funkverkehr der Dreadnaught überwacht. Daher weiß ich, dass Jane Geary mit verschiedenen befehlshabenden Offizieren dieser Flotte Kontakt aufgenommen hat. Offiziere, die Jane Geary kennt. Offiziere, die Sie kennen. Sie werden ihr von Ihnen erzählen, sie werden ihr sagen, wer Sie wirklich sind. Geben Sie ihr etwas Zeit, dann wird sie schon Kontakt mit Ihnen aufnehmen.«
»Diese anderen Offiziere sagen ihr, dass ich ihren Bruder im Syndik-Heimatsystem zurückgelassen habe und dass er wahrscheinlich tot ist.«
Desjani machte einen Schritt auf ihn zu und sagte in energischerem Tonfall: »Jane Geary ist eine Offizierin der Flotte. Sie kennt die Risiken so gut wie jeder von uns, sie kann Ihnen nicht die Schuld am Tod ihres Bruders geben, vorausgesetzt er ist tatsächlich umgekommen.«
Er lachte kurz traurig auf. »Sie gehen also davon aus, dass sie das Thema logisch angeht.«
»Mögen die lebenden Sterne verhindern, dass jemals ein Geary etwas logisch angeht!« Desjani schüttelte den Kopf. »Biologisch sind Sie jünger als sie, obwohl Sie ihr Großonkel sind. Sie sind der Berg, in dessen Schatten sie ihr ganzes Leben verbracht hat. Geben Sie ihr Zeit. «
»Okay, es ist ja auch nicht so, als hätte ich in der Zwischenzeit überhaupt nichts zu tun.«
»Stimmt genau.« Desjani sah sich um. »Soll ich die Junioroffiziere in Ihr Quartier schicken, damit Sie mit der Koordinierung beginnen können? Hier ist Platz genug.«
»Ja, sicher. Wie lange wird das dauern?«
»Geben Sie mir eine halbe Stunde, dann habe ich ein paar Junioroffiziere zusammen, die so aussehen, als hätten sie nichts zu tun.« Sie sah ihn einen Moment lang an. »Haben Sie für Jaylen Cresida zu Ihren Vorfahren gebetet?«
Prompt meldete sich Gearys schlechtes Gewissen zu Wort. So viel war zu tun gewesen, dass er das immer wieder verdrängt oder vor sich her geschoben hatte. »Nicht formal.«
»Warum gehen Sie nicht nach unten und erledigen Sie das, während ich mich um die Junioroffiziere kümmere?«
Der Vorschlag hörte sich eher nach einem Befehl an, aber trotzdem war es eine gute Idee und eine längst überfällige Pflicht; für Jaylen Cresida im Besonderen und für die vielen Matrosen im Allgemeinen, die bei diesem letzten Gefecht ihr Leben verloren hatten. »Ja, das werde ich machen.« Gemeinsam gingen sie zur Luke.
Bevor sie sich auf die Brücke begab, drehte sie sich zu ihm um. »Wir kehren doch zurück, nicht wahr?«
»So bald wie möglich«, versicherte er ihr. »Falls ich die Zustimmung bekomme.« Er musste an Riones Worte denken, die die Situation perfekt umrissen. »Wir müssen schnell siegen, sonst werden wir nie siegen.«
»Dann werden wir eben schnell siegen.«
»Ja, das werden wir.«
Oder bei dem Versuch sterben.
ENDE
Jack Campbell ist Offizier der U. S. Navy im Ruhestand. Im aktiven Dienst sammelte er viel Erfahrung, die er in seine SF-Romane einfließen lässt. FURCHTLOS ist sein erster Roman aus der Serie DIE VERSCHOLLENE FLOTTE, die zu den besten Reihen zeitgenössischer SF zählt. Campbell lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Maryland.
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