Die verschollene Flotte: Die Wächter: Roman (German Edition)
will einen weiten Bogen fliegen. Auch wenn es dann länger dauert als eigentlich nötig, will ich vermeiden, dass uns auf dem direkten Weg weitere Hindernisse erwarten.«
»Kein Problem, Admiral. Sollen wir dann auch sofort auf diesen Kurs einschwenken?«
»Nein, warten Sie damit noch. Ich möchte nicht mit der Invincible durch das System fliegen, solange die Marines ihre Arbeit noch nicht erledigt haben.«
Sein Blick kehrte zum Display zurück. Sobek verfügte nur über einen Sprungpunkt. Wer also durch das Hypernet-Portal hier eintraf und den Kurs auf sein nächstes Ziel nicht auf gleichem Weg nahm, der konnte nur nach Simur weiterreisen. Von dort konnte die Flotte nach Padronis springen und von dort nach Atalia, von wo aus das im Allianz-Gebiet gelegene Varandal-Sternensystem erreicht werden konnte. Kein allzu langer Weg, aber zu berechenbar für den Fall, dass die Syndiks weitere Fallen gestellt hatten. Es ist nicht nur Sobek, es ist auch das Problem, dass wir von Sobek aus keine Alternativen haben. Von Sobek nach Simur, von dort nach Padronis, wenn wir nach Hause gelangen wollen. Als wir das letzte Mal in Atalia waren, hat man dort mit der Syndik-Regierung nicht mehr zusammengearbeitet. Aber bis Atalia ist jedes System für uns ein Spießrutenlaufen.
Ein weiteres eingehendes Gespräch holte ihn aus seinen düsteren Gedanken über ihren Heimweg. Rione hatte wieder diesen frostigen Gesichtsausdruck, den sie immer dann zur Schau stellte, wenn sie extrem frustriert war. Zum Glück betraf ihre Laune nicht ihn.
»Wenn Sie erwarten, dass sich die Situation an Bord der Invincible mit Diplomatie oder Verhandlungen lösen lassen wird, dann sollten Sie andere Optionen in Erwägung ziehen«, sagte sie.
»Ich habe das nicht erwartet, ich habe das eher so gesehen, dass ein Versuch nicht schaden kann«, räumte Geary ein. »Sie sehen also keinen Grund für die Hoffnung, dass sich die Lage mit Worten anstelle von Taten lösen lässt?«
Rione schüttelte den Kopf. »Es mag an dieser Umgebung liegen, vielleicht auch an der Tatsache, dass diese Gruppe in einer ausweglosen Situation steckt. Auf jeden Fall will die Frau, mit der ich gesprochen habe, keinen Millimeter nachgeben, auch wenn sie einen verunsicherten Eindruck macht. Es ist so, als würde man mit Leuten reden, die mit dem Rücken zur Wand stehen. Sie wissen, sie können nicht entkommen, aber sie wollen auch nicht aufgeben. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie ihnen versprechen wollten, sie wie militärische Gefangene zu behandeln, sollten sie sich ergeben. Ich bin mir nicht sicher, dass Sie dieses Versprechen halten könnten, wenn wir mit ihnen erst einmal ins Allianz-Gebiet zurückgekehrt sind, aber das hat nichts bewirkt. Sie scheinen Versprechen von hochrangigen Offiziellen keinen Glauben zu schenken.«
»Natürlich nicht. Es sind Syndiks. Hat General Carabali Ihnen von den Hinweisen darauf erzählt, dass diese Leute mental manipuliert worden sein könnten?«
»Ja, allerdings kann ich aus meinen Gesprächen nicht ableiten, ob das stimmt oder nicht«, sagte Rione und ergänzte: »In Fällen wie diesen ist es eigentlich nicht möglich, einen Unterschied festzustellen, ob jemandem eine mentale Blockade implantiert wurde oder ob jemand von seiner Sache so überzeugt ist, dass er damit seinen eigenen Verstand blockiert.«
Geary fuhr sich durchs Haar und überlegte, was er tun konnte. »Glauben Sie, die haben tatsächlich eine Atombombe? Und falls ja, glauben Sie, die werden sie zünden?«
»Das sind gute Fragen, auf die ich keine guten Antworten habe«, entgegnete Rione.
Was auch sonst? »Hatten Sie den Eindruck, dass sie immer noch glauben, dass jemand kommt und sie rettet? Wissen sie, dass wir all ihre Shuttles zerstört haben?«
»Sie wissen das, was wir ihnen gesagt haben, Admiral. Dass sie es uns auch glauben, halte ich für unwahrscheinlich.«
Erschöpft nickte Geary. »Reden Sie bitte weiter mit ihnen.«
»Da Sie mich so freundlich bitten, werde ich das machen.« Sie verzog angewidert den Mund. »Ich werde mit ihnen reden, bis sie von den Marines getötet werden. Vielleicht wird sie das ja ablenken, und die Marines haben leichteres Spiel. Haben Sie schon mal mit jemandem in dem Moment gesprochen, als er starb?«
»Nein«, antwortete Geary.
»Ich auch nicht. Aber vielleicht ist es ja heute so weit. Ich habe den Verdacht, dass ich bald erfahre, wie sich das anfühlt.«
Er kniff die Augen zu und verzog den Mund, nachdem Rione das Gespräch beendet
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