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Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole

Titel: Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Townsend
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    Meine frisch verheirateten Eltern machen einen weniger verliebten Eindruck als letzte Woche. Meine Mutter hat gestern eine neue Brille bekommen und konnte meinen Vater zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder scharf sehen. Sie gestand mir, dass sie »geplättet« sei, »wie alt dein Vater aussieht. Was ist mit seinem Gesicht passiert?« Sie meinte, er sehe aus wie eine »Art Reptil«. Ich erklärte ihr, dass Tania Braithwaite während ihrer Ehe mit ihm darauf bestanden habe, dass er einmal die Woche ins Sonnenstudio gehe. Meine Mutter schnaubte verächtlich und sagte: »Das ist nicht das Einzige, worauf sie bestanden hat. Er hat auch ein paar Tricks im Bett gelernt, die mich nicht so begeistern.«

Donnerstag, 6. September
    Ich habe beschlossen, mich mit Brett in Verbindung zu setzen. Also lud ich meinen Vater nachmittags zum Tee ein. Bei Gurkensandwiches und einer Kanne Earl Grey fragte ich ihn geradeheraus, ob er irgendwelchen Kontakt zu seinem anderen Sohn habe. Zunächst wich er der Frage aus, indem er über die »tuntigen« Sandwiches und den Tee meckerte, der angeblich so »schlaff wie ein Matrosenarschloch« war. Schließlich vertraute er mir an, dass er Doreen Slater seit Bretts Geburt jede Woche 20 £ schicke. Bretts Stipendium für ein Anglistikstudium am Balliol College in Oxford habe ihn gefreut, weil er dadurch wöchentlich 20 Mäuse mehr zur Verfügung habe.
    Balliol College, Oxford! Wie hat er das gemacht? Seine Mutter war so blöde, dass sie glaubte, ein Semikolon wäre ein künstlicher Darmausgang. Ich habe an Brett geschrieben, c/o Balliol College. Unter diesen Umständen ist die Formalität eines Briefes erforderlich.

Montag, 10. September
    Arthur Askey Way
     
    Ein Brief aus Oxford! Ein Pergamentumschlag, adressiert an mich in erlesener, gestochen scharfer Schreibschrift. Darin ein dazu passender Briefbogen mit aufgedrucktem Kopf: Brett Mole, Balliol College, Oxford. Website: www.brettmole.com .

    Lieber Adrian,
    was für ein Spaß! Wir müssen uns unbedingt treffen und Klatschgeschichten über unseren gemeinsamen Vater austauschen. Wann bist du mal wieder in Oxford? Brüderliche Grüße,
    Brett
    Ich loggte mich unverzüglich auf www.brettmole ein und erfuhr mehr über meinen Halbbruder, als ich wissen wollte. Da waren Fotos von Brett beim Bergsteigen, Kajakfahren, Tennisspielen, Limbotanzen an einem Karibikstrand, als Model auf einem Laufsteg und beim Händeschütteln mit Prince Charles. Seine Website informierte mich darüber, dass Brett einsachtundachtzig groß ist, Kragengröße 41 und Schuhgröße 45 trägt.
    Auf einer weiteren Seite entdeckte ich, dass Brett seinen Schulabschluss mit einer Eins mit Stern absolviert hatte. In sämtlichen Fächern. Er hat einen Gedichtband mit dem Titel Blas die Kerze aus veröffentlicht. Die Rezensionen waren überschwänglich. Ich hasse ihn jetzt schon.
    Folgende Nachricht mailte ich ihm: »Lieber Brett, danke für Deinen Brief vom 10. dieses Monats. Leider bin ich nie in Oxford. Mit freundlichen Grüßen, Adrian (Mole).«
    Beunruhigenderweise schrieb Brett beinahe sofort zurück. »Hi, Brüderchen, mach mich baldmöglichst auf die Socken zum Zug nach Leicester. Komme gegen 16:00 Uhr bei dir vorbei.« Ich mailte zurück, ich hätte die Handwerker im Haus und Wasser, Strom und Sanitäranlagen seien abgestellt. Daher schlüge ich ihm vor, seinen Besuch um mindestens sechs Monate zu verschieben. Ich endete mit: »Bitte um Bestätigung, dass du nicht kommst.«

    Ich wartete über eine halbe Stunde neben dem Rechner, aber es kam keine Antwort. Es ist ja nicht so, dass ich mich dafür schäme, in einer Sozialwohnung in einer Proletensiedlung zu wohnen. Was die Graffiti und Autowracks betrifft, die bemerke ich kaum. Aber Brett wird das mit Sicherheit tun. Ich räumte auf, so gut es ging, und sortierte das Bücherregal um, damit Brett meine Vertrautheit mit Dostojewski, Tolstoi und Tschechow nicht entgehen konnte. Um 16:05 Uhr hörte ich das Taxi vorfahren, dann dröhnte eine selbstbewusste Stimme: »Wo ist mein Bruder?«

Sonntag, 23. September
    Arthur Askey Way
     
    Brett ist immer noch hier. Er behauptet, die Ereignisse vom 11. September hätten ihn traumatisiert und es ihm unmöglich gemacht, Transportmittel jeglicher Art zu benutzen. Beim Frühstück heute Morgen sagte er zu mir: »Ich könnte für immer hierbleiben, Adrian.« Er ist wahnsinnig klug und hat offenbar jedes Buch gelesen, das seit Erfindung des Buchdrucks je auf Englisch, Deutsch oder

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