Die Verschwoerung der Fuersten
Recht, Burggraf. Es wäre dumm von mir, noch etwas zu verschweigen. Ich mischte ein Gift in Fastradas Schlaftrunk, bevor die Magd den Becher in ihre Kammer brachte.«
Elgard sah auf, und eine Hand flog an ihren Mund. Bandolf runzelte argwöhnisch die Stirn.
»Und welches Gift habt Ihr benutzt?«, wollte er von Sigurt wissen.
»Das ist doch völlig ohne Bedeutung, Burggraf«, erwiderte Sigurt mit einem Schulterzucken. »Mehr habe ich nicht mehr zu sagen.«
In die Stille, die seinen Worten folgte, drangen die Glockenschläge, die zur Matutin riefen. Doch niemand rührte sich. Der junge König starrte auf das Schwert, das auf seinen Knien ruhte, und schien in schwere Gedanken versunken. Bischof Adalbero blies dem König ein paar Worte ins Ohr, was Heinrich mit einem irritierten Blinzeln zur Kenntnis nahm. Rudolf, der Herzog von Schwaben, beugte sich vor und raunte ihm etwas zu, doch Heinrich schüttelte den Kopf. Dann neigte sich Adalbert von Bremen zu ihm und gab wispernd seinen Rat. Nachdem er alle seine Berater angehört hatte, nickte Heinrich, griff nach dem Richtschwert und erhob sich mit strenger Miene:
»Sigurt von Siersberg, aufgrund Eurer abscheulichen Taten habt Ihr Euer Leben verwirkt. Um Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, soll Euer Kopf am Tag des Heiligen Lukas auf dem Richtplatz zu Worms fallen, wovor Euer Leib geschändet werden soll, wie Ihr Euer Opfer geschändet habt. Schafft ihn Uns aus den Augen.«
Seufzer der Erleichterung einerseits und Stöhnen der Bestürzung andererseits wurden laut, und König Heinrich musste die Stimme erheben, um gehört zu werden:
»Elgard von Siersberg, auch Ihr habt schwere Schuld auf Euch geladen, denn Ihr habt über die schändliche Tat Eures Bruders geschwiegen und seinem üblen Treiben Vorschub geleistet. Doch Wir wollen gnädig sein. Ihr sollt der Obhut der guten Schwestern von Mariamünster übergeben werden. Dort sollt Ihr Euer Haar scheren, das Bußgewand tragen und für den Rest Eures Lebens Gott für Eure Sünden um Vergebung bitten.«
Elgard sank zusammen und starrte den König ungläubig an, der ungerührt weitersprach: »Des Weiteren verfügen Wir, dass Buße vom Hause von Blochen an den Grafen von Dachenrod zu entrichten ist, damit auch das Unrecht, das dessen Familie durch Ludgers Schändung der Jungfrau Hermia widerfahren ist, getilgt werde.«
Mit sichtlicher Erleichterung ließ sich der junge König auf seinen Stuhl zurückfallen.
König Heinrich entließ die Versammelten, und nach und nach leerte sich die Kammer. Seinen Burggrafen zu Worms hatte er aufgefordert, noch auf ein Wort zu bleiben. Zwar hatte Bandolf im Stillen gehofft, Heinrich würde sich mit den Erklärungen zufriedengeben, die während der Gerichtsversammlung gefallen waren, aber es überraschte ihn auch nicht, dass er sich geirrt hatte. War dem jungen König nicht schon aufgefallen, dass sein Burggraf einiges ausgelassen hatte, so bestimmt Seiner schlauen Eminenz, Adalbert von Bremen. Auch war er nicht erstaunt, dass Heinrich die Heilerin zu sehen wünschte, von der Bandolf bei seiner Audienz gesprochen hatte.
Garsende, die bereits damit geehrt worden war, dass der König auf dem Bankett ein kurzes Wort an sie gerichtet hatte, warf Bandolf einen fragenden Blick zu, als sie in die Kammer trat und ihn allein mit König Heinrich und seiner Leibwache vorfand. Ehrerbietig sank sie vor dem König in die Knie.
»Du bist also die Heilerin, von der Unser Burggraf gesprochen hat? Er berichtete Uns, dass du Anteil an den Geschehnissen hattest und Uns einen Dienst erwiesen hast«, sagte Heinrich und musterte Garsende neugierig. Was er sah, schien ihn zu beeindrucken. Er nickte.
»Mein Anteil war bescheiden, Hoheit«, antwortete Garsende leise.
»Dennoch Unseres Dankes würdig. Wir werden das im Gedächtnis behalten«, erklärte der junge König.
Garsende hob ihren Kopf. Ein Hauch von Röte belebte ihre herben Züge, und sie lächelte. »Ihr erweist mir viel Güte, Hoheit. Ich danke Euch.«
»Du kannst dich erheben.«
Garsende stand auf, und während sie, wie es sich gehörte, ein paar Schritte zurücktrat, warf sie dem Burggrafen einen strahlenden Blick zu, den Bandolf mit einem verlegenen Brummen quittierte.
Als hätte er am heutigen Tag schon genügend majestätische Würde gezeigt, sprang Heinrich von seinem Stuhl auf. Er trat zu einem der Kohlebecken, und während er sich die Hände über der Glut wärmte, bedachte er seinen Burggrafen mit einem knabenhaften Lächeln.
Weitere Kostenlose Bücher