Die Verschwoerung der Fuersten
verfiel in brütendes Schweigen.
»Wieso haben Anno und seine Schergen keinen anderen geschickt, um Adalbert zu töten, nachdem Ludger tot war?«, fragte er endlich.
»Der Mord an Ludger muss den Verschwörern einiges Kopfzerbrechen bereitet haben«, antwortete Bandolf lächelnd. »Sie mussten befürchten, dass ihr Vorhaben von Euren Leuten entdeckt worden war und Ludger deshalb beseitigt wurde. Als dann aber nichts weiter geschah, beschlossen sie vermutlich, die Dinge vorläufig auf sich beruhen zu lassen.«
»Und Anno von Köln reiste ab wie ein Hasenfuß«, rief Heinrich. Die Vorstellung schien ihn zu erheitern und zauberte ein schadenfrohes Grinsen auf sein Gesicht. Er schwieg, und Bandolf beobachtete beunruhigt, wie Heinrichs
Stimmung wieder umschlug. Zorn färbte seine Wangen rot, und ein unheilvolles Funkeln trat in seine Augen. Plötzlich schrie er unbeherrscht: »Ein schnöder Verrat ist das! Dafür sollen sie mir büßen. Ich werde sie aus dem Reich verbannen lassen. Allesamt! Das wird die Fürsten lehren, sich über mich zu stellen. Nein, besser noch, ich werde sie alle dem Henker übergeben!« In seiner Wut trat er so heftig gegen einen Schemel, der neben dem Kohlebecken stand, dass er krachend gegen die Wand flog und das Holz splitterte. Über seinen Kopf hinweg tauschte Bandolf einen beredten Blick mit Garsende, in deren Gesicht er Bestürzung sah.
»Das könntet Ihr vielleicht tun«, bemerkte Bandolf vorsichtig, »wenn es auch nur einen Zeugen gäbe. Ich habe keinen solchen gefunden, und es gibt auch nicht den geringsten Beweis mehr dafür, wer im ersten Glied verantwortlich für den Anschlag auf das Leben Adalberts von Bremen war.«
Das brachte den König zum Schweigen, und er starrte finster vor sich hin. Sein Kiefer mahlte. Auch Bandolf schwieg und betrachtete unbehaglich seine Stiefelspitzen.
»Wollt Ihr damit sagen, die hinterhältigen Verschwörer werden mir ihren Verrat nicht büßen?«, knirschte Heinrich endlich. Er fuhr herum und fragte zornig: »Und du? Denkst du auch, ich soll die Schurken, die mir den Dolch ins Herz gestoßen haben, ziehen lassen, als wäre nichts geschehen?«
Garsende hob überrascht den Kopf und brauchte offenkundig einen Moment, um zu begreifen, dass der junge König eine Antwort von ihr erwartete. Hörbar schöpfte sie Atem, sagte dann aber mit ruhiger Stimme: »Ich glaube, der Burggraf hat Recht. Die einzige Verbindung zu Erzbischof Anno von Köln und seinen Mitverschwörern scheint die Elfenbeinkette zu sein, von der die Rede gewesen ist. Doch diese Kette wurde gestohlen. So habt Ihr nichts als
Eure Gewissheit, Hoheit, was eine Bestrafung der Fürsten begründen würde.«
»Doch dieses Wissen kann Euch dennoch von Nutzen sein«, bekräftigte Bandolf.
Eine der Fackeln an den Wänden erlosch mit einem Zischen, während König Heinrich dumpf vor sich hin brütete. In seinem jungen Gesicht war deutlich zu lesen, wie er mit seinem Durst nach Rache kämpfte.
Schließlich hob er den Kopf und straffte sich. »Ihr dürft Euch entfernen. Eure Worte werden Wir im Gedächtnis behalten«, erklärte er mit Würde, die jedoch über den schwelenden Zorn hinter seinem Lächeln nicht hinwegtäuschen konnte.
Bandolf beugte sein Knie, und auch Garsende fiel in einen tiefen Knicks. Als sie sich erhoben, winkte der junge König wortlos eine seiner Leibwachen herbei, die dem Burggrafen eine gesiegelte Schriftrolle überreichte. Bandolf dankte, und als er mit Garsende neben sich die Tür passierte, hörte er ihr erleichtertes Aufatmen.
Die dünne Schwanzspitze einer Maus lugte unter dem Laub hervor, mit dem der Pfalzhof bedeckt war. Die Blätter raschelten. Mit ihren Augen, die im Dunkeln wie zwei Öllämpchen leuchteten, verfolgte Penelope jede noch so winzige Bewegung, die ihre Beute verursachte. Sie kauerte sich eng auf den Boden, und ihr eigener, aufgebauschter Schwanz zitterte. Die Katze war bereit zum tödlichen Sprung.
Als eine Tür knarrte und Schritte zu hören waren, drehte sie ihre Ohren in die Richtung des Geräuschs, ohne den Mäuseschwanz aus den Augen zu lassen. Dann sprang sie. Aber die Maus schlug einen Haken, suchte blitzartig das Weite, und Penelope machte einen Satz ins Leere. Augenscheinlich irritiert, suchte sie den Boden ab, doch die Maus war verschwunden. Die Katze maunzte, dann setzte sie
sich auf und spähte dem Burggrafen und der Heilerin entgegen.
»Nimm das an dich und verwahre es gut«, sagte Bandolf, und die Lampe in seiner Hand schwankte,
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