Die Verschwörung des Bösen
nämlich weder Versäumnisse noch Nachlässigkeiten.
Kein süßes Gebäck auf den niedrigen Tischchen, weniger Kissen, mehr Schlichtheit… Der Libanese versuchte mit allen Mitteln, dem Tadel des Propheten zu entgehen.
»Gib mir Salz.«
»Sofort, Herr!«
Mit verächtlicher Miene sah sich der Prophet im Wohnzimmer des Libanesen um. Wozu dieser ganze Prunk?
Vom wahren Glauben geleitet, würde ihn die neue Gesellschaft auslöschen.
Der Kaufmann kam mit einer Schale zurück. »Bitte, die Blume der Oasen.«
Und der Prophet löschte seinen Durst mit Seths Geifer.
»Was hast du mir zu sagen?«
»Es sind zwar nur Gerüchte, aber sie halten sich so hartnäckig, dass vermutlich etwas Wahres daran ist. Der oberste Herr über die ägyptischen Sicherheitskräfte, Sobek der Beschützer, wird verdächtigt, die Regeln für den Schiffsverkehr willkürlich zu ändern. Dadurch hat die Beziehung zwischen ihm und Chnum-Hotep sehr gelitten.«
»Glaubst du, dass Sobek käuflich ist?«
»Auf keinen Fall. Er ist durch und durch gestrenger Bewacher und Beschützer, und vollkommen unbestechlich. Da versucht einer, seinen Ruf zu beschädigen, damit er seine Stellung verliert.«
»Denkst du an jemand Bestimmten?«
»Nein, Herr. Aber ich kümmere mich darum, kann aber nicht versprechen, ob ich es herausfinde. Jemand, der es wagt, Sobek anzugreifen, muss ebenso boshaft wie klug sein.«
»Könnte es sein, dass der Wesir falschen Beschuldigungen Glauben schenkt?«
»Sehr unwahrscheinlich, aber Chnum-Hotep wacht mit unnachgiebigem Blick über die Einhaltung der Gesetze und gilt nicht umsonst als streng. Liefert man ihm einen schönen Beweis, der überzeugend gefälscht ist, wäre er gewissermaßen gezwungen, Sobek zu entlassen. Und wenn der auf einmal fehlt, ist das gesamte Sicherheitsgefüge, zumindest vorübergehend, erschüttert. Und damit wäre Sesostris verwundbar.«
24
Iker war gern bei Tagesanbruch im Tempel. Nach der morgendlichen Reinigung am Opferdienst teilzunehmen, erfüllte ihn mit einer heiteren Gelassenheit, die ihn jedes Mal aufs Neue erstaunte. Während er den heiligen See betrachtete, vergaß er seine Ängste und sogar seinen schrecklichen Plan vorübergehend. Alles schien wieder friedlich, so als gäbe es das Böse nicht mehr.
Doch plötzlich wurde das Ritual gestört, und die Wirklichkeit kehrte unsanft in sein Leben zurück.
»Du siehst müde aus«, sagte der Oberpriester. »Du hast den Astronomen jetzt lange genug geholfen. Ich hätte eine neue Aufgabe für dich, weiß aber nicht, ob sie einem Freund des Rechts und der Schriftkunst zusagt. Andererseits sollte sich ein Schreiber doch in allen Bereichen ausbilden lassen, nicht wahr?«
»Ich stehe zu Eurer Verfügung.«
»Gehorsam ist meines Erachtens eine der wichtigsten Vorzüge, Iker, und du hast davon im Überfluss. Ab heute bist du für die Fleischüberwachung zuständig.«
Diese Entscheidung bedrückte Iker sehr. Dabei zusehen zu müssen, wie Tiere getötet wurden, war ihm unerträglich. Er dachte an seinen Esel Nordwind, den er aus Kahun nicht hatte mitnehmen können und den er bei Sekari in guten Händen wusste.
Mit bleicher Miene begab sich Iker widerwillig zum Arbeitsplatz der Opferschiachter – einer Mischung aus Schlachthaus und Fleischerei. Die Männer, die dort arbeiteten, waren an rohes Schlachten und den traurigen Blick der Rinder gewöhnt, die ihr Schicksal ahnten. Sie blieben gern unter sich und hielten sich vom Umgang mit den Kopfarbeitern in ihren makellosen Gewändern lieber fern. Schwächlinge und Jammerlappen waren ihnen ein Gräuel.
Iker kam, als sie gerade Pause machten und sich gegrillte Koteletts schmecken ließen. Ohne ihre Mahlzeit zu unterbrechen, beäugten sie den Eindringling misstrauisch.
»Wer bist denn du?«, fragte ihn schließlich der Metzgermeister, ein kräftiger grauhaariger Vierzigjähriger.
»Iker, der neue Fleischaufseher.«
»Aha, wieder so ein Federfuchser, der uns für Betrüger hält…
Hast du schon gegessen?«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Magst du etwa kein Fleisch vom Rost?«
»Doch, schon… aber nicht jetzt.«
»Ah, ich weiß schon, unsere Arbeit schmeckt dir nicht, habe ich Recht? Da bist du nicht der Einzige, mein Junge! Trotzdem muss es Leute geben, die wissen, wie man Tiere fachgerecht schlachtet, und uns Fleischfresser mit guter Nahrung versorgen.«
»Ich will Eure Arbeit auf keinen Fall schlecht machen, gestehe aber, dass mir das schwer fällt.«
»Mach dir keine Sorgen! Jetzt setz dich
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