Die Verschwörung des Bösen
schließlich auch für die Sicherheit des Pharaos zuständig bist.«
»Glaubst du denn, dass Sesostris in Gefahr ist?«
»Noch bin ich auf deiner Seite, aber weitere Zwischenfälle kann ich nicht dulden.«
Iker verbrachte seine Zeit zur Hälfte als zeitweiliger Priester im Ptah-Tempel, zur anderen Hälfte in der Rechtsschule des Wesirs. Wegen seiner zurückhaltenden und gewissenhaften Art war er überall gut angesehen. Iker verkehrte mit dem obersten Gottesdiener, dem Hüter der Mysterien, dem Verwalter der Gewänder, den Ritualisten, den Buchhaltern sowie den Aufsehern der Getreidespeicher und des Viehbestands. Aber keiner dieser Würdenträger, die mit den jungen Schreibern eigentlich auch nicht zu viel zu tun haben wollten, verriet ihm, was er wissen wollte: die Gewohnheiten des Pharaos und wie man in seine Nähe gelangte. Wahrscheinlich wäre es am besten, nichts zu überstürzen und eine günstige Gelegenheit abzuwarten. Aber wie lange musste er sich wohl noch gedulden?
Am Ende einer Unterrichtsstunde über den Königlichen Rat und seine Mitglieder teilte ihnen der Lehrer eine Neuigkeit mit, die Iker begeisterte: Die drei besten Schüler würden dem Träger des Königlichen Siegels vorgestellt, der sie dann für gewöhnlich zu Sesostris brachte, damit sie ihm zeigen konnten, was sie gelernt hatten. Diese drei Schreiber sollten dem Pharao dann Verbesserungsvorschläge unterbreiten, mit denen sich die Gesetzgebung vereinfachen ließe.
Iker schlief nur noch so viel wie unbedingt notwendig. Er hatte sich als Sachgebiet die Verwaltung der Getreidespeicher ausgesucht und schlug vor, dass in den großen Städten mehr Vorräte angelegt und deren Verteilung im Falle von Missernten erleichtert werden sollten. Bisher hielt man aus Nachlässigkeit an Unrechten Bestimmungen fest.
Schließlich wurden die Abschlussergebnisse verkündet. Unter den ersten beiden Namen, die der Lehrer nannte, war er nicht. Aber der dritte und letzte…
Ein Schüler versetzte ihm einen unsanften Stoß.
»Schläfst du etwa, Iker? Man könnte glauben, dass dich das völlig kalt lässt! Dabei haben wir doch alle davon geträumt. Und jetzt gehörst du zu den Auserwählten, die den Pharao sehen dürfen!«
Die Mitschüler waren keine Spielverderber und
beglückwünschten die Sieger herzlich.
Augenblicklich dachte Iker daran, wie er sich auf den Pharao stürzen würde, um ihn zu erdolchen.
Obwohl die drei Rechtsschüler tadellos gekleidet waren, ordentlich geschnittene kurze Perücken und Ledersandalen trugen, konnten sie ihre Aufregung doch nur schlecht verbergen.
Als Iker den Dolch unter seinen Kleidern versteckte, wurde er plötzlich unsicher. Wurden nicht alle Besucher, die in den Palast wollten, durchsucht? Wenn man die Waffe bei ihm entdecken sollte, würde er auf der Stelle festgenommen und eingesperrt.
Weil er den Dolch nicht mitnehmen durfte, hatte Iker also keine Waffe, mit der er das Ungeheuer hätte töten können. Dann musste er sich eben das Schwert einer Wache holen und blitzschnell handeln.
Die Durchsuchung verlief ohne Zwischenfall, dann führten ein Sekretär und ein Wachmann die kleine Gruppe in Sehoteps Sprechzimmer.
»Fasst euch kurz«, empfahl ihnen ihr Lehrer noch, »der Träger des Königlichen Siegels hat nicht viel Zeit.«
Sehotep beeindruckte die jungen Männer zutiefst. Der erste fing auf einmal an zu stottern, der zweite ließ einen entscheidenden Hinweis aus, und auch Iker trug seine Vorschläge ziemlich wirr vor.
»Sehr nachdenkenswert, vielleicht werden wir den einen oder anderen Vorschlag übernehmen«, sagte Sehotep. »Ich wünsche Euren Schülern, dass sie noch viel Wissen ansammeln und sich außerdem besser zu beherrschen lernen.«
»Wann werdet Ihr sie dem Pharao vorstellen?«, fragte der Lehrer.
»Dieser Brauch ist heute nicht mehr üblich.«
Iker hatte zwei Schwierigkeiten zu überwinden: Irgendwie musste er den Palast mit seinem Dolch betreten und dann in die Nähe des Königs gelangen können. Beide Hindernisse schienen unüberwindlich.
Doch der Schreiber wollte auf keinen Fall aufgeben. War ihm das Schicksal nicht bisher günstig gewesen? Sich in Memphis niederzulassen, war nicht gerade einfach, aber ihm hatten sich alle Türen geöffnet.
Er beschloss also, sich weiter wie ein Vorzeigeschüler und wie ein vorbildlicher Priester zu benehmen. Als ihm sein Lehrer dann eine langfristige Ausbildung anbot, willigte er sofort ein. Der Oberpriester des Ptah-Tempels bat ihn, die Astronomen zu
Weitere Kostenlose Bücher