Die Verschwörung des Bösen
beschäftigt.«
»Nein, ich habe ein paar Tage frei, ehe ich meine Stelle antreten muss.«
»Du wirst es nicht bereuen! Mit meiner Hilfe verwandelst du dich ganz schnell in einen echten Memphis-Kenner.«
Der Alte war ein gnadenloser Schwätzer. Er liebte es, sein belangloses Leben in allen Einzelheiten zu schildern und hatte dabei auch keinerlei Scheu, sich zu wiederholen. Bei ihrer Ankunft in Memphis wirkte er auf einmal um Jahre jünger.
»Da sind wir ja endlich! Schau dir den Hafen an, mit seinen endlosen Kais und den Hunderten von Schiffen. Alle Reichtümer landen hier. Und die Lagerhäuser sind die größten von ganz Ägypten! Ich schaue sehr gern den Hafenarbeitern zu.«
Das Ganze sah irgendwie aus wie ein Ameisenhaufen.
»Ich wohne hier ganz in der Nähe. Kannst du mein Gepäck tragen?«
Reichlich frech bahnte sich der Alte einen Weg durch die Menge, und Iker folgte ihm.
Was wäre aus ihm geworden, allein in dieser fremden Stadt?
Das Schicksal war ihm zu Hilfe geeilt.
Sein Reisegefährte wohnte in einem einfachen Viertel mit kleinen, zweistöckigen Häusern zwischen stattlicheren Anwesen. Auf der Straße spielten Kinder, die Hausfrauen tauschten Kochanleitungen aus und schwatzten, und ein Kuchenverkäufer rief seine Ware aus.
»Da sind wir«, sagte der Alte und öffnete eine Tür, auf die mit roter Farbe ein fröhlicher, bärtiger Bes gemalt war, der die bösen Geister vertreiben sollte.
Kaum hatte Iker das Haus betreten, schrak er zurück. Da war noch jemand. Der Schreiber stellte das Gepäck ab. Wie viele Männer erwarteten ihn wohl? Konnte er ihnen entkommen?
Mit einem Besen bewaffnet, tauchte eine kräftige ältere Frau auf.
»Das ist meine Haushälterin«, erklärte der Alte. »Sie kümmert sich um das Haus, wenn ich nicht da bin.«
»Ist das einer von Euren Söhnen?«, fragte sie misstrauisch.
»Nein, ein Schreiber, der eine neue Stelle in Memphis antritt. Ich lasse ihn eine Weile bei mir wohnen.«
»Hoffentlich ist er anständig, gut erzogen und macht nicht alles dreckig.«
»Mach dir keine Gedanken«, versprach Iker.
»Das sagt sich leicht… Wir werden ja sehen.«
»Dein Zimmer ist im ersten Stock«, sagte der Alte, »richte dich ein, dann gehen wir zum Essen in ein gutes Gasthaus.«
Sobald Iker allein war, holte er den Dolch aus seinem Gewand, legte ihn aufs Bett und sah ihn lange an. Nun gab es nichts mehr, was ihn noch von seinem Vorhaben abhalten konnte.
22
Der Kapitän des Getreidefrachters verspeiste gerade genüsslich eine Schale Kichererbsenbrei mit Knoblauch. In weniger als vier Stunden wären sie in Memphis, wo ihn eine brave Frau erwartete, die seine Geschichten liebte.
»Herr, die Flusswache ist in Sicht«, meldete ihm sein zweiter Matrose.
»Bist du sicher?«
»Ja, sie wollen, dass wir anlegen.«
Wütend ließ der Kapitän sein Essen stehen und eilte zum Bug.
Tatsächlich versperrte ihnen ein schnelles Boot mit einem Dutzend bewaffneter Männer an Bord den Weg.
»Wir müssen dein Schiff durchsuchen«, verlangte der Offizier.
»Auf wessen Befehl?«
»Der Befehl kommt von ganz oben, von Sobek dem
Beschützer.«
Der Kapitän kannte Sobeks Ruf und wollte sich lieber nicht mit ihm anlegen. Deshalb ließ er anlegen und erlaubte den Sicherheitskräften, sein Schiff zu betreten.
»Was ist denn eigentlich los?«
»Die Schifffahrtsregeln wurden geändert«, erklärte der Offizier. »Du musst dich bis morgen gedulden, ehe du in Memphis einlaufen darfst.«
»Du willst dich wohl über mich lustig machen! Ich muss mich schließlich an meine Lieferzeiten halten.«
»Deine Sache. Wir müssen die Ladung überprüfen.«
»Meine Unterlagen sind in Ordnung.«
»Das werden wir ja sehen… wenn du dich nicht sperrst.«
»Das ist nicht meine Art!«
»Na gut, dann zeig mir die Unterlagen, während meine Leute ihre Arbeit tun.«
Der Kapitän gehorchte.
Bei Einbruch der Dunkelheit wurde das Urteil gefällt: »Du wirst verschiedener Verstöße angeklagt«, beschied ihm der Offizier. »Dein Schiff ist in einem schlechten Zustand, du hast es überladen, und deine Mannschaft ist zu klein. Du darfst zwar weiterfahren, musst aber eine hohe Strafe zahlen.«
Als die Flusswachen endlich sein Schiff verlassen hatten, trommelte der Kapitän wütend auf die Reling. f »Das kann ja wohl nicht wahr sein! Auch Sobek hat kein Recht dazu, die Vorschriften nach Lust und Laune zu ändern. Ich werde den Wesir verständigen.«
Der Alte redete zwar ununterbrochen, war aber ein
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