Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
Vom Netzwerk:
entzünden.
    Als er wenig später aufstand, um die Kabbalisten und die Schule zu verlassen, da war ihm schwindlig aus Angst vor dem, was geschehen konnte.
     
     
    Joshua ben Shimon schlug Henri vor, ihn zu Ferrand de Tours zu begleiten. Henri stimmte zu. Und so gingen sie am nächsten Morgen, wie Henri ahnte, zum letzten Mal auf das Schulgelände.
    Henri konnte sich nicht mehr vorstellen, den Weg der Kabbala zu Ende zu gehen. Er spürte, dass die Kräfte, die er durch seine eigenen Beschwörungen mit herbeigerufen hatte, von ihm nicht zu beherrschen waren. Alles entglitt ihm. Aber auch Joshua zweifelte daran, dass die Kabbalisten in der Lage sein würden, ihr geheimes Wissen zur Abwehr des drohenden Unheils einzusetzen.
    Er wusste nicht, wie weit ihre Macht wirklich ging.
    Ferrand empfing sie mit einem hasserfüllten Gesicht. Er bedachte vor allem Joshua mit düsteren Blicken und weigerte sich, ihm die Hand zu reichen.
    Henri beschloss, ihm zu drohen. »Manuel ist verschwunden. Und auch Euch wird es so ergehen, Ferrand, wenn Ihr nicht zur Besinnung kommt und die unsinnigen Anklagen gegen die Judengemeinde von Toledo vergesst!«
    Ferrand schien an bitterer Galle zu ersticken. Er schrie sofort los: »Die Juden sind unser Unglück! Wir müssen sie im Heiligen Land genauso vernichten wie zu Hause. So, wie der Zug der Kreuzritter nach Palästina eine Spur der Verwüstung auch durch die jüdischen Siedlungen in der Heimat gezogen hat, so müssen wir jetzt unsere Auseinandersetzungen zu einem Speer gegen die Ungläubigen schmieden! Wir Christen müssen uns wehren!«
    »Ihr ruft zu Mord und Totschlag auf, Ferrand de Tours!«, sagte Joshua ruhig, und seine schmale, kleine Gestalt stand felsenfest vor dem blonden Hünen, wie König David einst vor Goliath gestanden hatte. »Die wirkliche Gefahr, das sind Menschen, wie Ihr es seid! Unduldsame, enge Geister!«
    Und Henri fügte hinzu: »Was der Mensch hasst, das fürchtet er. Es sind nicht die Juden, die Mordpläne hegen, es sind wir Christen! Ich selbst habe in Palästina gesehen, wie unschuldige Judenfamilien, beinahe ein ganzes Volk, ermordet wurden! Ich habe damals selbst gedacht, sie hätten es verdient. Ich will nicht noch einmal Schuld auf mich laden. Und ich flehe Euch an, Ferrand, tut auch Ihr nichts dergleichen.«
    Ferrand hatte sich wieder beruhigt. Aber sein tonloser Hass war noch schlimmer. Er sagte mit erstickter Stimme: »Die Juden sind Brunnenvergifter, sie waren es immer. Deshalb sind sie auch zur ewigen Sklaverei verdammt. Ich könnte diesen Juden hier«, er deutete auf Joshua, »erschlagen, ohne angeklagt zu werden. Papst Innozenz der Dritte hat sie für ihren Mord an Jesus Christus verdammt, und Thomas von Aquin hat sie zu Sklaven unserer Kirche erklärt, die über ihr Vermögen frei verfügen kann. Was ist ein Jude also wert? Nichts! Ebenso wenig wie sein Besitz. Wir werden sie erschlagen, bevor sie uns töten können!«
    »Habt Ihr kein Herz, Ferrand?«, fragte Henri mutlos. »Sagt Euch nicht eine innere Stimme, dass es Unrecht ist, was Ihr sprecht? Die Juden sind Menschen wie wir, die Rechte, die Gott allen verlieh, gelten auch für sie.«
    »Das bezweifle ich! Da die Juden Ritualmorde an Christen begangen haben und noch immer begehen, haben sie alle Rechte verwirkt!«
    »Christen töten Juden«, sagte Joshua, »das war in allen Pogromen so, nicht umgekehrt.«
    »Sie halten Schwarze Messen ab, in denen die Hostie geschändet wird! Ihre Mordlust ist eine zwanghafte Wiederholung der Kreuzigung Christi, denn sie müssen immer wieder das Blut des Messias trinken! Juden sind Abschaum!«
    »Ihr seid nicht bei Sinnen, Ferrand«, sagte Joshua betroffen.
    »Warum tragt Ihr nicht Euren runden, gelben Filz, das Abzeichen, das Eure Gier nach Goldmünzen ausdrückt!«, giftete Ferrand ihn an. »Warum nicht Euren spitzen Judenhut, der zeigt, dass Ihr Tierhörner habt und dem Satan gehorcht!«
    »In Toledo müssen Juden so etwas nicht tragen«, erwiderte Henri anstelle seines Freundes. »Jedenfalls noch nicht. Menschen, wie Ihr es seid, Ferrand, können es anscheinend nicht ertragen, dass wir alle friedlich zusammenleben.«
    Ferrand eiferte uneinsichtig weiter. »Allein schon der Kontakt zu Juden führt zum Unglauben, denn sie besitzen satanische Kräfte. Sie sind wie eine Krankheit, sie infizieren alles. Deshalb muss man sie beseitigen, bevor sie uns schaden können! Seht doch nur, wie aus ihrem Talmud die Sätze herauskriechen! Es sind keine Sätze, es sind Würmer,

Weitere Kostenlose Bücher