Die Verschwoerung von Toledo
bereitet große Schmerzen und nie heilende Wunden.«
Henri standen sofort die Bilder der gefangenen und gefolterten Brüder im Tempel von Paris vor Augen, er dachte auch an seine eigene Folter in Fontainebleau. Er spürte die seelische Wunde, die ihm diese Erinnerung bereitete, denn er hatte sie trotz seines Versprechens nicht retten können. Er wollte seinen Anklägern etwas entgegenschleudern. Aber er schwieg. Stattdessen sah er sich um. Konnte er sich durch einen Sprung durch die Fenster in Sicherheit bringen? Selbst wenn er dabei starb – alles war besser, als den Folterknechten ausgeliefert zu sein. Aber die Fenster waren vergittert. Es gab kein Entkommen.
»Führt ihn ab!«
Harte Fäuste packten ihn.
»Ich bin kein Ketzer«, rief Henri. »Ihr habt kein Recht, mich gefangen zu setzen!« Aber gleichzeitig schämte er sich für diese Worte. Und ein gelangweiltes Gelächter aus dem Verhandlungsraum zeigte ihm auch, dass sie sinnlos waren.
Das Lachen seiner Ankläger klang noch in seinen Ohren, als er wieder in seiner Zelle saß. Es war ein stockfinsteres Verlies, und er sank auf der Holzpritsche zusammen. Nun gut, dachte er, das ist meine augenblickliche Lage. Ich erlebe sie nicht das erste Mal. Und ich werde mich dagegen wappnen.
Er begann leise, die Ordensregeln des Zisterziensers Bernhard von Clairveaux herzusagen, die dieser dem Templerorden gegeben hatte, um seine Anerkennung vor dem Heiligen Stuhl zu erreichen. Henri hatte sie als Tempelritter auswendig gelernt. Er sagte sie sich immer wieder vor, mal leise, mal laut, mal stumm. Henri wusste, Bernhard hatte die Regeln nach dem Heiligen Benedikt von Nursia formuliert – hatte dieser heilige Mann auch die Erfahrung machen müssen, dass sie einen Gefangenen vor dem Verrücktwerden bewahren konnten?
Wenn du etwas Gutes beginnst, bestürme Gott beharrlich im Gebet, er möge es vollenden.
Henri kniete nieder und betete.
Nach einer Weile ertönte draußen ein Poltern. Die Tür wurde aufgerissen. Für einige Momente drangen Licht und der Geruch von Schweiß und Urin zu ihm herein. Wächter warfen ihm etwas zu, dann fiel die Tür wieder ins Schloss.
Henri tastete nach dem fremden Gegenstand. Es schien eine Kiste zu sein. Dann hörte er ein Quieken. Seine Finger berührten ein Fell, eine nagende, heiße Schnauze. Sie hatten ihm Ratten in die Zelle geworfen!
Henri blieb ruhig. Er lauschte auf die Geräusche, die sie beim Herumlaufen machten. Ein Tier ging an ihm hoch. Er packte es und schmetterte es gegen die Wand. Das Quieken erstarb. Henri gelang es nach und nach, auch die anderen klumpigen Knäuel zu packen und zu töten. Es waren insgesamt sieben. Er kehrte sie mit dem Fuß an die Tür und blieb abwartend sitzen. Er wusste, sie würden sich noch etwas anderes ausdenken.
Henri schloss die Augen. Er öffnete sie wieder. Die Dunkelheit blieb.
Dennoch hatte er das Gefühl, bei geschlossenen Augen besser nachdenken zu können. Wenn man die Augen aufmacht, dachte er, ist man in der wirklichen Welt, egal, wie sie aussieht. Schließt man sie, ist man in seinem eigenen Kopf. Das ist seltsam. Gibt es diese beiden Welten? Ist das nicht gefährlich? Und hat unser Schöpfer das so gewollt?
Henri wollte nicht weiter darüber nachdenken. Überhaupt wusste er, es war das größte Problem für einen Eingesperrten, nicht in einen Strudel von Gedanken zu geraten, der ihn hinabriss. Da nichts zu tun blieb, außer zu warten und nachzudenken, war diese Gefahr groß. Er hatte es schon oft erlebt.
Wieder dachte Henri an die Ordensregeln. Der Schluss fiel ihm ein, in dem es um die Gerechtigkeit ging. Wenn du zum himmlischen Vaterland eilst, wer immer du bist, nimm diese Regel als Anfang und erfülle sie mit der Hilfe Christi. Dann wirst du unter dem Schutz Gottes zu den Höhen der Lehre und der Tugend und der Gerechtigkeit gelangen. Amen.
Nach einer Weile stand er auf. Er ging in der kleinen Zelle von Wand zu Wand und dachte an seine Gefährten. Was würden sie tun, wenn es gewiss war, dass er im Gefängnis einsaß? Er vertraute auf Joshua. Vielleicht würde er genau das tun, was er selbst vorgehabt hatte, nämlich Uthman ibn Umar zu benachrichtigen. Ich sollte, dachte Henri, den Sarazenen immer bei mir behalten, denn er war immer mein Retter in der Not. Was machst du in Cordoba, Uthman?, dachte Henri. Ich brauche dich! Kannst du mich hören? Hat mich mein Studium der Kabbala so weit gebracht, dass ich deinen Namen anrufe, und du hörst mich und folgst meiner Stimme?
Ich
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