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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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überlebe.«
    »Das ist die Voraussetzung, ja. Aber ein Templer hält einiges aus, nicht wahr, eure Erziehung hat euch doch darauf vorbereitet?«
    Henri zog es vor, zu schweigen. Der Kardinal warf ein:
    »Wir könnten dich auch offiziell der Ketzerei anklagen, dann müssten wir vom Heiligen Offizium uns deines Falles annehmen. Wir behielten dich in einem iberischen Gefängnis, bis du reumütig und geständig bist. Das würde deinen Tod in Frankreich vermeiden.«
    »Eminenz«, sagte Henri, »ersparen Sie Ihrer Güte, sich so nutzlos zu vergeuden. Denn das wäre keine wirklich erstrebenswerte Alternative für einen Mann wie mich. Ich muss frei sein – oder sterben.«
    Der Sekretär des Kardinals war rot angelaufen. »Hört, hört! Nun, was deine Großmäuligkeit angeht, so bist du auf jeden Fall schon vorverurteilt, das kann ich dir versprechen. Aber welche Gründe kannst du aufführen, die uns bewegen könnten, dich den französischen Schergen zu verweigern? Was hast du für Iberien bewirkt, das ins Feld zu führen wäre?«
    »Ich bin ein guter Christ in einem christlichen Land. Und meine Verfolger säen Zwietracht unter den Glaubensgemeinschaften und Kulturen. Das ist alles, was ich anführen kann.«
    »Sehr wenig!«
    Der Kardinal rutschte auf seinem mit weinroten Polstern ausgeschlagenen Sessel aus libanesischem Zedernholz hin und her. Offensichtlich fühlte er sich bei diesem Verhör unwohl. Henri vertraute aber nicht auf ihn. Denn eine Gerechtigkeit schien ihm in diesen Tagen nirgendwo sichtbar zu sein. Aber dann lächelte der Kardinal ein warmherziges Lächeln, das sein ganzes Gesicht erfasste.
    »Mein Sohn, wenn du kein Ketzer bist, dann kann dir nichts geschehen. Wir haben dich nicht zu bestrafen, wir wollen dich nur auf den richtigen Weg des Seelenheils zurückführen.«
    Henri kannte solche Formeln, sie führten nicht zum Seelenheil, sondern geradewegs zu Folter und Tod. Er dachte in diesem Moment an die junge Jüdin Azaria. Wie weit würde der Weg zu ihr zurück sein! Wenn er überhaupt jemals wieder Gelegenheit haben würde, ihn zu gehen. Ihn erfasste Bitterkeit, und er dachte: Die Schergen zerstören solche Wege, und sie wissen es nicht einmal. Denn sie ahnen nicht, wie viel lebendiges Glück am Ende eines solchen Weges auf uns wartet.
    »Die Anweisung zu deiner Verhaftung erging durch den zuständigen Alguacil in Toledo. Aber er wurde angeregt durch die königlichen Behörden im französischen Avignon. Kannst du dir das erklären?«
    »Ich will dafür gar keine Erklärung suchen«, sagte Henri. »Es wird eine geben, aber das ist mir gleich.«
    »Es geht um dein Leben!«
    »Es geht um unser aller Leben, ihr Herren! Wir alle werden vor unseren Richter treten. Achtet darauf, dass ihr dann wohlwollend empfangen werdet!«
    »Du wagst es!«
    Der Kardinal hielt den Sekretär mit einer Geste zurück.
    »Lasst ihn sprechen, solange er es noch vermag! Es ist das einzige Recht, das er noch hat. Seine Zukunft sieht recht wortlos aus. Henri de Roslin, du wirst einige Zeit in diesem Gefängnis bleiben. Es ist wohl müßig, hinzuzufügen, dass du kein Geld, kein Papier, keine Schreibfedern, noch sonstige Gegenstände bei dir behalten darfst. Du wirst allein sein, und niemand wird dich besuchen. Nur zu den Verhören sollst du deine Zelle verlassen dürfen.«
    Der Sekretär des Offiziums, der sich jetzt auch als sein Fiskal erwies, ergänzte: »Du bist verpflichtet, deine gesamte Barschaft an uns auszuliefern. Wenn du über Vermögen verfügst, das du nicht bei dir trägst, wirst du es uns zugänglich machen. Denn wir müssen Vorlagen leisten. Die Kosten des Verfahrens trägst du allein, sie werden dir bei Freispruch von deinem Hab und Gut abgezogen. Bei Verurteilung fällt es in voller Höhe dem Königshaus und der Kirche zu.«
    Also werdet ihr mich verurteilen, dachte Henri, denn ihr könnt rechnen.
    »Verfügst du also über Vermögen?«
    »Nur, was ich bei mir trug«, erklärte Henri wahrheitsgemäß.
    »Nun, das werden wir unter der Folter verifizieren«, erklärte der Fiskal. »Alle anderen Auskünfte übrigens auch.«
    »Wirst du abschwören, mein Sohn?«, fragte der Kardinal.
    »Ich habe nichts abzuschwören«, erwiderte Henri leise.
    »Wenn du nicht abschwörst«, fuhr der Kardinal unbeirrt fort, »sondern verstockt bleibst, dann beginnt man morgen früh mit der Tortur. Du wirst sie so lange erleiden, bis du deine Häresie bereust und abschwörst. Und ich kann dir mitteilen, das kann lange dauern, und es

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