Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
Küchentür trat und auf uns zukam, wobei ihm seine Besorgnis vorauszueilen schien.
»Thomas, das Durcheinander und der ganze Ärger tun mir sehr leid«, sagte Dad zerknirscht. »Ich werde gern für sämtliche Schäden aufkommen, die von der Versicherung nicht übernommen werden.«
»Auf gar keinen Fall. Sie trifft keinerlei Schuld. Aber ich habe ein paar Fragen zu diesem Typen, der dafür verantwortlich ist.« Die nach hinten gegelte Gomez-Addams-Frisur und das aufgemalte dünne Schnurrbärtchen bildeten einen krassen Widerspruch zu seinem grimmigen Blick.
»Ich will versuchen, es zu erklären«, sagte Dad.
Thomas’ nächste Worte waren zwar an Dad gerichtet, doch gleichzeitig durchbohrte er Michael mit einem vorwurfsvollen Blick. »Ich möchte gern draußen mit Ihnen beiden sprechen.«
»Warum kannst du deine Fragen nicht einfach hier stellen?«, wandte Em ein, der deutlich anzumerken war, dass sie sich darüber ärgerte, ausgeschlossen zu werden.
»Was ich von dir wissen will, kann ich dich später immer noch fragen.« Als Em protestieren wollte, warf er ihr einen väterlichen Blick zu. »Hier geht es um ein Gespräch zwischen Erwachsenen.«
Das zornige Blitzen in Ems Augen ließ mich ahnen, dass Thomas diesen Kommentar noch bereuen würde. Ich wusste, wie schwer es ihr fiel, den Mund zu halten.
»Nach Ihnen.« Dad nickte in Richtung Tür, und er und Michael folgten Thomas nach draußen.
Em sah ihnen nach. Sobald sie außer Hörweite waren, stieß sie einen ziemlich beeindruckenden Schwall von wüsten Schimpfworten aus, rupfte ein paar Blätter der Herbstdeko ab, bevor sie einen Kürbis zu Boden schleuderte und ihm einen ordentlichen Tritt verpasste. Am liebsten hätte ich laut losgelacht, doch da ich nicht lebensmüde war, hielt ich mich zurück. »Stellst du dir vor, der Kürbis wäre Thomas?«
»Ich stell mir vor, wie ihm das Blut aus der Nase schießt.«
»Zumindest hat er dich zur Kenntnis genommen. Mein Dad hält mich für völlig nutzlos.«
»Sag das nicht.« Sie schwang sich hoch und setzte sich auf die Bühnenkante. »Du bist nicht nutzlos.«
Sie verstummte, und ich spürte, dass sie nach den richtigen Worten suchte, um mir etwas mitzuteilen.
»Spuck’s schon aus, Em.« Ich grinste sie an. »Für mich musst du nichts schönreden.«
Sie schnaubte genervt. »Hör auf, meine Gedanken zu lesen.«
»Du weißt, dass ich nichts dafürkann.«
Sie deutete auf die Bühnenkante. »Setz dich doch.«
Ich lehnte mich zurück, verlagerte mein Gewicht auf die Arme und zog mich vorsichtig hoch, bis ich schließlich neben ihr saß. Es kam selten vor, dass wir zwei allein waren, und ich spürte, wie ihre Nerven wild herumzuckten. »Was ist los?«
»Ich wünschte … du und Michael … ihr würdet euch wieder vertragen.«
»Ich wusste gar nicht, dass wir Streit haben«, log ich. »Worum soll’s dabei gehen? Um dich?«
Ihr promptes Erröten bestätigte meine Vermutung. »Wieso musst du mich andauernd in Verlegenheit bringen?«
»Ich spiele mit offenen Karten, Em. Du und Mike, ihr wisst genau, wo ich stehe, wenn es um dich geht.«
Sie starrte auf ihre Hände. »Und du weißt, wo ich stehe.«
»Vielleicht sollten wir beim Armdrücken entscheiden, wer dich kriegt«, sagte ich und versuchte, witzig zu sein, was mir nicht gelang.
»Stopp.« Ihr Zorn verscheuchte jegliche Sanftheit aus ihrer Stimme. »Ich bin kein Gegenstand. Und ich mache keine Witze. Ich hab euch beide gern.«
»Einen von uns mehr als den anderen.« Ich gab mir keine Mühe, meine Enttäuschung zu verbergen.
»Du bist nicht fair. Ich will nicht der Grund für das Ende eurer Freundschaft sein. Ihr zwei wart wie Brüder.«
Eine fette Plastikspinne plumpste aus dem Netz über uns auf den Holzboden und ließ uns beide zusammenfahren.
Es war Zeit, die Wahrheit zu sagen. Sollte sie doch damit anfangen, was sie wollte. »Michael und ich waren wie Brüder, weil Dad sich wünscht, Michael wäre sein Sohn.«
Em holte Luft, um etwas zu erwidern, doch in dem Moment bemerkte ich, dass sich im Wintergarten etwas bewegte, und hielt den Zeigefinger hoch. Ich blickte auf und erwartete eine weitere herabfallende Plastikspinne oder eine umstürzende Vogelscheuche, doch dann spürte ich Emotionen.
Ich gab Em ein Zeichen, still zu sein, und spähte durch das schummerige Licht. Furchtlosigkeit und Entschlossenheit.
Ein Typ, den ich nie zuvor gesehen hatte, betrat das Gebäude.
In seiner Hand blitzte ein Messer auf.
Als er auf uns zukam, stellte ich
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