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Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

Titel: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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jede Spur männlicher Formen, er war von einer keuschen, schlanken Magerkeit, wie der eines jungen Mädchens. Und Törleß fühlte das Bild dieser Nacktheit wie heiße, weiße Flammen in seinen Nerven auflodern. Er konnte sich der Macht dieser Schönheit nicht entziehen. Er hatte vorher nicht gewußt, was Schönheit sei. Denn was war ihm in seinem Alter Kunst, was kannte er schließlich davon?! Ist sie doch bis zu einem gewissen Alter jedem in freier Luft aufgewachsenen Menschen unverständlich und langweilig!
    Hier aber war sie auf den Wegen der Sinnlichkeit zu ihm gekommen. Heimlich, überfallend. Ein betörender warmer Atem strömte aus der entblößten Haut, eine weiche, lüsterne Schmeichelei. Und doch war etwas daran, das zum Händefalten feierlich und bezwingend war.
    Aber nach der ersten Überraschung schämte sich Törleß des einen wie des anderen. »Es ist doch ein Mann!« Der Gedanke empörte ihn, aber ihm war zumute, als ob ein Mädchen nicht anders sein könnte.
    Beschämt herrschte er Basini an: »Was fällt dir denn ein?! Gleich wirst du wieder ...!!«
    Nun schien dieser bestürzt; zögernd und ohne die Augen von Törleß zu lassen, nahm er den Mantel vom Boden auf.
    »Da, setz dich!« wies Törleß Basini an. Dieser gehorchte. Törleß lehnte mit hinter dem Rücken gekreuzten Händen an der Wand.
    »Warum hast du dich ausgezogen? Was wolltest du von mir?«
    »Nun, ich dachte ...«
    Zögern.
    »Was dachtest du?«
    »Die anderen ...«
    »Was die anderen?«
    »Beineberg und Reiting ...«
    »Was Beineberg und Reiting? Was taten sie? Du mußt mir alles erzählen! Ich will es so; verstehst du? Obwohl ich es schon von den andern gehört habe.« Törleß wurde bei dieser unbeholfenen Lüge rot. Basini biß sich die Lippen.
    »Nun, wird's?!«
    »Nein, verlange nicht, daß ich erzähle! Bitte, verlange es nicht! Ich will ja alles tun, was du willst. Aber laß mich nicht erzählen ... Oh, du hast solch eine besondere Art mich zu quälen ...!« Haß, Angst und eine flehentliche Bitte kämpften in den Augen Basinis. Törleß lenkte unwillkürlich ein.
    »Ich will dich gar nicht quälen. Ich will dich nur zwingen, selbst die volle Wahrheit zu sagen. Vielleicht in deinem Interesse.«
    »Aber ich habe doch gar nichts getan, was besonderen Erzählens wert wäre.«
    »So? Warum aber hast du dich dann ausgezogen?«
    »Sie verlangten es so.«
    »Und warum hast du getan, was sie verlangten? Du bist also feig? Erbärmlich feig?«
    »Nein, ich bin nicht feig! Sag das nicht!«
    »Wirst du den Mund halten! Wenn du ihre Prügel fürchtest, so könnten dir die meinen auch nicht schlecht bekommen!«
    »Ich fürchte aber gar nicht ihre Prügel.«
    »So? Was denn?«
    Törleß sprach wieder ruhig. Seine rohe Drohung ärgerte ihn bereits. Aber unwillkürlich war sie ihm entschlüpft, lediglich weil ihm schien, daß sich Basini ihm gegenüber mehr herausnehme als gegen die anderen.
    »Wenn du dich, wie du sagst, nicht fürchtest, was ist dann mit dir?«
    »Sie sagen, wenn ich ihnen zu Willen sei, werde mir nach einiger Zeit alles verziehen werden.«
    »Von ihnen beiden?«
    »Nein, überhaupt.«
    »Wie können sie das versprechen; ich bin doch auch noch da!«
    »Hiefür werden schon sie sorgen, sagen sie!«
    Dies gab Törleß einen Schlag. Beinebergs Worte, daß Reiting gegebenenfalls gegen ihn gerade so handeln würde wie gegen Basini, fielen ihm ein. Und wenn es wirklich zu einer Intrige gegen ihn käme, wie sollte er ihr begegnen? Er war den beiden in derlei nicht gewachsen, wie weit würden sie es treiben können? Wie mit Basini? ... Alles in ihm lehnte sich gegen diesen hämischen Einfall auf.
    Minuten verstrichen zwischen ihm und Basini. Er wußte, daß es ihm an Wagemut und Ausdauer zu derlei Ränken gebrach; aber nur deswegen, weil er sich zu wenig dafür interessierte, weil er nie seine ganze Persönlichkeit im Spiele fühlte. Er hatte immer mehr dabei zu verlieren als zu gewinnen gehabt. Käme dies aber einmal anders, so fühlte er, daß auch eine ganz andere Zähigkeit und Tapferkeit in ihm sein würde. Nur wissen müßte man, wann es Zeit sei, alles aufs Spiel zu setzen.
    »Haben sie dir Näheres gesagt? ... wie sie sich das denken? ... Das meinetwegen?«
    »Näheres? Nein. Sie sagten nur, daß sie schon sorgen würden.«
    Dennoch, ... eine Gefahr lag nun da, ... irgendwo im Versteck, ... und lauerte auf Törleß; ... jeder Schritt konnte in eine Fußangel fallen, jede Nacht konnte die letzte vor Kämpfen sein. Eine

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