Die Vinetaner - Rusana
Abend mit zwei Kollegen in Otrunas Wohnung und habe interessante Notizen von ihr gefunden. Sie lagen in einem geheimen Raum, in dem sie merkwürdige Getränke und Elixiere zusammengebraut hat. Wusstet ihr, dass sie eine Kräuterhexe ist?“
„Nein“, antwortete Ruven. „Aber hier ist nicht der richtige Ort, um darüber zu reden. Marco ist heute Morgen kurz aufgewacht und ich möchte ihn in sein Krankenzimmer in meinen Privaträumen verlegen lassen. Dort erwarte ich euch in zwei Stunden zum Bericht.“
„In Ordnung“, flötete Flora übertrieben und blickte Egbert herausfordernd an. „Wir sollten jetzt Koruwa und den Attentäter verhören.“
„Das habe ich bereits.“
„Ist mir klar. Aber es kann ja nicht schaden, noch einmal mit ihnen zu reden und danach einen Schlachtplan zu entwerfen.“
Sie hauchte Rusana einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn, murmelte: „Bis später“, und verließ mit hoch erhobenem Kopf den Raum.
„Du weißt schon, dass du mir unterstellt bist, oder?“, rief Egbert ihr hinterher, bevor er sich Augen rollend an Ruven wandte. „Ich habe dir ja gesagt, dass sie mich nicht mag.“
„O doch, sie mag dich“, warf Rusana ein und brachte ein kleines Lächeln zustande. „Aber sie glaubt, dass du immer noch das kleine Mädchen in ihr siehst und nicht akzeptierst, dass sie mittlerweile eine erwachsene Frau geworden ist.“
„Ihre weiblichen Rundungen sind nun wirklich nicht zu übersehen. Das ändert aber nichts daran, dass ihr beide immer meine kleinen Mädchen bleiben werdet“, vereidigte sich Egbert und folgte Flora, die am Ende des Flures auf ihn wartete.
Genau das war sie, redete er sich ein. Sein kleines Mädchen, denn wenn er etwas anderes in ihr sehen würde, müsste er sich mit seinen Gefühlen auseinandersetzen. Doch dagegen sträubte er sich. Der Gefahr, zu dem Schluss zu kommen, dass er mehr als Sympathie für Flora empfand, dass er sie vielleicht sogar liebte, wollte er sich nicht aussetzen. Liebe war eine Gratwanderung. Gefährlich. Liebe bedeutete sich zu öffnen, einer anderen Person blind zu vertrauen. Dieses Vertrauen war er nicht bereit, noch einmal aufzubringen, denn wenn es gebrochen wurde, hinterließ der Verrat tiefe Wunden in der Seele und im Herzen.
19. Erwachen
Als Christian schließlich aus dem Tank geholt und in ein Krankenzimmer verlegt wurde, atmete Rusana innerlich auf. Endlich konnte sie ihn berühren, seine Wärme und das Leben in ihm spüren. Die erdrückende Schuld, die nach wie vor auf ihrem Herzen lag, versuchte sie zu ignorieren, doch es wollte ihr nicht gelingen. Würde Chris ihr jemals verzeihen, was sie ihm angetan hatte? Es war ihre Schuld, dass er fast sein Leben verloren hätte, dass er verwandelt wurde, denn sie hatte ihn hierher verschleppt. Würde er damit klarkommen, ein Vinetaner zu sein? Blut trinken zu müssen? Mit ansehen zu müssen, wie die Menschen, die er liebte, viel zu schnell alterten und starben?
Rusana schloss müde die Augen und ihr Kopf sank neben Christians Hand auf das Bett. Sie wollte nicht schlafen, wollte wach sein, wenn Chris die Augen aufschlug, doch ihr Körper war anderer Meinung.
Als Ruven das Zimmer betrat, fand er sie tief schlafend vor. Er überlegte einen Moment, ob sie ihn umbringen würde, wenn er sie in ihre Privatgemächer trug, kam jedoch zu dem Schluss, dass er das Risiko eingehen wollte. Nach den vielen durchwachten Stunden benötigte sie dringend Ruhe und in ihrem eigenen Bett war es nun einmal bequemer, als auf dem ungemütlichen Stuhl. Die Tatsache, dass Rusana nicht einmal mit der Wimper zuckte, als er sie hochhob, bestätigte Ruven in seinem Entschluss. Da Egbert und Flora seine Privaträume als Büro nutzten, damit immer jemand in Marcos Nähe war, würde er bei Christian bleiben, sobald er Rusana ins Bett gepackt hatte. Auf dem Flur traf Ruven auf Dr. Kensit und bat ihn, Christian nicht aus den Augen zu lassen, bis er zurück sein würde.
Einige Stunden später erwachte Christian langsam aus seinem Tiefschlaf, doch noch, bevor er seine Augen aufschlug, nahm er einen metallenen Geruch wahr, der ihn an Blut erinnerte. Er fand es merkwürdig, dass er glaubte, Blut zu riechen, doch noch verstörender empfand er die Tatsache, dass ihm vor Verlangen nach der roten Flüssigkeit das Wasser im Mund zusammenlief. Das konnte doch nicht sein, oder? Als ein stechender Schmerz durch seinen Oberkiefer schoss und er große, spitze Zähne fühlte, die unangenehm gegen seine Unterlippe drückten, riss
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