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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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ausgestattet, es wurden Ärzteabordnungen in die bereits befallenen Länder geschickt, um die Krankheit aus nächster Nähe zu studieren, und an den Grenzen wurden strenge Hygienemaßnahmen ergriffen, um der Cholera den Weg zu versperren, doch es war alles vergeblich. Nun denn, stellen Sie sich die Atmosphäre der Angst vor – die Straßen von Paris verstopft mit Leichen, die man in Säcke gehüllt und mit Limettensaft getränkt hatte, um die Ansteckungsgefahr zu verringern, und inmitten dieses Grauens besaß Paganini die Stirn, das Hôtel-Dieu zu besuchen und dort herumzuschnüffeln, seinen Sohn Achille an der Hand, der damals gerade einmal zehn Jahre alt war!«
    Niemals würde Caffarelli den Schauder vergessen, der ihn bei dieser und anderen Geschichten Delacroix’ über Paganini überlief, in denen sich eine krankhafte Persönlichkeit offenbarte, die fähig war, sich bei der Betrachtung chirurgischer Operationen – während seines Aufenthalts in London hatte er im St Bartholomew’s Hospital mehreren beigewohnt – zu vergnügen oder den berüchtigtsten ärztlichen Scharlatanen der damaligen Zeit zu vertrauen, die ihm die unmöglichsten Geheimtränke verschrieben, um seine zahlreichen Leiden zu lindern.
    Paolo, der Messdiener, ward nach jener unheilvollen Nacht nicht mehr lebend gesehen. Einige Wochen später fand man seine bereits stark verweste Leiche im Wasser der Baie des Anges. Auf Grund der fortgeschrittenen Verwesung gestaltete sich die Obduktion der Leiche schwierig, doch am Ende stellte der Arzt Guarinelli fest, es gebe keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass er ermordet worden sei, die Todesursache allerdings sei nicht Ertrinken gewesen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach ein Herzstillstand. Was aber dazu geführt haben mochte, dass das Herz eines so gesunden jungen Mannes plötzlich stehenblieb, konnten weder der Arzt noch Caffarelli selbst sich erklären.
    Sicher war nur, dass der Geistliche nichts mehr von der berühmten Geige hörte und auch Achille Paganini, ihr rechtmäßiger Eigentümer, sie nicht zurückforderte. Vielleicht bewahrte der junge Mann lieber Stillschweigen über den Diebstahl, um sich nicht gegen einen Bischof zu stellen, dessen Unterstützung er unbedingt benötigte, wollte er doch noch ein christliches Begräbnis für seinen Vater erwirken.
    Caffarelli hatte nicht den Mut, sich die Leiche von Paolo, dem Messdiener, anzusehen. Guarinelli sagte ihm jedoch, die Engelhaie hätten sich an der Leiche gütlich getan.
    »Wir werden niemals erfahren, ob es der Teufel war, der Paolo getötet hat«, schloss der gute Doktor, »aber erscheint es Euch nicht auch wie grausame Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet der Neffe des Bischofs als Futter für die Engel geendet ist?«

47
    P erdomo war davon überzeugt, dass der Duft der Schlüssel war – wenn schon nicht zur Identifizierung des Mörders, so doch wenigstens, um mögliche Verdächtige auszuschließen. Das Eau de Cologne Hartmann hatte – aus rein polizeilicher Sicht – den Vorteil, dass es, wie Orozco ihnen erklärt hatte, eine Rara Avis in der Welt der Parfümerie war. »Mit anderen Worten«, dachte Perdomo, »wenn ich herausfinde, dass jemand von den Verdächtigen Hartmann benutzt, habe ich beinahe sicher denjenigen gefunden, der Larrazábal stranguliert hat.« Der Nachteil war, dass es sich bei dem Eau de Cologne um einen Unisexduft handelte. Orozco selbst hatte ihm das noch gesagt, ehe sie Nizza wieder verlassen hatten. Er habe mehrere ähnliche Produkte kreiert, denn die hatten auf dem Markt eine immer höhere Akzeptanz.
    Carmen Garralde, die kein Alibi hatte und Andrea Rescaglio zufolge insgeheim in Larrazábal verliebt gewesen war, konnte keineswegs ausgeschlossen werden, und Lledó, der gleichfalls zum Kreis der Personen gehörte, die für Perdomo als Täter in Frage kamen, ebenso wenig.
    Doch wie sollte Perdomo auf der Grundlage einer Information, die eine Hellseherin ihm geliefert hatte, an einen Haussuchungsbefehl für die Wohnungen der Verdächtigen kommen? Der Richter würde keine fünf Sekunden benötigen, um seinen Antrag abzulehnen, und wäre obendrein bei künftigen Anträgen bereits gegen Perdomo eingenommen.
    Eine weitere Frage beschäftigte ihn: Durfte er sich bei seinen Nachforschungen zu etwaigen Benutzern des Parfüms auf seine beiden Hauptverdächtigen beschränken, oder sollte er seine Suche nicht besser auf sämtliche Personen ausdehnen, die am Tatabend im Auditorio gewesen waren?

    Das Erste,

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