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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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was Perdomo am Montag nach seinem Besuch bei Orozco tat, war, zu überprüfen, ob das Eau de Cologne Hartmann, das er nicht mehr aus seinem Geruchsgedächtnis löschen konnte, seit der Parfümeur ihn daran hatte riechen lassen, in Spanien tatsächlich so schwer zu beschaffen war. Hierzu ließ er sich in der UDEV eine Liste der zehn bedeutendsten Parfümerien des Landes erstellen. Dann rief er bei allen an und fragte nach dem Parfüm. Die Antwort war überall die gleiche: Sie hatten das Produkt nicht nur nicht vorrätig, sondern auch noch nie davon gehört.
    Die Erregung über diesen seiner Meinung nach für die Aufklärung des Verbrechens wichtigen Schritt half ihm, den Mut zu fassen für etwas, was er schon seit einiger Zeit zu tun plante: Er rief Elena Calderón an und lud sie zum Abendessen zu sich ein, wobei er sie daran erinnerte, dass sie angeboten hatte, einen Blick auf Gregorios beschädigte Geige zu werfen. Die Posaunistin nahm die Einladung gerne an und versprach, sie werde sich um den Wein kümmern. Bei diesem Abendessen wollte Perdomo sie nicht etwa mit seinen Kochkünsten beeindrucken – denn die waren nicht vorhanden –, sondern in Erfahrung bringen, wie Gregorio auf die Anwesenheit einer Frau, die nicht seine Mutter war, in ihrer Wohnung reagierte.
    »Heute Abend kommt Elena zum Essen«, sagte er Gregorio beiläufig, als er ihm in der Diele begegnete. »Du erinnerst dich doch an sie?«
    Der Junge sah ihn spöttisch an und sagte dann: »Wenn du mir fünfzig Euro gibst, verschwinde ich jetzt sofort und tauche nicht vor morgen wieder auf.«
    »Ich habe dich nicht darum gebeten, dass du verduftest, Gregorio. Im Gegenteil, ich möchte, dass wir heute Abend alle drei zusammen sind. Na ja, alle vier, Elena hat nämlich angeboten, einen Blick auf deine Geige zu werfen. Wenn sie zu dem Schluss kommt, dass eine Reparatur sich nicht lohnt, kaufen wir eine neue, und sie kann uns dabei beraten, weil sie auf dem Konservatorium auch Geige studiert hat.«
    »Danke, Papa, aber was die Geige angeht, verlasse ich mich lieber auf meinen Lehrer. Und wenn es dir nichts ausmacht, würde ich heute Abend gerne bei Oma und Opa übernachten.«
    Damit war das Gespräch für Gregorio offenbar beendet, und er machte Anstalten, in seinem Zimmer zu verschwinden, doch Perdomo hielt ihn auf.
    »Wo willst du hin?«
    »Lernen. Ich habe viele Hausaufgaben.«
    »Die können warten. Das hier ist wichtiger.«
    »Ach ja? Sag das mal morgen Peñalver, der uns eine Überraschungsarbeit in Literatur angekündigt hat, in der es um alles zwischen dem Arcipreste de Hita und Rafael Sánchez Ferlosio geht. Hast du schon mal von Abenteuer und Wanderungen des Alfanhuí gehört?«
    »Ein wunderbares Buch, aber jetzt lenk nicht ab. Komm«, sagte Perdomo und deutete mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmer. »Ich möchte doch nur fünf Minuten mit dir reden.«
    Der Junge gehorchte, doch er stellte dabei eine so verdrossene Miene zur Schau, dass sein Vater sich gezwungen sah, ihn zur Ordnung zu rufen.
    »Guck nicht so, wenn du mit deinem Vater reden willst.«
    »Jetzt bleib mal cool, Papa, du wolltest mit mir reden.«
    »Aber du antwortest mir nicht. Eben habe ich dich gefragt, ob du dich an Elena erinnerst.«
    »Jaa-haa«, erwiderte Gregorio gedehnt, um zu betonen, wie unangenehm ihm diese Unterhaltung war.
    »Und?«
    Der Junge schwieg und wich dem Blick seines Vaters aus.
    »Willst du mir nicht antworten?«, beharrte sein Vater, ohne zu begreifen, wie sehr er den Jungen mit seiner Hartnäckigkeit reizte.
    »Papa, was willst du hören? Wenn du sie vögeln willst, dann tu’s einfach, aber lass mich damit in Ruhe, ja?«
    Kaum waren die Worte heraus, wurde dem Jungen klar, dass er diesmal zu weit gegangen war. Er erhob sich von der Couch, um wieder in sein Zimmer zu gehen, aber Perdomo packte ihn am Arm.
    »Was ist das denn für eine Ausdrucksweise?«, fragte er eher amüsiert als streng.
    »Meine«, gab der Junge zurück. Er wagte nicht, seinem Vater in die Augen zu sehen.
    »Wenn ich sie vögeln wollte, wie du es formulierst, würde ich genau das Gegenteil tun, meinst du nicht? Ich würde dich zu deinen Großeltern schicken, und fertig.«
    »Okay, dann mach eben nichts mit ihr, aber warum musst du mich dann als Vorwand benutzen? Eine Posaunistin, die über Geigen redet? Das haut nicht hin, Papa«, fuhr der Junge empört auf.
    »Ich sage dir doch, sie hat am Konservatorium Geige studiert, als zweites Instrument, du Dickschädel! Ich verlange doch nichts

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