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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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als dreißig Personen umringt war.
    »Warte mal. Dein Handy? Seit wann hast du ein Handy?«
    »Am ersten Tag haben wir siebenundsechzig Euro zusammenbekommen. Und dann haben wir es noch einmal gemacht, da ist mir dann die Geige hingefallen.«
    Perdomo verspürte einen unbändigen Lachreiz, aber er setzte eine ernste Miene auf, um seinen Sohn ein wenig zu necken.
    »Ich erkenne auf dem Foto nur irgendeinen Jungen, aber er ist sehr weit weg. Woher weiß ich, dass du das bist?«
    Gregorio war regelrecht verzweifelt. Hielt sein Vater ihn etwa für unfähig, eine solche Großtat zu vollbringen?
    »Papa, sieh dir doch die Klamotten an. Die weiß-rote Jacke da, in der hast du mich schon hundert Mal gesehen!«
    Da gab Perdomo seinem Lachreiz nach.
    »Aber jetzt sag mir noch: Welches Stück hast du ausgewählt, um diesen Geiger zu übertrumpfen?«
    »Ich musste daran denken, wie du immer gesagt hast, dass die Beatles die Schuberts des zwanzigsten Jahrhunderts wären. Und weil du im Wohnzimmer alle ihre Platten hast, habe ich sie mir angehört und nach einem Ohrwurm gesucht.«
    »Allein dafür, dass du die Beatles genommen hast, verdienst du eine Belohnung!«
    »Ich habe ein ziemlich flottes Stück namens Eight Days a Week gespielt.«
    Perdomo erwiderte nichts, sondern begann, den Song zu trällern, und klatschte dazu im Takt mit den Händen: »Ain’t got nothin’ but love, babe, eight days a week.«
    Gregorio war es ein wenig peinlich, wie ungelenk sein Vater sich bewegte, und er unterbrach ihn.
    »Schon gut, Papa, jetzt flipp nicht gleich aus.«
    Perdomo versicherte seinem Sohn, dass er noch in derselben Woche eine Lösung für das Problem mit der Geige suchen würde, doch zuvor ließ er sich von ihm versprechen, dass er seine Geigenkünste nicht nochmals in der Metro demonstrieren würde.
    »Vor ein paar Monaten hat eine Gruppe Neonazis in Legazpi einen Jungen ermordet. Und jeden Tag werden Leute ausgeraubt oder bedroht.«
    »Aber da sind überall Kameras, Papa«, erwiderte sein Sohn. »Und seit kurzem auch Hundestreifen. Ich glaube, in der Metro bin ich sicherer als auf der Straße.«
    »Du bist dreizehn Jahre alt, Gregorio. Ein dreizehnjähriger Junge ist heutzutage nirgends mehr sicher. Schon gar nicht mit einer Geige wie der, die ich dir womöglich kaufen muss.«
    Die Aussicht, vielleicht bald ein gutes Instrument sein Eigen nennen zu können, begeisterte Gregorio. Und Perdomo hütete sich, ihm zu gestehen, dass er damit den perfekten Vorwand hatte, um Elena Calderón anzurufen.

18
    D ie Ergebnisse der Autopsie bestätigten den Verdacht, der Perdomo gekommen war, als er am Tatabend die noch warme Leiche der Geigerin untersucht hatte. Die Todesursache war Sauerstoffmangel im Gehirn infolge einer Strangulation mit dem Unterarm gewesen. Die toxikologische Untersuchung hatte nichts Wesentliches erbracht. Doch die mikroskopische Untersuchung der arabischen Buchstaben auf der Brust des Opfers lieferte eine interessante Information, und die Kriminaltechnik bat Perdomo, persönlich ins Kriminallabor zu kommen, um sich darüber unterrichten zu lassen.
    »Wie jeder weiß«, begann der zuständige Kriminaltechniker, während er großformatige Dias in einen Röntgenfilmbetrachter schob, »haben die Araber nicht nur ein von unserem völlig verschiedenes Alphabet, sondern sie schreiben auch von rechts nach links. Das wirkt sich auf die allgemeine Ausrichtung der Schrift wie auch auf die Art aus, wie die einzelnen Buchstaben geschrieben werden. Insgesamt gibt es achtzehn Formen von Buchstaben, die je nachdem, ob sie mit dem Buchstaben davor oder danach verbunden sind, leicht variieren. Aus ihnen werden die achtundzwanzig Buchstaben des Alphabets gebildet, indem die Grundformen mit einem, zwei oder sogar drei Punkten über oder unter jedem Zeichen kombiniert werden. Für uns ist aber vor allem von Bedeutung, wie dabei das Schreibwerkzeug übers Papier bewegt wird.«
    Der Kriminaltechniker deuteten auf die Dias, die vor der milchig weißen Oberfläche des Sichtgeräts klemmten, und schaltete das Gerät ein, damit sie sich die Bilder gemeinsam ansehen konnten.
    »Für das Wort Iblis  – den Teufel der Araber – musste der Mörder fünf Zeichen schreiben. Hier ist das ganze Wort.«

    »Es besteht aus den Buchstaben
     Sin
    Ya
     Lam
    Ba
     Alif.
    Auf diesem Dia sehen wir den ersten Buchstaben, das Sin, vergrößert.«

    »Ein Araber würde ihn schreiben, indem er ganz oben rechts ansetzt, und dann würde er, ohne den Stift

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