Die Violine des Teufels
und stellte das Fläschchen mit dem Olivenöl zurück auf den Tisch.
Lupot bezahlte die Rechnung, und als die drei Freunde auf die Straße traten, mussten sie feststellen, dass die Temperatur trotz der Jahreszeit beträchtlich gesunken war – sie konnten sogar ihren Atem sehen!
»Unser Auto steht im Parkhaus auf der Gran Vía«, sagte Roberto. »Wir können gleich nach Hause fahren oder uns ein Lokal suchen, in dem wir noch ein Glas trinken.«
»Ich bin dafür, noch etwas zu trinken«, sagte Natalia.
»Bist du nicht müde von der Reise, Arsène?«
»Gar nicht. Ich möchte nur darum bitten, dass es kein allzu lautes Lokal ist. Das Einzige, was mir an Spanien nicht gefällt, ist diese Unart, sich an Orten zu treffen, an denen es akustisch unmöglich ist, einander zu verstehen.«
»In Ordnung«, sagte Roberto, »dann gehen wir zur Calle Reina. Es ist ein kleiner Spaziergang bis dorthin, aber es gibt da zwei Bars, in denen die Musik nicht sehr laut ist und die Barkeeper umwerfende Cocktails zubereiten.«
Die drei Freunde gingen los in Richtung Plaza del Callao. Auf halbem Weg sagte Natalia: »Verflixt! Ich habe die Tüte mit den CDs von Arsène im Restaurant vergessen.«
»Na, dann lauf und hol sie!«, sagte Roberto. »Wir warten hier an der Ecke auf dich.«
»Nein, es ist viel zu kalt, um hier dumm herumzustehen. Geht weiter zur Calle Reina, ich stoße in ein paar Minuten wieder zu euch.«
Eilig lief Natalia das kurze Stück zurück zum Restaurant. Sobald sie durch die Tür trat, trat ein Kellner auf sie zu und gab ihr die Tüte mit den CDs.
»Ich wollte Sie gerade suchen gehen«, sagte er.
Sie spähte dem Kellner über die Schulter und sah, dass man bereits begonnen hatte, ihren Tisch abzuräumen. »Dürfte ich eben einen Blick auf den Tisch werfen – nicht, dass ich noch etwas vergessen habe?«
»Fühlen Sie sich wie zu Hause«, erwiderte der Kellner und trat beiseite.
Sie ging zum Tisch und sagte dem Kellner: »Entschuldigen Sie, ich brauche nicht lange.«
Der Mann entfernte sich, und Natalia tat, als sähe sie auf sämtlichen Stühlen nach. Dann öffnete sie das Ölfläschchen und gab zwei Tropfen in das einzige Glas, das noch halb voller Wasser war.
Die beiden Tropfen verschmolzen nicht nur sofort zu einem einzigen, sondern dieser nahm obendrein die Form eines bedrohlich aussehenden grünlich gelblichen Auges an, dem man die Pupille entfernt hatte.
Es war Arsène Lupots Glas.
17
Z ur gleichen Zeit saß Inspector Perdomo nicht weit entfernt in seinem Arbeitszimmer am Computer und las die digitalen Ausgaben der wichtigsten Tageszeitungen. Zu seiner Überraschung war die Presse bereits über sämtliche Details der Ermittlung auf dem Laufenden:
STECKEN ISLAMISTISCHE TERRORISTEN
HINTER DEM MORD AN ANE LARRAZÁBAL?
So lautete beispielsweise eine Schlagzeile. Auch Perdomos zeitweilige Versetzung zur UDEV wurde erwähnt, obwohl die erst wenige Stunden zuvor stattgefunden hatte. Dazu gab es ein berufliches Kurzprofil von ihm, das mit einer lobenden Erwähnung des Falls El Boalo schloss.
»Wenigstens verbreiten sie ausnahmsweise keine Lügen«, sagte er sich, während er neugierig nach Meldungen zu der anderen Nachricht dieses Tages suchte, die ihn interessierte: dem Mord an Manuel Salvador.
Der Raum lag im Halbdunkel, die einzige Lichtquelle war der Computerbildschirm. Plötzlich spürte Perdomo, dass jemand hinter ihm stand, und drehte sich um: Gregorio war verstohlen hereingekommen und spähte ihm über die Schulter.
»Gregorio! Hast du mich erschreckt! Wie lange stehst du schon da? Warum hast du nichts gesagt?«
»Ich wollte wissen, wie nahe ich an dich herankomme, ohne dass du es merkst«, antwortete sein Sohn, sehr zufrieden mit sich, weil es ihm gelungen war, seinen Vater zu überraschen.
Perdomo winkte ihn zu sich und nahm ihn liebevoll in die Arme.
»Was macht die Musik? In letzter Zeit höre ich dich kaum noch üben.«
»Ehrlich gesagt vermisse ich es manchmal, mit jemandem zusammenzuspielen.«
»Hast du denn keinen Freund, mit dem du spielen kannst? Lad ihn zu uns ein, und dann spielt ihr ein Duett.«
»Manchmal spiele ich mit Nacho, aber dabei langweile ich mich ein bisschen, weil er schlechter spielt als ich.«
»Du brauchst jemanden, der dich anspornt, richtig? Wie wenn man sich im Tennis verbessern will und jemanden sucht, der besser spielt, auch wenn er dich dann vernichtend schlägt.«
»Genau.«
»Und dein Lehrer? Kannst du nicht mit dem spielen?«
»Doch, klar, aber er
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