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Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Titel: Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Àngels Anglada
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Blick dieses Arztes, dessen Augen ihm ständig gefolgt waren – wer konnte schon sagen, ob er ihn nicht bereits für künftige Qualen bestimmt hatte.
    Die älteren Häftlinge sprachen immer wieder von einer noch schlimmeren Hölle, von Reisen ohne Wiederkehr zu anderen Lagern mit furchteinflößenden Namen. Sie berichteten jedoch auch von einer Art kleinem Paradies, einer Fabrik, in der eine zusätzliche Essensration ausgeteilt und niemand misshandelt wurde. Daniel wollte aber weder verzagen noch träumen: Die Arbeit erforderte Konzentration, und heute fiel sie ihm besonders schwer. In der Zelle war die Brotration noch winziger ausgefallen als draußen, gerade groß genug zum Überleben. Während er sich seiner Arbeit so gut er konnte widmete, ohne sich auszuruhen und sogar froh, dass man ihn nicht in den Steinbruch geschickt hatte, dachte er an die Eingebung, die ihm – zumindest für unbestimmte Zeit – das Leben gerettet hatte.
    »Beruf?«
    Nicht jeder hatte das Glück, diese dem Anschein nach harmlose Frage auch nur gestellt zu bekommen. Diejenigen, die von vornherein für den Tod bestimmt waren, standen bereits in einer anderen Reihe: viele Kinder, Greise, ältere Frauen und Kranke.
    Er antwortete rasch: »Tischler, Möbeltischler.« Es war eine Halbwahrheit. Diese Antwort war hinter seiner blassen Stirn entstanden, erst später dachte er bei sich, dass es ihm vorgekommen war, als habe sie ihm jemand diktiert. In der Zeit der Verfolgung glich das Leben, unerbittlicher denn je, einem Balanceakt auf einem Seil, und die Juden waren – wie unzählige andere – unerfahrene, gebrandmarkte Seiltänzer. Er kannte diejenigen, die über das Schicksal seines Volkes bestimmten, nur zu gut: Es war jene Sorte von Mördern, Mitglieder der Waffen-SS, mit makellosen Uniformen verkleidete Monster, wenn sie nicht mit Blut besudelt waren, sorgfältig frisierte, oft kultivierte Männer, die wahrscheinlich ihre Hunde liebten, gern Musik hörten und sicherlich eine Familie hatten. Von diesen verdammten feingliedrigen Händen, von diesen ruhigen oder fanatischen Augen hing an einem seidenen Faden das Leben – oder vielmehr ein Trugbild des Lebens. Für diese Gojim, dachte er in dem Moment, als er die Frage hörte, gilt das alte Gebot »Du sollst nicht töten« nicht. Seine Mutter hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, irgendeine Frage gestellt zu bekommen, sie war sehr früh im Ghetto gestorben. Der jüdische Arzt hatte in seiner Machtlosigkeit von Tuberkulose gesprochen, doch Daniel dachte immer: aus Hunger und Traurigkeit, sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst gewesen.
    Welche Arbeit hätte ein Geigenbauer in der Hölle verrichten können? Tischler schien in jenem Augenblick selbst dem Adjutanten, der beifällig mit dem Kopf nickte, als er die Eintragung machte, eine gute Antwort zu sein; die konnte man immer brauchen. Doch jetzt, Monate später, die ihm wie Jahre vorkamen, und nach all dem Leid, zweifelte Daniel daran. Wenigstens hatten sie ihn relativ bald aus der »hellen« Zelle herausgeholt – man wusste nie, wie lange es dauerte, obwohl sie stets von Vorschriften sprachen -, und er konnte wieder das Tageslicht sehen. Drinnen hatte er sich, da das Fenster winzig war, in fast völliger Dunkelheit befunden.
    Er genoss, das war ihm bewusst, gegenüber vielen Mithäftlingen einen gewissen Vorteil: Er arbeitete mittlerweile unter Dach, denn mit dem Wintergarten waren sie schon sehr weit, und er war dazu angehalten worden, ein Flaschenregal für den Weinkeller anzufertigen. Aus Gesprächsfetzen hatte er sich zurechtgelegt, dass weitere Arbeiten im Haus vorgesehen waren. Vielleicht würde er das Glück haben, diese zugeteilt zu bekommen.
    Ich bin nur deshalb eingeschlafen, dachte er, weil ich nicht genug esse und das durch Schlaf versuche wettzumachen.
    Sie mussten im Dunkeln aufstehen, um halb sechs, und um Viertel vor sieben zu arbeiten beginnen. Die anderen Häftlinge machten um zwölf eine halbe Stunde Pause, und diejenigen, die im Haus und in den Nebengebäuden des Kommandanten arbeiteten, kamen an den Tagen, an denen sie ihre Arbeit nach seinem unberechenbaren, fordernden Willen ausgeführt hatten, sogar in den Genuss von einer ganzen Stunde Ruhepause. Nachmittags ging die Arbeit bis halb sieben: genau bis zur Ausgabe des mageren Abendessens; darauf folgten der elendslange Appell und die Nacht – ohne Hoffnung auf eine gütigere Morgendämmerung.
    Sonntagmorgens wollte Sauckel jedoch keinen Lärm hören, da er samstags

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