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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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protestierte Bruder John.
    „Nein, ich werde eine Auswahl präsentieren“, versicherte ihm Apollyon, wenn er dies auch zuvor keineswegs im Sinn gehabt hatte. Dann setzte sich das Ungeheuer in Positur, breitete wie ein Schauspieler auf der Bühne die Bärenpfoten aus und deklamierte:
     
    „Der Drache der Hölle, –
    Dieser war es, welcher mit List, von Rachsucht und Neide
    Angefeuert, die Mutter des Menschengeschlechts verführte,
    Als ihn sein Stolz mit dem ganzen Heere rebellischer Engel
    Aus dem Himmel geworfen, durch deren Beistand er glaubte,
    Über alle, die neben ihm waren, empor sich zu schwingen;
    Ja, dem Allmächtigen selbst die Waage zu halten,
    wofern der Ihm widerstünde.
    Voll Ehrfurcht und Stolz begann er im Himmel
    Wider den Thron und die Herrschaft Gottes vermessene
    Kriege,
    Und gottlose Schlachten; mit eitlem Bestreben.
    Ihn stürzte Flammend von ätherischen Höhen die Kraft des Allmächtigen
    Mit erschrecklichem Fall, und gräßlichem Brande, herunter
    In das bodenlose Verderben. Hier sollte der liegen
    In dem strafenden Feuer, mit demantenen Ketten gefesselt,
    Welcher sich unterstand, den Allmächtigen zum Streite zu fordern.“
     
    „Toll“, sagte Bruder Paul. „Ich schätze ja die Größe Miltons sehr … aber was ist mit der Hölle?“
    „Dazu komme ich gleich“, entgegnete Apollyon verärgert. „Satan rappelt sich also in dem Chaos der Unterwelt wieder auf und sagt:
     
    „Ist gleich das Schlachtfeld verloren, so ist drum nicht alles verloren.
    Nicht der unbezwingliche Wille, der Trieb nicht nach Rache.
    Noch der unsterbliche Haß, und der Mut, sich ihm nie zu beugen,
    noch im Geringsten nachzugeben, und alles, was sonst noch
    Nicht überwunden werden kann. Die Ehre wird er von mir nie
    Weder durch Zorn, noch Gewalt, erzwingen!
    Mit flehendem Kniefall Seine Gnade zu suchen …
    … Dies wäre niedrig fürewahr! …
    So sprach der rebellische Engel mit prahlenden Worten,
    Aber motten in Pein. Er ward von tiefer Verzweiflung gefoltert …
    Jetzo richtet er sich mit dem mächtigen Körper vom Pfuhl auf …
    Und alsdann regiert seinen Flug in die Höh’ mit ausgespanntem Gefieder
    … Bis er sich aus der Höh’ zum trockenen Land herabließ …
    Ist dies das Land? Ist dieses der Boden, und dieses das Klima?
    Sprach der gefallene Erzengel darauf; ist dieses der Wohnplatz,
    Welchen man mit dem Himmel uns zu vertauschen gezwungen;
    Diese traurige Nacht anstatt des himmlischen Lichtes?
    Wohl, es sei so! …
    Ihr glückseligen Gefilde, worauf die ewige Freude wohnet,
    Gehabt euch wohl! Ihr Schrecknisse, seid mir gegrüßt!
    Sei mir gegrüßt, unterirdische Welt; du, tiefste Hölle,
    Nimm mich, deinen neuen Besitzer! Er bringt ein Gemüte
    Zu dir, welches kein Ort, und keine Zeit nicht verändert,
    Das Gemüt ist sein eigener Platz, und macht in sich selber
    Aus der Hölle den Himmel und aus dem Himmel die Hölle.
    … Hier zum Mindesten werden wir frei sein; hier hat der Allmächtige
    … Wir werden in Ruhe hier herrschen …
    Viel besser geherrscht in der Hölle als im Himmel gedient!“ {3}
     
    Bruder Paul nickte beeindruckt. „Ja, nun kann ich die Entschlossenheit des Satans ermessen. Er hat überhaupt nicht aufgegeben, denn er hatte ein kämpferisches Herz. So hat er die Hölle zu einem Ort seiner Vorstellung gemacht …“
    „Genau“, sagte Apollyon. „Wie kannst du also annehmen, du könntest in die Hölle hinabsteigen, in die infernalische Stadt des Pandämoniums, und Macht über den gefallenen Erzengel gewinnen? Er hat Gott selber getrotzt; nur wenn deine Macht der Gottes gleichkommt, kannst du hoffen, eine Seele aus der Hölle zu befreien. Und, ehrlich gesagt, so stark bist du nicht.“
    „Nun, dann muß ich einen anderen Weg finden“, meinte Bruder Paul.
    Nun breitete Apollyon seine Drachenflügel aus und erhob sich in die Luft. Er flog davon und war nach einem Augenblick in der Ferne verschwunden.
    Was nun? Es würde dumm sein, sich direkt in die Hölle aufzumachen. Das hatte ihm Apollyon bewiesen. Aber er konnte seine Mission doch nicht bewußt aufgeben. Gab es einen anderen Weg?
    Er schnappte mit den Fingern. „Dante!“ rief er. „Er ist in die Hölle gegangen – auf einen Spaziergang. Er hatte einen Führer, den römischen Dichter Vergil. Wenn ich einen ähnlichen Führer hätte …“
    Aber Dante hatte niemanden von dort befreien wollen – am wenigsten einen Gefangenen vom Status Jesu. Virgil hätte ihm wahrscheinlich bei einem solchen Versuch auch nicht

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